Völkerrechtsexperte: Abschiebung nach Afghanistan wohl bald unmöglich
Rund um den Mordfall um eine 13-Jährige in Wien entbrannte eine Debatte um Abschiebungen, vor allem im Hinblick auf einen der tatverdächtigen Afghanen. Der aktuelle Fall sei schwer einzuordnen, so der Menschenrechtsexperte Ralph Janik. "Ich würde mir wünschen, dass man alle Fakten auf den Tisch legt." Man müsse erfahren, was genau passiert und warum die Abschiebung gescheitert sei.
Keine harten Gesetze trotz ÖVP-Regierung
Die Ministerien sollten zusammenarbeiten, anstatt präventiv "aufs Justizministerium zu schießen". Es sei ein Muster, dass man bereits lange kenne, dass das Innenministerium die Schuld nicht bei sich sehe. "Man darf sich jetzt auch zynisch fragen, ob das jetzt der Zirkel für die nächsten zehn, zwanzig, dreißig Jahre ist?" Nach Janiks Ansicht werde immer anlassbezogen gesprochen. Die Emotionen gehen hoch, jeder verlange härtere Gesetze, am Ende bleibe jedoch nichts übrig. Es stelle sich auch die Frage, warum härtere Gesetze noch nicht beschlossen seien, wo doch die ÖVP schon sehr lange in der Regierung sei.
Abschiebung bei laufenden Verfahren irrelevant
Wenn man sich die Rechtsprechung Österreichs und anderer Ländern anschaue, wann man Leute abschiebt, obwohl ihnen eigentlich Schutz zustehe, gehe es um Mord, Totschlag, Raub oder Vergewaltigung, so Janik. In diesem Fall könne man prinzipiell abschieben, müsse aber trotzdem auf ein Urteil warten, weil die Unschuldsvermutung gelte. "Will man nach Afghanistan abschieben und darauf vertrauen, dass jemand dort sein Leben lang gefangen bleibt und nie wieder zurückkommt?" Es gehe auch darum, dass Österreich als Staat einen Anspruch habe, Straftaten auf unserem Gebiet zu verfolgen und auch die Konsequenzen wie eine Gefängnisstrafe hier zu spüren sein sollen. "Dann ist es irrelevant, ob es ein laufendes Asylverfahren gibt", so der Rechtswissenschaftler. Die Frage nach einer Abschiebung im laufenden Verfahren wäre damit hinfällig.
Instabile politische Lage
Es stelle sich auch die Frage nach der Umsetzbarkeit der Abschiebung wie im Fall des Tatverdächtigen, der bereits wegen eines Sexualdelikts verurteilt wurde. Abschiebungen nach Afghanistan seien nicht so einfach. "Mit wem will man denn zusammenarbeiten?" Die USA ziehen aus Afghanistan ab, dann werden voraussichtlich die Taliban übernehmen.
Abschiebungen bald unmöglich?
Der Wunsch nach Abschiebungen sei nachvollziehbar, die Europäische Menschenrechtskonvention würde jedoch Abschiebungen in Länder, in denen erniedrigende Behandlung oder Folter drohe, nicht zulassen. Das sei in Afghanistan rechtlich heikel. Spätestens wenn ein Krieg ausbricht sei das gar nicht möglich. Nach Syrien könne man niemanden abschieben, selbst wenn es sich um einen Terroristen handeln würde.
Zusammenfassung
- Völker- und Menschenrechtsexperte Ralph Janik erklärt, warum die Abschiebung des tatverdächtigen Afghanen nicht so einfach ist und Ausweisungen nach Afghanistan wahrscheinlich bald unmöglich sein werden. Er kritisiert auch die Politik, die nun zwar härtere Gesetze fordert, jedoch lang untätig war.