Üppige Forschungsförderung für fünf "Clusters of Excellence"
Der ersten Zuerkennungen im Rahmen des mehrteiligen Exzellenz-Programmes des FWF geht eine lange forschungspolitische Diskussion voraus: So wurde das Vorhaben bereits in mehreren Regierungsprogrammen angekündigt. Ziel des Programms ist es, mit den Exzellenzzentren ein Forschungsfeld langfristig auf internationalem Spitzenniveau an mehreren Forschungsstätten in Österreich zu verankern. Dazu sollen Teams von mindestens drei Unis bzw. Forschungseinrichtungen für zukunftsweisende Großprojekte bis zu 70 Mio. Euro über zehn Jahre erhalten.
Die Finanzierung erfolgt nach einem festgelegten Schlüssel: 60 Prozent eines Exzellenzzentrums investiert der auf die Förderung von Grundlagenforschung spezialisierte FWF, weitere 40 Prozent kommen von den beteiligten Universitäten bzw. Forschungsstätten. Der FWF schüttet nun in der ersten Fünf-Jahres-Periode insgesamt 81 Mio. Euro an die über sechs Bundesländer verteilten Forschungsinstitutionen aus, an denen die Austro-Exzellenzcluster angesiedelt sind. Die Unis oder außeruniversitären Einrichtungen steuern ihrerseits rund 54 Mio. Euro bei, die restlichen 13 Millionen fließen aus EU-Wiederaufbaumitteln, die im Zuge der Covid-19-Krise ausgeschüttet werden, in die zukünftigen "Leuchttürme" der österreichischen Forschungslandschaft. Als solche bezeichneten die Initiatoren der Initiative die fünf in einem mehrstufigen Auswahlverfahren ermittelten Verbünde.
Einer der Cluster-Leiter, Günther Rupprechter von der Technischen Universität (TU) Wien, nahm angesichts der Zuerkennung gar Anleihen an der "Oscar"-Gala in der vergangenen Nacht: "Das ist für uns der Oscar", sagte der Wissenschafter. Dieser Analogie schloss sich auch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) an. Hier handle es sich um die "bisher größte Initiative" zur Grundlagenforschung in Österreich. Man tätige eine "langfristige Investition" in "wesentliche Zukunftsbereiche". Den Zuerkennungen sei ein "sehr harter Wettbewerb" vorausgegangen, so der Minister.
"Wir erreichen hier wirklich eine neue Größenordnung", erklärte FWF-Präsident Christof Gattringer. Die "Cluster of Excellence" seien das Format "für große Forschungsfragen" und würden der Grundlagenforschung "neue Tore öffnen". Man werde allerdings auch stark darauf achten, dass die grundlegenden Erkenntnisse in Richtung Anwendungen weiter entwickelt werden. In allen Verbänden werden dazu eigene Einheiten eingerichtet, so Gattringer.
Auf den Höchstbetrag von 70 Millionen Euro im Rahmen dieser Förderschiene werden voraussichtlich die drei naturwissenschaftlichen Cluster kommen: So erhält der von Gregor Weihs von der Universität Innsbruck geleitete Verbund "Quantum Science Austria" in seinen ersten fünf Jahren 35 Mio. Euro. Für Weihs ist die Förderung auch eine Möglichkeit, die mittlerweile auf rund 60 Forschungsgruppen bundesweit angewachsene Quantenphysik-Community zusammenzuhalten, wie er erklärte.
Auch der Verbund "Mikrobiome als Motor von planetarer Gesundheit" unter der Leitung des Mikrobiologen Michael Wagner von der Universität Wien bekommt 35 Mio. Euro. Man nehme sich hier u.a. vor, die "Mikrobengemeinschaften in uns" oder in den durch den Klimawandel tauenden Permafrostböden "wirklich zu verstehen", sagte Wagner.
In etwa gleich hoch dotiert ist auch der Exzellenzcluster "Materialien für Energiekonversion und Speicherung" um Rupprechter. In den Verbund fließen knapp 34,5 Millionen. Hier wolle man das "große Speicherproblem" rund um den Ausbau von erneuerbarer Energiegewinnung in Angriff nehmen: Um von fossilen Energieträgern wegzukommen, werde man versuchen, aus CO2 flüssige Treibstoffe zu machen und die Wasserstoffproduktion voranzutreiben.
