20-Stunden-Fahrt: "Dramatische" Bedingungen bei Flixbus

In Deutschland kam es binnen zwei Tage zu zwei Unfällen von Fernbussen. Im Fall des Flixbus-Unglücks bei Leipzig wird nun der Lenker in die Verantwortung gezogen. Angesichts der "dramatischen" Arbeitsbedingungen bei Fernbusunternehmen, geht Gewerkschafter Karl Delfs, im PULS 24 Gespräch vor allem mit der europäischen Politik hart ins Gericht.

Binnen zwei Tagen kam es in Deutschland zu schweren Busunglücken. Am Mittwoch kippte ein Flixbus bei Leipzig um. Vier Menschen starben, mehrere waren mitunter schwer verletzt. Am Freitag wurden bei einem Unfall eines Doppeldecker-Busses in Nordrhein-Westfalen 21 Schüler:innen verletzt.

Immer wieder geraten daher auch die Arbeitsbedingungen der Busfahrer:innen in den Fokus. Gerade im Fernverkehr seien diese laut Karl Delfs, Fachsekretär für den Bereich Straße bei der Gewerkschaft vida, "dramatisch". In der Regel werden Fernbusse mit zwei Fahrer:innen besetzt, sagt er.

Auch im Fall des verunfallten Flixbusses bei Leipzig waren zwei Lenker an Bord. "Ein Fahrer verbringt also die Ruhezeit am Bus, was schon einmal nicht geht. Im Prinzip können diese Fahrer 20 Stunden durchfahren, ohne Pause zu machen", sagt er. "Mit dem Unsinn gehört aufgeräumt, das funktioniert so nicht", fügt er an.

"Die Übermüdung ist enorm"

Die Übermüdung sei enorm, beruft er sich auf "europäische Untersuchung aus dem Jahr 2021". 66 Prozent von den 3.000 Interviewten, die bei jener Untersuchung mitwirkten, hätten angegeben, sie müssten übermüdet fahren. 25 Prozent von ihnen hätten wegen Übermüdung schon fast einen Unfall gebaut, erklärt er. Details zur Untersuchung nannte er nicht. 

In Fernbusse gäbe es eine Klappe im Gepäcksraum, wo sich Lenker:innen ausruhen können. Auch das kritisiert er scharf.  "Aus dem ganzen System gehört Tempo rausgenommen", sagt er. Delfs bekrittelt, dass sich Flixbus Hunderter Subunternehmer bedient, die im Falle eines Unfalls die Haftung tragen. Gut aufgestellte Busunternehmen würde man damit unter Druck setzen. 

Europäische Politik "in der Verantwortung

Delfs sei außerdem "zutiefst erschüttert", weil eine EU-Regelung die Bedingungen für Lenker:innen Anfang 2024 verschlechterte. Die Europäische Parlament, Rat und die EU-Kommission hätten beschlossen, dass Fahrer:innen im Gelegenheitsverkehr nun zwölf Tage durchfahren können.

In Österreich waren es sechs Tage mit einer anschließenden 45-stündigen-Wochenruhe. "Jetzt ist das auch dahin, jetzt kann man in Österreich auch 12 Stunden durchfahren", erklärt er. Diese Regeln seien "absurd". Die europäische Politik trage die Verantwortung für derartige Unfälle, kritisiert er. Auch die Pausen seien reduziert worden. 

Delfs spricht den Zeitdruck, unter dem Fahrer:innen im Fernverkehr leiden, ebenso an. Bei den günstigen Preisen quer durch Europa würden die Lenker:innen "gezwungen sein" auf Ruhepausen zu verzichten. 

"Der Wahnsinn an der Sache" sei zudem, dass im Fall eines Unfalls die Verantwortung auf die Fahrer:innen abgewälzt wird, so Delfs. Jenem 62-jährigen Busfahrer, der den verunglückten Flixbus bei Leipzig gelenkt hatte, wird nun etwa fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. 

Auf die Frage, ob der Unfall bei Leipzig ein "Weckruf" für die europäische Politik sei, entgegen Delfs: "Ich bin pessimistisch". 

ribbon Zusammenfassung
  • In Deutschland kam es binnen zwei Tage zu zwei Unfällen von Fernbussen.
  • Im Fall des Flixbus-Unglücks bei Leipzig wird nun der Lenker in die Verantwortung gezogen.
  • Angesichts der "dramatischen" Arbeitsbedingungen bei Fernbusunternehmen, geht Gewerkschafter Karl Delfs, im PULS 24 Gespräch vor allem mit der europäischen Politik hart ins Gericht.
  • Auch am Unternehmen Flixbus arbeitet er sich ab.
  • "Aus dem ganzen System gehört Tempo rausgenommen", sagt er.