Haftstrafen für Betrüger mit Aufsperrdienst-Masche
Der Jüngere hatte in Essen als Maler und Lackierer gearbeitet, der Ältere war als Fahrer angestellt. Dessen ungeachtet stiegen sie auf das Angebot ein, in Österreich "umzusatteln". Er sei von Wien per Zug nach Graz gereist und habe sich dort in vier Wochen zum Schlosser fortbilden lassen, erzählte der 18-Jährige: "Es wurde mir intensiv beigebracht." Der 21-Jährige erklärte, ihm sei ein Job als Monteur in Österreich schmackhaft gemacht worden. Vor Ort sei ihm dann gesagt worden, man könne "auch vom Zuschauen lernen", daher habe er den 18-Jährigen zu dessen Einsätzen begleitet: "Ich hab' mir gedacht, das ist eine praktische Schulung."
Die meisten Opfer - 20 waren von der Anklage umfasst - waren über die einschlägig bekannte Website http://www.aufsperrdienst-hilfe.at/ an die Angeklagten geraten, vor der die Arbeiterkammer (AK) mit Nachdruck warnt. Die beiden Burschen agierten - aufgrund ihrer fehlenden Ausbildung wenig überraschend - oftmals nicht nur unprofessionell, sie stellten den Geschädigten auch Wucherpreise in Rechnung. Ein 21-jähriger Student und sein Mitbewohner, die sich ausgesperrt hatten, zahlten fast 1.500 Euro für ein grob aufgebohrtes Schloss, wobei der Student dann nicht ein Mal durch die Tür zurück in die Wohnung kam, sondern indem er ein gekipptes Fenster aufzwängte und hineinkletterte. "Wir waren in der Situation überfordert. Wir waren ein bisschen verzweifelt", schilderte der 21-Jährige als Zeuge. Daher hätten sie die verlangte Summe bezahlt. Einer jungen Mutter wurden 440 Euro abverlangt, während in Wien ein seriöser Schlüsseldienst bei einer zugefallenen, unverschlossenen Tür in der Regel - abgesehen von nächtlichen Einsätzen und an Wochenenden - maximal die Hälfte verlangt. "Ich war überrascht. Es wurde mir mit einer Pauschale und Nebenkosten erklärt", erinnerte sich die Betroffene als Zeugin.
Auf die Frage, ob ihm die von ihm in Rechnung gestellten Preise nicht zu hoch erschienen seien, erwiderte der angeklagte 18-Jährige: "Nein. Weil in Österreich alles teurer ist als in Essen." Da platzte dem Richter der Kragen: "Halten Sie die Österreicher für so einfach strukturiert, dass wir für unqualifizierte Arbeiter überhöhte Preise zahlen?" Auch die Staatsanwältin wurde unter Verweis auf die fehlende fachliche Ausbildung der Angeklagten ungehalten: "Wie kommt der Wirtschaftsstandort Österreich dazu, dass Leute aus Essen eingeflogen werden und so etwas machen?"
Am Ende wurden die beiden jungen Männer des schweren gewerbsmäßigen Betrugs und der kriminellen Vereinigung für schuldig befunden und zu ungeteilter Hand zur Rückzahlung einer gesamten Schadenssumme von rund 15.000 Euro verurteilt. Die verhängten Freiheitsstrafen wurde im unteren Bereich angesiedelt, was der Richter wie folgt erklärte: "Das ist natürlich eine Schweinerei und war gut aufgezogen. Aber das sind nicht die Hintermänner. Das sind die Dodeln, die vor Ort festgenommen werden." Die Angeklagten hatten sich seit Mitte April in der Justizanstalt (JA) Josefstadt in U-Haft befunden.
Die Arbeiterkammer empfiehlt, bei Bedarf an einem Schlüsseldienst stets auf ein heimisches, in der näheren Wohnumgebung ansässiges Unternehmen zurückzugreifen und einen Blick auf das Impressum der jeweiligen Website zu werfen. Vorsicht ist bei Hotlines geboten, deren Nummern nicht auf ein lokales Unternehmen schließen lassen. Wer einem unseriösen Schlüsseldienst auf den Leim gegangen ist und sich mit einer überhöhten Forderung konfrontiert sieht, sollte Barzahlung verweigern und auf Übermittlung einer Rechnung bestehen.
Zusammenfassung
- Zwei junge Deutsche wurden in Wien wegen schwerem gewerbsmäßigen Betrug und krimineller Vereinigung verurteilt. Ein 18-Jähriger erhielt 18 Monate Haft, davon sechs Monate unbedingt, während ein 21-Jähriger 15 Monate auf Bewährung bekam.
- Die Arbeiterkammer warnt vor der Website http://www.aufsperrdienst-hilfe.at und empfiehlt, lokale Schlüsseldienste zu nutzen. Die Angeklagten müssen eine Schadenssumme von rund 15.000 Euro zurückzahlen.