Antisemitismus: Gewalt in Österreich nimmt zu
14 antisemitische Angriffe, 21 Bedrohungen, 122 Sachbeschädigungen, 140 Massenzuschriften und 422 Fälle von verletzendem Verhalten gegenüber als Juden und Jüdinnen gelesenen Personen wurden im Jahr 2022 in Österreich gemeldet.
719 antisemitische Vorfälle
Just an dem Tag, an dem bekannt wurde, dass zwei Personen am Sonntag "Sieg Heil"-Rufe über die Lautsprecher eines Railjets der ÖBB abgespielt hatten, veröffentlichte die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) den Bericht ihrer Antisemitismus-Meldestelle.
Insgesamt wurden 2022 demnach 719 antisemitische Vorfälle gemeldet. Das ist im Vergleich zum Vorjahr zwar ein Rückgang von 25,5 Prozent, aber immer noch der zweithöchste Wert seit Beginn der Dokumentation 2008.
Wie IKG-Präsident Oskar Deutsch betonte, handle es sich nur um eine "kleine Bilanz" und mache nur einen Teil des Antisemitismus in Österreich sichtbar. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein. Vor allem im Zusammenhang mit Verschwörungsideologien und den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen gab es 2021 einen Negativrekord an gemeldeten Vorfällen.
Insgesamt wurden damals 965 Fälle registriert. Davor - im Jahr 2020 - waren es mit 585 noch deutlich weniger. Für das Jahr 2022 habe man sich nun einen Rückgang erwartet, der sei aber nicht wie erhofft eingetreten.
Anstieg bei Gewalt
Alarmierend ist vor allem die Intensität der gemeldeten Vorfälle: Die Zahl der physischen Angriffe, Bedrohungen und Sachbeschädigungen stieg an, zeigt der Bericht.
https://twitter.com/AMeldestelle/status/1658038018106613760
Insgesamt sind die antisemitischen Angriffe laut dem Bericht zu 55 Prozent dem politisch rechten Spektrum, zu 20 Prozent dem linken Spektrum und zu neun Prozent dem muslimischen Antisemitismus zuzuordnen. 16 Prozent seien nicht eindeutig zuordenbar.
Angriffe vor allem von Muslimen
Knapp drei Viertel der Sachbeschädigungen gehen etwa auf die Kappe des rechten Spektrums, auch bei verletzendem Verhalten "stellten die Fälle mit eindeutig rechtem ideologischen Hintergrund erstmals die absolute Mehrheit", heißt es im Bericht.
Ein anderes Bild zeigt sich hingegen bei physischen Angriffen und Bedrohungen: Diese sind überproportional dem muslimischen Antisemitismus zuzuordnen. Sowohl die Täter und Täterinnen als auch oft die Betroffenen seien zumeist Jugendliche gewesen, sagte IKG-Generalsekretär Benjamin Nägele.
Das Jahr 2022 hat aber die höchste Zahl gemeldeter antisemitischer Angriffe verzeichnet. "Jeder antisemitische Vorfall ist ein antisemitischer Vorfall zu viel. Und mir ist wirklich vollkommen wurscht, woher er kommt", meinte aber IKG-Präsident Deutsch dazu.
Zusammenfassung
- Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Österreich ist nach den Corona-Jahren zwar leicht zurückgegangen, aber nicht in erwünschtem Ausmaß.
- Mehr als die Hälfte kam aus dem politisch rechten Spektrum.
- Physische Angriffe sind sogar gestiegen. Sie sind hauptsächlich muslimischem Antisemitismus zuzuordnen.