Hype um KI-Start-up DeepSeek: Was dahinter steckt
Ein neues KI-Modell erschüttert aktuell die Branche. R1, geschaffen vom chinesischen Start-up DeepSeek, soll eine günstige Alternative zu Anwendungen wie ChatGPT sein. Anders als die Konkurrenz komme man ohne leistungsstarke Chips aus.
Die Kosten für das Training der Künstlichen Intelligenz sollen bei nur 6 statt der bisher üblichen mehr als 100 Millionen Dollar (umgerechnet 95,5 Millionen Euro) liegen. Der Börsenwert des Chip-Konzerns Nivida brach am Wochenbeginn prompt um fast 600 Milliarden Dollar ein.
Marc Erich Latoschik, Inhaber des Lehrstuhls für Mensch-Computer-Interaktionen an der Universität Würzburg, zeigt sich im "Ö1"-Morgenjournal angesichts der großen Versprechungen zurückhaltend. Sollten sich die Berichte zu DeepSeek bestätigen, wäre das Modell zwar sowohl im Training als auch in der Ausführung effizienter.
Ansonsten sei DeepSeek jedoch vor allem eine "kluge Kombination von bereits vorhandenen Technologien, um diese großen Sprachmodelle zu verbessern."
Revolution oder Luftblase?
Die Frage sei, auf welcher Grundlage die Ergebnisse geliefert werden. Es gebe laut Latoschik Hinweise darauf, dass das Training durch "kurierte Daten" erfolgt sei. Das bedeute, dass die Daten nicht - wie bei anderen Modellen - wahllos aus dem Internet zusammengesammelt werden, sondern bereits ein Training durchlaufen haben.
Das Training bei DeepSeek laufe dadurch prinzipiell effizienter, da man weniger Müll habe. Der Haken liege demnach jedoch im Schritt davor: "Wenn sich das bestätigt, ist das natürlich streng genommen nicht in Ordnung zu sagen, man ist sehr viel effizienter. Weil man dafür Daten eines Modells verwendet, was eben nicht effizient ist", so Latoschik gegenüber "Ö1".
"Das würde dann als Anwendung so nicht stehen bleiben können oder als Ergebnis." Die Prüfungen dazu laufen aktuell.
Daten landen auf chinesischen Servern
Latoschik selbst hat die App nicht auf sein Handy heruntergeladen, sondern das Modell lokal installiert. Dazu braucht es allerdings technisches Know-how. Werde die App benutzen und das Programm eben nicht lokal ausgeführt, sei "ganz klar", dass die Daten "auch auf chinesische Server und damit auch unter die Hoheit der chinesischen Staatsregierung" landen würden. Das müsse allen Nutzer:innen bewusst sein.
Dadurch stellt sich auch die Frage nach der Transparenz. Sobald ein Bereich vom wissenschaftlichen in den politischen Bereich hinüberschwappt, "ab dem Moment können Sie nicht mehr sicher sein, dass die Daten, die Sie bekommen, dem wissenschaftlichen Konsens entsprechen", erklärt Latoschik und spricht von möglicher "Zensur". Der Forscher nennt dazu das Beispiel Klimawandel.
Es hat sich bereits gezeigt, dass das Modell auf kritische Fragen zum chinesischen Regime nicht oder nur unzureichend antwortet. So werden etwa Informationen zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 unterschlagen.
DeepSeek-Team "keine Nobodys"
Die Personen hinter dem DeepSeek-Startup seien derweil keine Unbekannten. Die Firmengründer seien bereits zuvor als Investoren tätig gewesen und hätten bereits seit vielen Jahren mit KI-Modellen gearbeitet. Viele der Jüngeren in der Firma könne man "zurückverfolgen bis hin zu Lehrstühlen und Professuren an den großen chinesischen Universitäten. Das sind also alles keine Nobodys".
Auch die Verfahren, die eingesetzt werden, würden im wissenschaftlichen Kontext bereits seit Jahren diskutiert. "Das sind also keine Geheimnisse, die da verwendet worden sind."
Die Firma um die mutmaßliche KI-Revolution wurde 2023 vom Hedge-Fonds-Manager Liang Wenfeng gegründet - und soll sich ein Paket von Nvidia-Chips gesichert haben. DeepSeek setzt auf Open-Source-Modelle, bei denen der Quellcode öffentlich einsehbar ist. Die App rangiert aktuell auf Platz eins der iPhone-App-Stores in den USA - angesichts des harten Vorgehens gegen TikTok eine gewisse Ironie.
Video: KI-Evolution - Zwischen Menschlichkeit und Superintelligenz
Zusammenfassung
- Mit R1 will das chinesische Start-up DeepSeek eine revolutionäre Alternative zu ChatGPT und Co. geschaffen haben.
- Zu einem Bruchteil der Kosten sollen gleiche oder sogar bessere Ergebnisse geliefert werden. Ein Experte erklärt, was an dem Hype dran ist.