APA/Sarah Heidenreich

Bill Fontana lässt den "Gletschern beim Schmelzen zuhören"

Eine Soundbrücke zwischen Paris, dem Salzkammergut und Wien schlägt Bill Fontana in seiner neuen Klanginstallation. In dieser verschmelzen die Geräusche der stillgelegten Glocken von Notre Dame mit Live-Aufnahmen des tauenden Dachstein-Gletschers. Bis zum 20. Oktober ist das Tonarrangement, in dem sich der US-Künstler den Themen Klimawandel und der Fragilität von Kultur widmet, in der "TONSPUR_passage" zwischen Haupthof und Hof 7 des Wiener Museumsquartiers zu hören.

Als im Jahr 2019 die Welt beim verheerenden Brand von Notre Dame den Atem anhielt, verstummten gleichzeitig auch die Glocken des jahrhundertealten Pariser Monuments. Bill Fontana, der seit den 1960er-Jahren mit seinen Klangskulpturen in eigenen Worten "den Akt des Zuhörens zu einer Art des Musizierens macht", ließ sie 2022 auf ungewöhnliche Weise wieder erklingen. In "Silent Echoes: Notre Dame" fängt der 77-jährige Klangkünstler mit Hilfe von Vibrationsmessgeräten die Geräusche der Stadt ein, die über die stillgelegten Glocken räsonieren.

Die Idee für das Zusammenspiel von Gletscher und Glocken entstand, nachdem "Silent Echoes: Notre Dame" 2022 auf der Ars Electronica übertragen wurde. Einer der das Ganze ins Rollen gebracht hat, meinte Kurator Wolfgang Schlag am Freitagabend bei einem Künstlergespräch auf der Sommerbühne des Museumsquartiers, sei Peter Brugger, Direktor der Landesmusikschule Bad Goisern und Initiator der Eisklang-Konzerte in den Dachsteineishöhlen.

In "Silent Echoes: Dachstein" überträgt Fontana nun live durch Verwendung von Unterwassermikrofonen die Töne eines Gletscherbaches. In einer Soundkonstellation stellt er diese den Glocken von Notre Dame gegenüber. Die Geräusche des schmelzenden Schnees und Eis zu hören, sei "eine tief bewegende Erfahrung" gewesen, erzählte der Künstler. "Die abgetragenen Steine und Kiesel des Berges und die Gesänge der Vögel, die im Plätschern des Schmelzwassers widerhallten, klangen zusammen wie die Stimme eines lebenden Wesens. Wie eine Stimme, die um Hilfe schreit. Denn man kann dem Gletscher live beim Schmelzen zuhören - es ist, als liege er im Sterben."

Fontana versteht den Gletscher als eine Art Stimme des Klimawandels und in der Gegenüberstellung mit den Glocken Notre Dames sieht er diese als stille Beobachter dessen. Die Klanginstallation sei nicht nur ein Kommentar zur Vergänglichkeit von Kultur, sondern betone auch die reale Bedrohung durch den Klimawandel.

Uraufgeführt wurde das Projekt der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 am 3. September im Parzival-Dom der Rieseneishöhle Dachstein, wo es noch bis zum 3. November gehört werden kann. Zurzeit ist die Installation außerdem im Kunsthaus Graz, im Linzer Mariendom und seit Freitag auch im Wiener Museumsquartier zu erleben.

(S E R V I C E - https://www.mqw.at/programm/bill-fontana-silent-echoes-dachstein )

ribbon Zusammenfassung
  • Bill Fontanas Klanginstallation, die Geräusche der stillgelegten Glocken von Notre Dame mit Live-Aufnahmen des tauenden Dachstein-Gletschers kombiniert, ist bis zum 20. Oktober im Wiener Museumsquartier zu hören.
  • Die Uraufführung des Projekts fand am 3. September im Parzival-Dom der Rieseneishöhle Dachstein statt, und es ist auch im Kunsthaus Graz und im Linzer Mariendom zu erleben.
  • Fontana sieht den Gletscher als Stimme des Klimawandels und die Glocken von Notre Dame als stille Beobachter, was die Vergänglichkeit von Kultur und die Bedrohung durch den Klimawandel betont.