Was passierte dem Kind?
Rätselhafte Tragödie um toten Émile erschüttert Frankreich
Rund zwei Autostunden von der französischen Metropole Marseille an der Côte d'Azur entfernt liegt das beschauliche Dorf Le Haut-Vernet. In dem Bergdorf verbrachte der damals zweijährige Émile Soleil mit seinen Großeltern seinen Urlaub, als er am Abend des 8. Juli 2023 plötzlich verschwand.
Zwei Zeugen gaben an, Émile noch vor dem Haus des Paares gesehen zu haben, ehe er eine Straße hinunterrannte. Dann verlor sich seine Spur.
Wie wurde nach dem Jungen gesucht?
Es folgte ein in Le Haut-Vernet noch nie dagewesener Ausnahmezustand: Dutzende Polizist:innen, Soldat:innen, Spürhunde, ein Hubschrauber, Drohnen und Hunderte Freiwillige waren im Einsatz, um den verschwundenen Jungen zu finden.
Sämtliche Häuser des Dorfes wurden durchsucht, und der Ort wurde abgeriegelt. Die groß angelegte Suchaktion blieb dennoch ohne Erfolg. Schließlich stellten die Behörden die Suche nach dem vermissten Zweijährigen ein.
Wurde Émile jemals gefunden?
Ja, zunächst vergingen rund neun Monate, ohne dass es einen Hinweis auf den Verbleib Émiles gab. Dann jedoch entdeckte eine Spaziergängerin in der Nähe des Dorfs menschliche Überreste. Nur knapp zwei Kilometer vom Ferienhaus der Großeltern entfernt fand sie in einem Wald einen Kinderschädel und mehrere Zähne.
Die Ermittler:innen entdeckten schließlich weitere Knochen sowie die Kleidung, die der Zweijährige am Tag seines Verschwindens getragen hatte.
Gab es Erkenntnisse zur Todesursache?
Eine DNA-Analyse bestätigte schließlich, dass es sich bei dem toten Kind um Émile handelt. Zur genauen Todesursache gab es vorerst allerdings keine Hinweise.
- Mehr lesen: Vermisste Deutsche auf den Philippinen gefunden
"Zwischen einem Sturz des Kindes, fahrlässiger Tötung und Mord können wir noch immer keine der Thesen als wahrscheinlicher erachten als die andere, um das Verschwinden und den Tod von Émile zu erklären", erklärte Staatsanwalt Jean-Luc Blachon wenige Tage nach dem Fund.
Warum ist der Fall jetzt wieder aktuell?
Nachdem es erneut monatelang still um den Fall war, kam es am Dienstag zu einer überraschenden Wende: Die Großeltern des Jungen wurden wegen des Verdachts auf vorsätzliche Tötung und unerlaubte Wegnahme der Leiche in Polizeigewahrsam genommen. Auch zwei der insgesamt zehn Kinder des Ehepaares wurden vorläufig festgenommen.
Zuvor beschlagnahmten die Ermittler unter anderem einen Blumenkasten, der vor der Kapelle des Dorfes stand, das Auto und einen Pferdeanhänger der Familie. Ob die Gegenstände in direktem Zusammenhang mit dem Tod des Jungen stehen, wurde bisher nicht bekannt gegeben.
Sind die Großeltern immer noch in Haft?
Nein, nach rund 48 Stunden wurden die Verwandten von Émile wieder aus der Untersuchungshaft entlassen. Sie bestreiten, mit dem Tod Émiles in Verbindung zu stehen.
Wie der Anwalt der Großmutter gegenüber französischen Medien berichtete, sei der Polizeigewahrsam "anstrengend", aber "notwendig" gewesen. Schlussendlich habe es keine ausreichende Beweislage für eine Anklage gegeben.
Gibt es trotzdem neue Erkenntnisse?
Ja, nur wenige Stunden nachdem die Familie freigelassen wurde, gab Staatsanwalt Jean-Luc Blachon in einer Pressekonferenz neue Details zur Todesursache des Zweijährigen bekannt.
Demnach deuten Narben, Risse und Brüche auf dem gefundenen Schädel auf ein "heftiges Gesichtstrauma" hin.
Gehen die Ermittler von einem Mord aus?
Blachon erklärte, dass die bisherigen Ermittlungsergebnisse darauf hindeuten, "dass Dritte am Verschwinden und Tod" von Émile beteiligt waren.
So gehen die Ermittler:innen davon aus, dass die Leiche des Jungen nicht in der Kleidung verweste, die 2024 im Wald entdeckt wurde. Zudem haben die Untersuchungen ergeben, dass die gefunden Knochen und Kleidungsstücke erst kurz vor ihrer Entdeckung zum Auffindungsort transportiert wurden.
Muss man noch etwas zu dem Fall wissen?
Auch der Tod von Claude Gilliot, dem Priester, der Émile getauft hatte, gibt den Ermittlern Rätsel auf. Gilliot beging zwei Tage nach der Beschlagnahmung des Blumenkastens Suizid.
Seine Schwester äußerte gegenüber französischen Medien die Vermutung, dass der Tod mit der Familie von Émile im Zusammenhang stehen könnte: "Ich bin sehr wütend auf die Familie des kleinen Émile, weil ich glaube, dass alles mit ihnen angefangen hat."
Hilfe in Krisensituationen
Sind Sie in einer Krisensituation? Hier finden Sie Hilfe:
- Telefonseelsorge: 142 (Notruf), täglich 0–24 Uhr, online unter www.telefonseelsorge.at
- Sozialpsychiatrischer Notdienst/PSD: 01/31330, täglich 0–24 Uhr, online unter www.psd-wien.at
- Rat auf Draht: 147. Beratung für Kinder und Jugendliche. Anonym, täglich 0–24 Uhr, online unter www.rataufdraht.at
- Kindernotruf: 0800 567 567, Beratung bei persönlichen Krisen. Anonym, täglich 0-24 Uhr www.bittelebe.at
- Suizidprävention auf www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention
Der Priester soll der Familie von Émile äußerst nahe gestanden haben. Laut Gilliots Schwester kam es jedoch zum Bruch, als der Priester den französischen Medien ein Foto der Eltern des toten Jungen zur Verfügung gestellt hatte.
Der Großvater soll sich daraufhin für die Absetzung des Priesters eingesetzt haben, die drei Monate nach dem Verschwinden von Émile auch durchgesetzt wurde. Laut Gilliots Schwester habe der Pfarrer den Bruch mit der Familie nie verkraftet. Bisher wurde von offizieller Seite jedoch kein Zusammenhang zwischen dem Tod des Pfarrers und dem Fall Émile bestätigt.
Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.
Zusammenfassung
- Seit dem Sommer 2023 beschäftigt der Fall Émile ganz Frankreich.
- Der Zweijährige war aus dem Dorf Le Haut-Vernet verschwunden.
- Monatelang gab es keine Spur von ihm, bis schließlich der Schädel des Kindes gefunden wurde.
- PULS 24 beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Fall.