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Autodieb mit 15: "Sehen geilen BMW, dies das, und wollen Spaß"
Es sind etwa 30 bis 40 Jugendliche, die teils unmündig sind, und die Polizei sowie die Kinder- und Jugendhilfe Wien derzeit beschäftigen. Sie machen mit Autodiebstählen und illegalen Spritztouren auf sich aufmerksam, die manchmal gar im Crash enden.
Ende März verfolgte die Wiener Polizei etwa einen 13-jährigen Raser, der verunfallte. Auch im Vorjahr gab es Berichte über eine Jugendbande, die Autolenker ausraubten und einen PKW stahlen. Sie waren 14, 16 und 19 Jahre alt.
Autos stehlen aus "Langeweile"
PULS 24 hat sich mit einem 15-Jährigen und zwei 17-Jährigen getroffen, die schon einmal Autos stahlen und nicht erwischt wurden. Sie sind alle vorbestraft, etwa wegen schwerer Körperverletzung, Betrugs, gefährlicher Drohung oder Nötigung.
"Man hat nix zu tun, es ist einem langweilig", antwortet einer von ihnen auf die Frage, wie man denn auf die Idee kommt, ein Auto zu stehlen
"Man schaut was geht, dies das. Man findet ein Auto, einen geilen BMW, und man hofft auf Glück, dass der Schlüssel noch drinnen ist", sagt ein anderer. Von der Spritztour erhoffen sich die Jugendlichen einen Adrenalin-Kick.
"Wir sind in einem kranken Auto, Musik auf voller Lautstärke, das macht sehr viel Spaß", erzählen sie.
Sie wollen aus "Neugierde" Autofahren. "Wir sehen jeden Tag Leute, die Autofahren. Natürlich wollen wir dann auch fahren".
Der Polizei fallen Jugendliche, die straffällig wurden, vermehrt auf. Viele von ihnen sind unmündig - also unter 14 Jahren -, erzählt der Jugendkriminalität-Beauftragte des Bundeskriminalamts (BKA), Dieter Csefan, PULS 24.
Sie kennen sich aus Parkanlagen, bilden Banden, schwänzen die Schule und begehen Straftaten gemeinsam. Die Delikte reichen von Sachbeschädigung über Körperverletzung bis hin zu Drogenhandel.
"Wir haben bei den Autodiebstählen eine besorgniserregende Entwicklung beobachtet."
Zahl von Autodiebstählen "explodiert"
Gerade bei den Autodiebstählen habe man zuletzt eine "besorgniserregende Entwicklung beobachtet", die Fallzahlen würden gar "explodieren", so Csefan. Unter-14-Jährige würden diese Straftaten begehen, weil sie wissen, "dass sie strafunmündig sind". Rechtliche Konsequenzen gibt es demnach keine.
Die Straftat ist einfach: Sie nehmen einen Stein oder eine Stange, schlagen die Scheibe ein und stehlen die Wertsachen. Ist der Schlüssel im Auto, wird eine kleine Spritztour gemacht, erklärt der Experte.
Die Polizei Wien habe etwa 30 dieser Intensivstraftäter identifiziert. Sie würden laufend Delikte begehen, doch die Banden vergrößern sich. Die Polizei ist im Kampf gegen diese Intensivstraftäter daher mit der Kinder- und Jugendhilfe Wien in Kontakt.
Video: Autodiebe werden jünger: "Man will angeben"
Viele werden von Kinder- und Jugendhilfe betreut
Wie Ingrid Pöschmann, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Kinder- und Jugendhilfe, bereits in einem früheren Gespräch mit PULS 24 sagte, sind diese Intensivstraftäter dort bereits bekannt. Viele von ihnen werden in Krisenzentren und Wohneinrichtungen der Wiener Kinder- und Jugendhilfe betreut.
Pöschmann erzählte von Banden, die sich in Parks treffen und teils aus Langeweile "Spontandelikte" begehen.
Dabei spielt auch Social Media eine große Rolle. Denn die Jugendlichen wollen sich inszenieren. "Wir beeindrucken alle damit", sagt einer der Burschen PULS 24 dazu. Sogar Feinde rufen an, wenn sie ihre "kranken Autos" posten.
"Manchmal haben wir in den Autos geschlafen und sind bis ins Burgenland oder nach Niederösterreich gefahren."
"Kein Grund" für Delikte
Teilweise seien die Jugendlichen auch längere Zeit mit den Autos unterwegs, erzählen sie. "Manchmal haben wir in den Autos geschlafen und sind bis ins Burgenland oder nach Niederösterreich gefahren."
Dass ihre Taten illegal sind, wissen sie. Warum sie diese dennoch begehen, können sie sich selbst nicht erklären: "Es gibt keinen Grund, das plant keiner, das ist einfach gekommen".
Laut Pöschmann haben die Intensivstraftäter aber zumeist eine ähnliche Vorgeschichte. Es sind Kinder und Jugendliche aus zerrütteten Familienverhältnissen, teils mit Migrationshintergrund oder mit Fluchterfahrung und Traumata. Einige hätten in der Vergangenheit auch Gewalterfahrungen gemacht, sagt sie PULS 24.
Eines haben sie aber alle gemeinsam: "Sie sind entwurzelt und orientierungslos", so Pöschmann.
Die Kinder- und Jugendhilfe arbeite intensiv mit dem Bildungsministerium und der Polizei Wien zusammen, um dieser kleinen Gruppe an Intensivtätern "auf die Fersen" zu kommen.
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"Wenn einer aufmuckt, natürlich kämpfe ich"
Die drei Burschen geben im PULS 24 Gespräch jedenfalls an, die Straftaten hinter sich gelassen zu haben. "Wir machen das nicht mehr, wir haben gelernt", sagt einer von ihnen. Als sie die Autos stahlen, seien sie 16 gewesen, gibt einer der 17-Jährigen an. Wenn sie allerdings unter 14 Jahre alt und damit strafunmündig wären, würden sich auch "schlimme Sachen machen".
Nun seien sie aber reifer geworden. "Ich hab einen Freund, der sitzt", erzählt ein anderer.
Sie hätten Respekt vor Gericht oder Haft. Denn bei einem sind sie sich einig: "Knast bring keinem was. Ich kenne Leute, die waren im Knast und sind schlimmer herausgekommen."
Auf die Frage, was man ihnen anbieten müsste, damit sie künftig kein delinquentes Verhalten mehr an den Tag legen, sagt einer der Burschen: "Wer das machen will, wird das machen. Wenn ich zu jemandem sage, mach das nicht, dann wird das beim einen Ohr reingehen und beim anderen wieder raus". "Wenn einer aufmuckt, natürlich kämpfe ich", meint ein anderer.
Video: Jugendliche "nicht einsichtig und oftmals aggressiv"
Zusammenfassung
- Sie knacken Autos, klauen, machen Spritztouren - und sind teils unmündig. Zuletzt machten immer mehr straffällig gewordene Jugendliche Schlagzeilen.
- PULS 24 hat sich mit einem 15-Jährigen und zwei 17-Jährigen getroffen, die schon Autos stahlen. Viele der Burschen sind aber auch unter 14 Jahre alt und damit noch unmündig.
- Warum haben sie das gemacht? "Es gibt keinen Grund", sagen sie. Ihnen sei langweilig.
- Gerade bei den Autodiebstählen habe man zuletzt eine "besorgniserregende Entwicklung gesehen", die Fallzahlen würden gar "explodieren", so Dieter Csefan vom Bundskriminalamt.