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Lungenkrebs-Früherkennung laut Studie höchst erfolgreich

Heute, 07:17 · Lesedauer 4 min

Eine in London durchgeführte Studie hat erneut den Wert eines Lungenkrebs-Früherkennungsprogramms belegt. 80 Prozent der Erkrankungen wurden im noch heilbaren Frühstadium erkannt. In sechs Staaten Europas gibt es bereits nationale Lungenkarzinom-Früherkennungsprogramme. "Bei uns ist noch gar nichts passiert", kritisierte hingegen vor wenigen Tagen der Wiener Spezialist Arschang Valipour (Klinik Floridsdorf).

Die schlagenden Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung, die vor kurzem in der medizinischen Fachzeitschrift "Lancet Oncology" erschienen ist, hat das Deutsche Ärzteblatt jetzt knapp zusammengefasst: "Bei jedem 50. Raucher, der in ärmeren und ethnisch diversen Stadtteilen der britischen Metropole an einer Implementationsstudie (im Rahmen der Einführung eines Screening-Programms; Anm.) zur Früherkennung mit der Niedrigdosis-Computertomografie (CT) teilnahm, wurde laut der Publikation (...) ein Lungenkrebs gefunden, der sich zu fast 80 Prozent im Stadium I oder II befand, in dem eine Heilung möglich ist."

Die Studie wurde im Nordosten und im Zentrum Londons durchgeführt, wo besonders viele Menschen ärmerer Bevölkerungsgruppen leben und der Anteil der Raucher besonders hoch ist. Bei 618 der 12.733 Personen (4,8 Prozent) wurde im CT ein verdächtiger Knoten gefunden, der von Experten abgeklärt wurde. Diese diagnostizierten bei 261 der 618 Patienten (42,2 Prozent) ein Lungenkarzinom, bei 15 weiteren eine andere Krebserkrankung. Der größte Erfolg des Autorenteams um Sam Janes vom University College London: 207 der 261 Karzinome (79,3 Prozent) befanden sich im Stadium I oder II, in dem eine Behandlung mit dem Ziel der Heilung möglich ist.

Die neue Studie deckt sich exakt mit den Aussagen des Wiener Lungenspezialisten Arschang Valipour, der vor wenigen Tagen bei einer Veranstaltung der Praevenire-Gesundheitsinitiative warnte: "Wenn man die Todesfälle durch Brustkrebs-, Dickdarmkarzinome und Prostatakrebserkrankungen zusammen nimmt, kommt man (in Österreich; Anm.) gerade einmal auf so viele Menschen, wie an einem Lungenkarzinom versterben. Das Stadium, in dem man die Erkrankung diagnostiziert, ist entscheidend."

Screening-Programm für Österreich gefordert

Valipour führte dazu harte Daten aus Österreich an: Jährlich werden rund 5.000 Lungenkrebserkrankungen diagnostiziert. Die Zahl der Todesfälle beträgt rund 4.000. In Österreich werden Lungenkarzinome allerdings weiterhin in nur 25 Prozent der Fälle in den heilbaren Stadien I und II erkannt. 27 Prozent entfallen auf das Stadium III, 47 Prozent auf das fortgeschrittene Stadium IV.

Das ließe sich nur durch ein gezieltes Lungenkrebs-Screening-Programm mittels regelmäßiger Niedrig-Dosis-Computertomografie ändern, wie der Experte in seinem "Plädoyer für Lungenkrebs-Früherkennung in Österreich" feststellte. Seit rund 20 Jahren ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass eine einmal jährliche Untersuchung von Rauchern im Alter ab 55 Jahren die besten Ergebnisse bringt. "Eine solche Low-Dose-CT-Früherkennungsuntersuchung dauert zehn Sekunden. Mittlerweile konnte mit solchen Programmen bei den Betroffenen die Gesamtmortalität (alle Ursache; Anm.) bereits um 48 Prozent und die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 45 Prozent gesenkt werden", erklärte Valipour bereits im Herbst vergangenen Jahres in Eisenstadt gegenüber der APA.

Fünf-Jahres-Überlebensrate im Stadium I bei 80 Prozent

"Die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei Lungenkrebs im Stadium I liegen bei 80 Prozent, im Stadium IV bei fünf bis zehn Prozent", hat der Experte vor wenigen Tagen in Wien festgestellt. Die in den vergangenen Jahren durch neue Therapien erzielte Verdoppelung der Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium von fünf auf zehn Prozent sei zwar in sich "großartig", bleibe aber weiterhin "katastrophal".

Wie Valipour anführte, haben bereits sechs Staaten Europas - Norwegen, Großbritannien, Deutschland, Ungarn, Polen und Kroatien - ein solches nationales Früherkennungsprogramm etabliert oder sind gerade dabei. In mehreren anderen europäischen Ländern gibt es zumindest regionale Initiativen. "Bei uns ist noch gar nichts passiert", kritisierte Valipour. Dabei gebe Österreich jährlich "dreistellige Millionen-Euro-Beträge" für medikamentöse Therapien für Patienten mit fortgeschrittener Lungenkarzinom-Erkrankung aus.

Aktuelle deutsche Zahlen belegen die Situation genauso wie die Londoner Studie (doi: 10.1016/S1470-2045(25)00082-8): Dort stieg im Rahmen des Früherkennungsprogramms der Anteil der in den Stadien I und II diagnostizierten Lungenkrebserkrankungen von zuvor 24 Prozent auf 80 Prozent. Der Anteil der fortgeschrittenen Karzinome fiel von 76 auf 21 Prozent.

Zusammenfassung
  • Eine Studie in London zeigt, dass 80% der Lungenkrebserkrankungen im heilbaren Frühstadium erkannt werden, während dies in Österreich nur in 25% der Fälle gelingt.
  • Der Wiener Spezialist Arschang Valipour fordert ein nationales Screening-Programm für Österreich, da jährlich 5.000 Lungenkrebserkrankungen diagnostiziert und 4.000 Todesfälle verzeichnet werden.
  • Durch Low-Dose-CT-Screenings konnte die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 45% gesenkt werden, was die Notwendigkeit solcher Programme unterstreicht.