APA/APA/SOPHIA KILLINGER/SOPHIA KILLINGER

Prozess um abgezweigte Bußgelder in Niederösterreich vertagt

04. Apr. 2025 · Lesedauer 3 min

Ein 56-Jähriger, der als Polizist Bußgelder aus Organmandaten nicht zur Gänze abgeführt haben soll, ist am Freitag vor dem Landesgericht Wiener Neustadt gestanden. Der Mann soll laut Staatsanwaltschaft von August 2020 bis April 2023 bei der Einhebung von Geldstrafen die Durchschläge manipuliert und 14.720 Euro in die eigene Tasche gesteckt haben. Der Angeklagte bekannte sich zum Vorwurf des Missbrauchs der Amtsgewalt teilweise schuldig. Der Prozess wurde auf Mai vertagt.

Die Schöffenverhandlung dreht sich um 484 Fälle, in denen Unregelmäßigkeiten nachgewiesen wurden. Neben der Schadenssumme von 14.720 Euro gehen die Ermittler von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Die Erhebungen waren im Juni 2023 durch den Hinweis eines Kollegen ins Rollen gekommen. Der Beschuldigte, der häufig Verkehrskontrollen im Bezirk Wiener Neustadt durchgeführt hatte, soll zum Beispiel bei Organmandaten wegen Geschwindigkeitsübertretungen in der Höhe von 50 Euro den Durchschlag durch nachträgliches Eintragen von 20 Euro manipuliert und einkassierte Beträge nicht zur Gänze an die Dienststelle abgeführt haben.

Im Zuge der aufwendigen Ermittlungen wurden abgestrafte Verkehrsteilnehmer ausgeforscht, die den Strafzettel aufgehoben hatten oder sich an die Summe erinnern konnten. Dann wurden diese Daten mit den archivierten Durchschlägen verglichen. Angeklagt wurde laut Staatsanwältin nur rund ein Drittel der Fälle. Ein weiterer Teil sei eingestellt worden, weil die Ermittlungen sonst noch längere Zeit gedauert hätten.

Der Verteidiger meinte über seinen Mandanten: "Im Umgang mit Organstrafmandaten sind ihm Fehler passiert." Der Angeklagte habe "30 Jahre Spitzenpolizeidienst versehen", dann aber ein "schweres Burn-out" bekommen. Der Beschuldigte berichtete von einer Beeinträchtigung und einem Sturz mit Kopfverletzung 2019, danach habe er aber dennoch weiterhin Dienst gemacht. "Ich habe nicht eingesehen, dass ich krank bin", meinte der Beschuldigte, der von 1991 bis zu seiner Suspendierung als Polizist tätig war.

Er habe Fehler bei der Handhabung der Blöcke gemacht, aber "ich habe niemals Geld eingesteckt", betonte der 56-Jährige. Vorgeworfen wurde dem Angeklagten auch, Gegenstände und Dokumente wie Führerscheine oder gefälschte Kennzeichen nicht ausgefolgt oder an die zuständige Stelle weitergeleitet, sondern in seinem Spind deponiert zu haben.

Laut Gutachter keine Persönlichkeitsstörung

Andere Beamte beschrieben den Angeklagten im Zeugenstand als sehr engagiert. Sein früherer Vorgesetzter bezeichnete den 56-Jährigen als "einen der tüchtigsten Verkehrspolizisten, den sich die Republik wünschen kann". Der Beschuldigte habe "70 Prozent der Organmandate vom ganzen Bezirk Wiener Neustadt" ausgestellt, berichtete der Zeuge.

Beim Angeklagten liege eine akzentuierte Persönlichkeit - er sei sehr normtreu und engagiert - sowie ein Überforderungssyndrom vor, sagte Gutachter Manfred Walzl. Dies könne die Zurechnungsfähigkeit gering einschränken. Eine schwerwiegende bzw. nachhaltige Persönlichkeitsstörung bzw. ein Burn-out sah der Sachverständige nicht.

Als Zeugen befragt wurden auch Lenkerinnen, die Strafen wegen Schnellfahrens erhalten hatten. Sie berichteten jeweils davon, dass sie 50 Euro zahlen mussten. In der Folge wurde der Prozess auf 6. Mai vertagt, als weiterer möglicher Termin ist der 15. Mai geplant. Am nächsten Verhandlungstag sollen weitere gestrafte Verkehrsteilnehmer als Zeugen befragt werden bzw. - wenn die Verteidigung zustimmt - deren Aussagen verlesen werden.

Zusammenfassung
  • Ein 56-jähriger Polizist aus Niederösterreich steht vor Gericht, weil er von August 2020 bis April 2023 Bußgelder in Höhe von 14.720 Euro für sich behalten haben soll.
  • Der Prozess wurde auf Mai vertagt, nachdem 484 Fälle von Unregelmäßigkeiten nachgewiesen wurden, wobei die Ermittler von einer höheren Dunkelziffer ausgehen.
  • Der Angeklagte, der 70% der Organmandate im Bezirk Wiener Neustadt ausstellte, bekannte sich teilweise schuldig und verwies auf ein Burn-out als mögliche Ursache.