Steirische Kulturszene protestiert in Graz
Treffpunkt der Kulturschaffenden und -interessierten, die einem Aufruf des "Bündnis gegen Rechts" gefolgt waren, war um 18.00 Uhr der Europaplatz vor dem Grazer Hauptbahnhof. Beteiligt waren mehrere Kulturorganisationen, -initiativen und Gruppierungen wie u.a. esc medien kunst labor, Rotor, Das andere Theater Graz bis zu den Literaturzeitschriften manuskripte und perspective. Vor Beginn des Demonstrationszuges wurde am Europaplatz auf die kulturpolitische Situation Bezug genommen: "Wir demonstrieren, weil Blau-Schwarz spart ganz arg bei Kunst und Kulturszene. Das wollen wir uns nicht gefallen lassen. Es geht aber auch um die politische und atmosphärische Situation und um das, was wir brauchen", sagte eine Sprecherin von "Offensive gegen Rechts".
Die Aktivisten trugen Schilder und Transparente mit Aufschriften wie: "Kulturelle Vielfalt brauchen wir", "Freie Szene brauchen wir", "Bildschirmpausen brauchen wir", ebenso wurde Bedarf nach "Bühnen", "Poesie", "Kunst ohne Grenzen" und "Neue Traditionen" angemeldet. "Kunst ist Diskurs und das brauchen wir heute mehr denn je", sagte Evelyn Schalk von der Wandzeitung "ausreisser", der die Landesgelder gestrichen wurden. "Wir wollen die freie Szene retten. Es wäre so schade für alles, was wir in Jahren aufgebaut haben", sagte eine Demonstrantin gegenüber der APA.
Der friedliche Demonstrationszug ging vom Europaplatz über Annenstraße und Südtirolerplatz über die Neutorgasse und Schmiedgasse in Richtung Hauptplatz. Dort fanden gegen 20.00 Uhr die Schlusskundgebungen statt und danach gab die Polizei auf Nachfrage bekannt, dass die Zahl von ursprünglich rund 500 angekündigten Teilnehmern deutlich überschritten wurde und schätzungsweise rund 2.500 Menschen mitdemonstriert hatten. In der Innenstadt kam es aufgrund der Demonstration zu Behinderungen im Öffi-Verkehr.
Eine Festnahme
Gegen 20:30 Uhr wurden bei der Demonstration pyrotechnische Gegenstände gezündet, teilte die Polizei am Freitagmorgen mit. Während der Identitätsfeststellung einer dabei aktiven Person, habe ein unbeteiligter 29-Jähriger aus dem Bezirk Bruck-Mürzzuschlag die einschreitenden Polizisten bedrängt und beschimpft und die Angabe seiner Personalien verweigert. Da sich der Mann der Festnahme widersetzte, sei er unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) Graz gebracht worden.
Rund 1.000 Personen unterzeichneten offenen Brief
Der Demonstration war ein offener Brief von Kulturschaffenden an Kulturlandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) und Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) - zuständig für Volkskultur - vorausgegangen. In dem Schreiben wurde die "sehr überraschende Besetzung" des Kulturkuratoriums, das laut den rund 1.000 Unterzeichneten "nicht fachlich, sondern rein parteipolitisch" besetzt worden sei, kritisiert. Zudem hätten manche Vertreter eine "große Nähe zur rechtsextremen Szene" und insgesamt spiegle das Kuratorium "in keiner Weise die Komplexität des kulturellen Feldes" wider. Die Unterzeichneten zeigten sich besorgt über bereits bekannt gewordene Förderkürzungen und -streichungen, die auch "teils renommierte Initiativen, die über viele Jahre aufgebaut wurden", bedrohen würden.
In seiner schriftlichen Beantwortung vom Dienstag betonte Kornhäusl, dass "keiner der von mir nominierten acht Persönlichkeiten auch nur in irgendeiner Form eine rechtsextreme Nähe aufweist". Sie seien aufgrund ihrer "profunden und professionellen Arbeit" - teils in großen steirischen Kulturinstitutionen - nominiert worden. In budgetär angespannten Zeiten könne es "ein Mehrwert sein, auch Personen zu nominieren, die nicht unmittelbar Teil der Szene sind und somit auch einen neuen, neutralen und gesamthaften Blick auf die Förderansuchen werfen können".
Gespräche mit Kulturschaffenden angekündigt
Der Landesrat betonte auch, "dass die aktuellen Empfehlungen, die Streichungen und Kürzungen beinhalten, vom scheidenden Kuratorium empfohlen wurden". Er habe lediglich Kürzungen so verlagert, "dass es jene Förderungsnehmerinnen und -nehmer eher betrifft, die bereits eine gültige mehrjährige Fördervereinbarung haben". Gegenüber der APA hielt der Landesrat fest: "Wir alle wollen eine starke und vielfältige steirische Kulturlandschaft, die einen offenen Diskurs ermöglicht und damit den gesellschaftlichen Fortschritt mitgestaltet. Daher werde ich in den nächsten Wochen weitere Gespräche mit zahlreichen Kulturschaffenden führen, um den Dialog mit der freien Szene zu intensivieren."
Zusammenfassung
- Rund 2.500 Menschen protestierten in Graz gegen die Umbesetzung des Kulturkuratoriums und Kürzungen von Förderungen, organisiert vom 'Bündnis gegen Rechts'.
- Ein offener Brief mit 1.000 Unterschriften kritisiert die parteipolitische Besetzung des Kuratoriums und mögliche rechtsextreme Nähe einiger Mitglieder.
- Kulturlandesrat Kornhäusl weist die Vorwürfe zurück und plant weitere Gespräche mit Kulturschaffenden, um den Dialog zu intensivieren.