Mit deutlich weniger Geld müssen die beiden sozial- und geisteswissenschaftlichen Cluster auskommen: So gehen für die ersten fünf Jahre ihres Bestehens rund 15,5 Mio. Euro an den Verbund "EurAsia: Transformationsprozesse", der sich dem kulturellen Erbe der Großregion Eurasien unter der Leitung von Claudia Rapp von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Uni Wien widmet. Hier gehe es darum, diese Region, die heute 70 Prozent der Weltbevölkerung umfasst, "in ihrer historischen Tiefe" über 3.000 Jahre hinweg zu verstehen, sagte Rapp.
Der von Tim Crane von der Central European University (CEU) Vienna geleitete Exzellenzcluster "Wissen in der Krise" kann sich auf rund 14,9 Mio. Euro stützen. "In der Zeit, in der wir Wissenschaft so sehr brauchen, werden Wissenschafter und Wissen immer stärker attackiert", betonte Crane. Man wolle daher Philosophie und Empirie stärker zusammenbringen und auch wichtige Fragen zur Wissenschaftskommunikation behandeln.
Nach fünf Jahren steht den Clustern eine "Evaluierung" ins Haus. Gattringer ging bei der Präsentation davon aus, dass die Verbünde hier auch reüssieren und weitere fünf Jahre gefördert werden. Man bemühe sich angesichts der aktuell hohen Inflationsraten darum, die Fördersummen in der zweiten Fünf-Jahren-Periode aufzustocken. Das könnte auch bedeuten, das letztlich mehr als 70 Mio. Euro über zehn Jahre hinweg in einzelne Cluster fließen.
Die fünf Exzellenzcluster vereinen jeweils bis zu 100 Wissenschafterinnen und Wissenschafter, insgesamt sind elf Universitäten und außeruniversitären Forschungsinstitutionen involviert. Die Universität Wien ist als einzige Einrichtung an allen Verbünden beteiligt. Die Uni Innsbruck, die TU Wien, die ÖAW und das Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg (NÖ) kommen jeweils auf drei Beteiligungen. An je zwei Vorhaben nehmen Forscherinnnen und Forscher der Uni Linz und der CEU teil. Eine Beteiligung verzeichnen das Austrian Institute of Technology (AIT), die Medizinische Universität Graz, sowie die Unis Graz und Salzburg.
Rund um die Bekanntgabe der Förderentscheidungen gaben sich Vertreter der erfolgreichen Institutionen fast durchwegs euphorisch: So sprach der Rektor der an allen Clustern beteiligten Uni Wien, Sebastian Schütze, von einem "großartigen Tag". Ebenso erfreut zeigten sich in den Verbünden mehrfach vertretene Institutionen wie die ÖAW, die Uni Innsbruck, das ISTA oder die CEU. Weniger glücklich äußerte man sich an der Uni Graz, die zwar im Exzellenzcluster "Wissen in der Krise" mit an Bord ist, aber mit anderen Einreichungen unter ihrer Federführung scheiterte. "Diese Entscheidung schmerzt", so Uni Graz-Rektor Peter Riedler in einer Aussendung.
Die nicht zum Zug gekommenen Projekte hatten den "altersbedingten Verlust der Stoffwechselkontrolle" und "Wege zu einer klimaneutralen Gesellschaft" im Fokus. Gerade die beiden Anträge "Metabolische Kontrolle von Altern und Krankheit" und "Klimawandel und Wege zur klimaneutralen Gesellschaft" hätten sich "nicht nur durch ihre hohe wissenschaftliche Qualität, sondern auch durch besondere gesellschaftliche Relevanz" ausgezeichnet, so Riedler, der ankündigte, die nunmehrige Entscheidung sehr genau zu analysieren.
(S E R V I C E - Weitere Informationen zum Programm: https://excellentaustria.fwf.ac.at/)
Zusammenfassung
- Quantentechnologien, Materialien für die Energiewende, Mikrobiomforschung, der Umgang mit der "Krise des Wissens" und ein neuer Blick auf die Historie Eurasiens sind die Themen der ersten "Clusters of Excellence".
- Insgesamt 135 Mio. Euro fließen in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens in die mit Abstand höchstgeförderten Forschungsvorhaben Österreichs.
- Die Universität Wien ist als einzige Einrichtung an allen Verbünden beteiligt.