APA/HANS PUNZ

Zerrissene Regenbogenfahne: Klauninger freigesprochen

Die bekannte Corona-Maßnahmen-Gegnerin Jennifer Klauninger ist am Mittwoch am Wiener Straflandesgericht ebenso wie ein mitangeklagter freier Journalist vom Vorwurf der Verhetzung freigesprochen worden.

Der Vorwurf lautete, dass die beiden bei einer Kundgebung vor der Karlskirche am 5. September 2020 mit dem Zerreißen einer Regenbogenfahne auf offener Bühne die LGBTIQA+-Community mit der Bezeichnung als Kinderschänder herabgewürdigt haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Kritik am Urteil

"Dieses Urteil ist ein Rückschlag, wenn es um den Gewaltschutz von LBGTIQA+ geht. Wir sind enttäuscht, werden uns aber weiterhin für umfassendes Gewaltschutz stark machen", reagierte die Sprecherin der Grünen Andersrum, Katharina Schöll, auf die Entscheidung. Der Wiener Grüne Kommunalpolitiker Peter Kraus hatte nach dem Zwischenfall eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht und damit das Gerichtsverfahren initiiert. Emir Dizdarević, der Sprecher der Grünen Andersrum, wandte sich per Presseaussendung an den zuständigen Wiener Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) und regte einen runden Tisch zu Gewaltschutz gegen LGBTIQA+ in Wien an.

Das Video des Vorfalls hatte damals recht schnell die Runde in sozialen Medien gemacht und für Empörung gesorgt. Bei der Kundgebung waren auch etliche Rechtsextreme erschienen, die etwa die so genannte Reichsfahne schwenkten. Auch Parolen wie "Heimatschutz statt Mundschutz" waren zu lesen. Nur zwei Tage später wurde eine Demonstration unter dem Motto "Dem Hass keinen Platz" gegen Homophobie organisiert, an der tausende Menschen teilnahmen.

Debatten über Masken vor Gericht

Nach umfangreichen Ermittlungen wurden Klauninger und der 44-Jährige angeklagt und mussten sich nun am Mittwoch vor Gericht verantworten. Klauninger war zudem wegen eines anderen Vorfalls bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen am 20. Dezember 2021 wegen des tätlichen Angriffs auf einen Polizisten angeklagt. Sie soll einen Beamten mehrfach auf die Brust gestoßen haben. Dieses Verfahren wurde wegen des Herbeischaffens von Videos ausgeschieden.

Im Verhandlungssaal saßen einige Zuhörer ohne Maske bzw. mit einem eher halbherzig getragenen Gesichtsvisier. Auch Klauninger klagte nach einer halben Stunde Verhandlung und Tragens einer FFP2-Maske über Atemnot. Sie legte daraufhin ihr ärztliches Attest vor und durfte in Absprache mit dem Richter die Maske ablegen.

"Definitiv eine Kinderschänderfahne"

Zum dem Vorfall vor der Karlskirche beteuerten die beiden Angeklagten vor Richter Thomas Kreuter, dass es sich ihrer Ansicht nicht um eine "Homosexuellen-Fahne" gehandelt habe, sondern es sei in der Flagge ein Doppel-Herz abgebildet gewesen - ein Symbol, das Kinderschänder verwenden würden. Die Fahne hätte ganz andere Farben abgebildet gehabt, als es von der LGTBQ-Community verwendet werde. "Die Fahne auf der Bühne war definitiv eine Kinderschänderfahne", sagte Klauninger. Sie habe die Flagge auf der Bühne erblickt, zudem seien "fünf bis sechs weinende Mütter" zu ihr gekommen und hätten sie darauf aufmerksam gemacht.

Daraufhin seien Klauninger und der 44-Jährige auf die Bühne und hätten auf das Doppel-Herz als Kinderschänder-Symbol aufmerksam gemacht. Die 30-Jährige griff zum Mikrofon und ließ dann wissen: "Ihr seid kein Teil unserer Gesellschaft. Wir müssen unsere Kinder vor Kinderschändern schützen. Wir alle sind dafür verantwortlich." Dass es sich bei dem Doppel-Herz um ein Kinderschänder-Symbol handle, hätten ihm seine zahlreiche Quellen in den Recherchen zu diesem Thema erläutert, sagte der Journalist, der angab, auch als Experte vom Innenministerium regelmäßig hinzugezogen zu werden, was vonseiten des Ministeriums auf APA-Anfrage nicht bestätigt wurde. Auch würden diverse Zeichen auch auf Tatorten wie beim Missbrauchsskandal in Münster auftauchen.

"Symbol fälschlich zugeordnet"

Staatsanwalt Martin Ortner wollte mehrfach wissen, ob jemand, der zufällig vorbei geht, das nicht wissen könnte und es als "Affront gegen die LGTBQ-Community gesehen hätte". Der 44-Jährige verwahrte sich dagegen, dass er die LGTBQ-Community verunglimpfen wollte, sei er doch selbst Teil davon. Es seien auch Leute aus der Community auf der Kundgebung gewesen. "Alle diese Menschen haben es verstanden und haben sich nicht verhetzt gefühlt", meinte der freie Journalist. Und Klauninger: "Es war niemals die Absicht, einen Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung zu verletzen." Zudem hätten die Medien dieses Thema dann auch noch aufgebauscht.

Die Anträge auf die Vernehmung weiterer Zeugen - etwa eine der weinenden Mütter - wurden allesamt abgelehnt und die beiden freigesprochen. Kreuter merkte in seiner Urteilsverkündung an, dass der Tatbestand der Herabwürdigung erfüllt sei, jedoch im Strafverfahren nicht mit der erforderlichen Sicherheit bewiesen werden konnte. Die beiden seien "einem Irrtum" auferlegen und hätten "das Symbol fälschlich zugeordnet". Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Ortner gab keine Erklärung ab.

ribbon Zusammenfassung
  • Die bekannte Corona-Maßnahmen-Gegnerin Jennifer Klauninger ist am Mittwoch am Wiener Straflandesgericht ebenso wie ein mitangeklagter freier Journalist vom Vorwurf der Verhetzung freigesprochen worden.
  • Der Vorwurf lautete, dass die beiden bei einer Kundgebung vor der Karlskirche am 5. September 2020 mit dem Zerreißen einer Regenbogenfahne auf offener Bühne die LGBTIQA+-Community mit der Bezeichnung als Kinderschänder herabgewürdigt haben.
  • Die beiden seien "einem Irrtum" auferlegen und hätten "das Symbol fälschlich zugeordnet". Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Ortner gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
  • "Dieses Urteil ist ein Rückschlag, wenn es um den Gewaltschutz von LBGTIQA+ geht. Wir sind enttäuscht, werden uns aber weiterhin für umfassendes Gewaltschutz stark machen", reagierte die Sprecherin der Grünen Andersrum, Katharina Schöll.