APA/HARALD SCHNEIDER

13-Jährige starb auf Klassenfahrt: Lehrerinnen vor Gericht

Die zuckerkranke Emily starb 2019 bei einem Schulausflug in London. Die Lehrerinnen standen nun erstmals wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht. Sie sollen ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, sie hätten nicht nach Vorerkrankungen der Schüler:innen gefragt.

Im Juni 2019 waren deutsche Schüler:innen auf einer Klassenfahrt in London. Unter ihnen befand sich auch die 13-jährige Emily, sie litt an einer Diabetes-Erkrankung. Innerhalb weniger Tage ging es ihr so schlecht, dass sie nicht mehr alleine aufstehen konnte.

Erst bei der Abreise wurde die Schülerin mit extrem überhöhten Zuckerwerten ins Krankenhaus gebracht, einen Tag darauf starb sie an einem Herzinfarkt.

Vorwurf der fahrlässigen Tötung

Die Lehrerinnen, die die Reise organisiert hatten, standen am Mittwoch erstmals vor Gericht. Den beiden Frauen, 34 und 60 Jahre alt, wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Sie sollen vor der Reise nicht nach Vorerkrankungen der 60 bis 70 mitreisenden Schüler:innen gefragt haben. Weder die Erziehungsberechtigten noch Emily selbst sollen die Pädagoginnen jedoch auf ihre Zuckerkrankheit hingewiesen haben. 

Im Zuge des Schulausfluges dürfte die 13-Jährige die nötigen Blutzuckermessungen und das Zuführen von Insulin vernachlässigt haben. Bereits am ersten Tag musste sie sich übergeben, daraufhin blieb sie in der Unterkunft, übergab sich mehrfach und wurde immer schwächer.

Arzt zu spät gerufen

Vor Gericht wurde auch eine Sprachnachricht einer 14-jährigen Mitschülerin vorgespielt, sie teilte sich mit Emily und einem weiteren Mädchen das Zimmer. "Die sackt uns permanent weg", berichtete die 14-Jährige ihrer Mutter. Sie würden die ganze Zeit auf Emily aufpassen müssen, Emily könne sich nicht einmal mehr alleine die Zähne putzen.

Die Mitschülerinnen verständigten die Lehrkräfte, doch die riefen erst am Abreisetag einen Arzt. Hätten die Pädagoginnen das früher getan, hätte der Tod des Mädchens "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert werden können", so die Staatsanwältin.

Lehrerinnen beantworteten keine Fragen

Vor Gericht schwiegen die Lehrerinnen, als der Richter wissen will, wieso sie nicht früher aktiv geworden seien. Schließlich hätte es sich auch um eine Blinddarmentzündung oder eine andere Erkrankung sein können. Sie geben nur kurze, vorbereitete Erklärungen ab. Die 60-Jährige sprach von einem "Schicksalsschlag", die 34-Jährige sagte, der Vorfall sei schwer zu ertragen.

Emilys Vater schilderte indes, dass er den Tod seiner Tochter bis jetzt "gar nicht" verarbeiten konnte. "Das kann man nicht verarbeiten", sagte auch seine Lebensgefährtin.

Lange Prozess-Geschichte

Dass den Lehrerinnen überhaupt der Prozess gemacht wird, ist der Verdienst von Emilys Vater. Nachdem erste Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu Emilys Tod eingestellt worden waren, strebte ihr Vater ein neues Ermittlungsverfahren an. Das Landgericht Mönchengladbach lehnte die Anklage ab. Emilys Vater legte Beschwerde ein, das Oberlandesgericht Düsseldorf ließ die Anklage schließlich zu.

Bis Mai sollen noch weitere Zeug:innen gehört werden, darunter etwa Lehrer:innen, Emilys Eltern und Mitschüler:innen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die zuckerkranke Emily starb 2019 bei einem Schulausflug in London.
  • Die Lehrerinnen standen nun erstmals wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht.
  • Sie sollen ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, sie hätten nicht nach Vorerkrankungen der Schüler:innen gefragt.
  • Hätten die Pädagoginnen das früher getan, hätte der Tod des Mädchens "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert werden können", so die Staatsanwältin.