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Opfer von Avignon: "Sie behandelten mich wie eine Stoffpuppe"

Dominique P. soll seine Ehefrau Gisèle über Jahre hinweg von Fremden vergewaltigen haben lassen. Er steht in Frankreich zusammen mit 50 weiteren Männern vor Gericht. Die 72-jährige Gisèle sagte am Donnerstag erstmals aus und erzählte voller Entsetzen: "Sie behandelten mich wie eine Stoffpuppe."

Zwischen 2011 und 2020 soll die heute 72-jährige Gisèle rund zweihundertmal missbraucht worden sein. Ihr Ehemann Dominique P. betäubte sie mit Medikamenten und lud anschließend Männer in das gemeinsame Zuhause ein.

Gemeinsam mit weiteren 50 anderen muss er sich seit Montag für seine Taten vor einem Gericht im französischen Avignon verantworten. 

Die ersten drei Tage des Prozesses, der für vier Monate anberaumt ist, kommunizierte Gisèle nur über ihre Anwälte. Am Donnerstag trat sie erstmals in den Zeugenstand. Ihr wurden die Aufnahmen gezeigt, die ihr Mann penibel nach Datum und Männernamen geordnet von den Vergewaltigungen erstellt hatte.

Es seien "Szenen des Grauens" für sie, sagte Gisèle. "Für mich bricht alles zusammen. Alles, was ich mir in 50 Jahren aufgebaut habe", fügte sie hinzu. Innerlich sei sie "ruiniert".

"Barbarische" Videos

Fast ein Jahrzehnt hatte sie nichts von dem Missbrauch geahnt. Sie fand sich in Trancezuständen wieder und konnte sich an Teile des Tages nicht mehr erinnern, wie eine Frankreich-Korrespondentin der "New York Times" berichtet.

Erst Jahre nachdem sie erfahren hatte, dass ein Video existiert, habe sie im Mai schließlich den Mut gefunden, sich die Aufnahme anzusehen.

"Ich liege regungslos auf dem Bett und werde vergewaltigt", beschrieb sie es vor Gericht. Es sei "barbarisch", die Männer würden sie "wie eine Stoffpuppe" behandeln.

Galerie: Der Prozess

Kritik an Verteidigern

Gisèle kritisierte auch die Anwälte einiger Angeklagter. Die stellten am Mittwoch die Frage, ob sie und ihr Ehemann ein offenes Verhältnis gehabt hätten. Außerdem zweifelten sie an, dass Gisèle so lange nichts von dem Missbrauch bemerkt habe.

"Ich bin absolut nicht mitschuldig", sagte sie am Donnerstag. "Ich habe nie so getan, als würde ich schlafen, nichts dergleichen."

Zudem betonte sie: "Reden Sie mit mir nicht über Sexszenen. Das sind Vergewaltigungsszenen." Sie habe sich auch nie auf Swinging oder anderen freizügigen Sex eingelassen.

Video: Gisèle als Zeugin

Zufallsfund

Ans Licht kamen die Taten 2020 - allerdings nur durch Zufall. Der Pensionist Dominique P. soll in einem Supermarkt mehreren Kundinnen unter ihre Röcke gefilmt haben, die Polizei wurde gerufen. Auf dem beschlagnahmten Laptop des heute 71-Jährigen fanden die Ermittler:innen einen Ordner mit dem Titel "Missbrauch".

20.000 Fotos und Videos sollen sich laut "Le Monde" darin befunden haben, penibel sortiert nach Datum, Vor- und Spitznamen der jeweiligen Männer und einer pornografischen Überschrift. In den Dateien zu sehen: die Vergewaltigung seiner Frau.

Nach dieser Entdeckung erfuhr die Ehefrau von Dominique P., was über mehr als 9 Jahre hinweg mit ihr passiert sein soll. Mittlerweile ist sie geschieden und hat ihren Nachnamen geändert. Sie habe keine Erinnerung an die Vergewaltigungen. 

Langwieriger Prozess

"Zum ersten Mal wird sie die Vergewaltigungen durchleben müssen, denen sie 10 Jahre lang ausgesetzt war", sagte Gisèles Anwalt.

Der Prozess wird voraussichtlich bis Ende Dezember dauern. Der Dominique P. hat gegenüber den Ermittlern zugegeben, dass er seiner Frau starke Beruhigungsmittel verabreicht habe. 

ribbon Zusammenfassung
  • Dominique P. soll seine Ehefrau Gisèle über Jahre hinweg von Fremden vergewaltigen haben lassen.
  • Die 72-jährige Gisèle sagte am Donnerstag erstmals aus und erzählte: "Sie haben mich wie eine Stoffpuppe behandelt."
  • Er steht in Frankreich zusammen mit 50 weiteren Männern vor Gericht.
  • "Für mich bricht alles zusammen. Alles, was ich mir in 50 Jahren aufgebaut habe", fügte sie hinzu. Innerlich sei sie "ruiniert".
  • "Zum ersten Mal wird sie die Vergewaltigungen durchleben müssen, denen sie 10 Jahre lang ausgesetzt war", sagte Gisèles Anwalt.
  • Der Prozess wird voraussichtlich bis Ende Dezember dauern.