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Fast 300 Neubauten oder Sanierungen bei der Polizei

Im Zuge der Diskussion um den Zustand von Polizeidienststellen in Österreich hat das Innenministerium am Donnerstag neue Zahlen bekanntgegeben. Demnach befinden sich 296 Polizeidienststellen in Österreich derzeit in Sanierung, werden erweitert oder neugebaut - 93 davon in Wien. Erst im Juni war eine Debatte um den Neubau der Polizeiinspektion Keplergasse in Wien-Favoriten entbrannt, die wegen Mängeln nun in eine ehemalige Bankfiliale verlegt und umgebaut werden soll.

Personalvertreter weisen seit langem auf aus ihrer Sicht untragbare Zustände in zahlreichen Dienststellen hin. "Mehr als zwei Drittel der Polizeiinspektionen in Wien sind zu klein und entsprechen nicht mehr dem Konzept einer modernen Polizei", zitierte die Tageszeitung "Kurier" (Donnerstagausgabe) den Wiener Polizeigewerkschafter Walter Strallhofer von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG). "In einer Dienststelle in Ottakring gab es zum Beispiel einen Legionellenbefall: Da ist ein Kollege erkrankt, weil die Leitungen nicht richtig durchgespült wurden", sagte Strallhofer. Er verweist auch auf fehlende Klimaanlagen, Mängel bei Toilettenräumen oder den Umstand, dass Inspektionen nur am Wochenende gereinigt werden. Auch der FCG-Gewerkschafter Franz Brauchhart forderte im "Kurier" die standardmäßige Aufrüstung der Inspektionen mit Klimaanlagen. Der blaue AUF-Gewerkschafter Werner Herbert betonte, "der marode Zustand einiger Inspektionen" sei seit Jahren bekannt. "Dass man jetzt kurz vor der Nationalratswahl draufkommt, ist auch ein wenig durchsichtig", sagte Herbert von der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher (AUF) über die Maßnahmen, die das Innenministerium eine "Immobilienoffensive" nennt.

Die Modernisierungen betreffen laut Innenministerium diverse Polizeiinspektionen, Landesleitzentralen, Einsatztrainings-Zentren, Flugeinsatzstellen, Sicherheitszentren sowie Objekte für die Verwaltung. Umfasst seien beispielsweise "das Ausmalen von Räumlichkeiten, die Erneuerung von Sanitäranlagen oder die Erneuerung von Fußböden", teilte ein Sprecher mit.

Zuletzt hatte das ÖVP-regierte Ministerium Pläne der Landespolizeidirektion Wien rund um eine Schließung der Polizeiinspektion Keplergasse samt zwischenzeitlicher Verlegung in ein Ersatzquartier am Wiener Verteilerkreis gestoppt.

Die Lage einer polizeilichen Dienststelle werde stets "strategisch auf der sicherheitspolizeilichen Landkarte gewählt", teilte das Innenministerium in diesem Zusammenhang mit. "Ein Umzug einer Dienststelle ist daher besonders in Ballungsräumen schwierig", hieß es. Adäquate Ersatzobjekte müssten im Nahbereich der ursprünglichen Dienststelle angesiedelt sein, aber auch den Anforderungen im Hinblick auf Größe und Kosten entsprechen. Aufgrund dessen werde eine Sanierung der bestehenden Räumlichkeiten einem Neubau meist vorgezogen.

Die Situation der Polizei, insbesondere in Wien, stand nach den jüngsten Gewalteskalationen in mehreren Bezirken immer wieder im Fokus von hitzigen Diskussionen. Erst am Mittwoch hatte der Vorschlag des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) für Aufsehen gesorgt, wonach die Wiener Polizei der Stadt Wien unterstellt werden solle. Das ist laut Bundesverfassung jedoch ausgeschlossen, stellte das Innenministerium zu den Aussagen Ludwigs wenig später klar. Ludwig forderte zudem erneut mehr uniformierte Beamtinnen und Beamte für die Bundeshauptstadt und mehr Präsenz auf den Straßen.

Der Wiener FSG-Vorsitzende Strallhofer hielt dazu am Donnerstag in einer Aussendung fest, dass er die Anliegen des Stadtchefs "gut nachvollziehen" könne. "Seit Jahren werden der Stadt und dem Polizeipräsidenten zahlreiche Personal- und Rekrutierungskonzepte vorgestellt, die mehr Polizistinnen und Polizisten, vor allem für den exekutiven Außendienst, versprechen - ohne nennenswerte Ergebnisse", sagte er. Polizisten würden stattdessen dem Ministerium und Sonderabteilungen zugeteilt, was zu einem Rückgang der Personalzahlen und leeren Polizeiinspektionen führe, hieß es.

Das Innenministerium hielt am Donnerstag in einem Statement gegenüber der APA fest, dass der Trend bei den Aufnahmen in die Polizeiausbildung in der Bundeshauptstadt steigend sei und verwies auf aktuelle Zahlen im Vergleich zum Vorjahr. So wurden laut Ministerium im gesamten Halbjahr 2023 lediglich 80 Personen in die Grundausbildung in Wien aufgenommen. Dem gegenüber stehen laut Ministerium insgesamt rund 400 Aufnahmen im heurigen März und Juni. Zudem hätten sich für den Aufnahmeturnus im September weitere 720 Personen beworben, wurde mitgeteilt.

ribbon Zusammenfassung
  • Das Innenministerium hat bekanntgegeben, dass 296 Polizeidienststellen in Österreich saniert, erweitert oder neugebaut werden. 93 dieser Projekte befinden sich in Wien.
  • Personalvertreter kritisieren seit langem die Zustände in vielen Dienststellen, insbesondere in Wien. Es gibt Berichte über Legionellenbefall, fehlende Klimaanlagen und unzureichende Reinigung.
  • Die Zahl der Bewerbungen für die Polizeiausbildung in Wien ist laut Innenministerium steigend. Im ersten Halbjahr 2023 wurden 80 Personen aufgenommen, im März und Juni 2023 insgesamt 400, und für den Aufnahmeturnus im September gibt es 720 Bewerbungen.