Verteidigung und Infrastruktur
Deutscher Bundestag gibt Weg für Milliarden-Schulden frei
Die deutsche Schuldenbremse - auf welche Deutschlands wohl nächster Kanzler Friedrich Merz (CDU) im Wahlkampf noch pochte - wird gelockert.
Dazu wurden am Dienstag Änderungen im Grundgesetz mit Zweidrittelmehrheit angenommen. Am Freitag muss dann noch der Bundesrat zustimmen. Die dortige Zweidrittelmehrheit dürfte stehen, nachdem sich in Bayern am Montag CSU und Freie Wähler auf eine Zustimmung geeinigt hatten.
Verteidigung und Klimaschutz
Das Vorhaben soll Investitionen ermöglichen: Für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen Kredite aufgenommen werden - das wäre nach Rechnung der Politiker in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.
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500 Milliarden Euro sind für ein Sondervermögen, ebenfalls gespeist aus Krediten, vorgesehen. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur - also Brücken, Energienetze, Straßen, Schienen oder Schulen - bezahlt werden.
100 Milliarden fließen in den Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft. Das Geld darf aber nur fließen, wenn im normalen Kernhaushalt eine angemessene Investitionsquote gilt - damit wollen die Grünen verhindern, dass das Geld genutzt wird, um auf Umwegen Wahlgeschenke zu finanzieren.
Für die Änderung von vier Artikeln der Verfassung stimmten laut Ergebnisliste des Bundestags 512 Abgeordnete, 206 votierten dagegen, es gab keine Enthaltung. Erforderlich waren mindestens 489 Stimmen. Neben CDU, CSU und SPD hatten auch die Grünen angekündigt, das Vorhaben zu unterstützen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hatte in der Sitzung leicht andere Zahlen verkündet, nämlich 513 Ja-Stimmen und 207 Nein-Stimmen. Das wurde nachträglich korrigiert.
Harte Debatten im Bundestag
Für den Beschluss war extra noch einmal der alte Bundestag einberufen worden, weil die Mehrheitsverhältnisse im nächsten Bundestag ein Ja schwierig gemacht hätten. Außerdem hatten Union und SPD lange um die Zustimmung der Grünen geworben und ihnen einige Zugeständnisse gemacht.
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Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann rechnete dennoch mit dem mutmaßlichen nächsten Kanzler Friedrich Merz ab. Auch er habe bereits im vergangenen Jahr gewusst, dass Deutschland dringend Investitionen und zugleich mehr Geld für die Verteidigung brauche.
Die Union aber habe das öffentlich nie zugegeben und die Grünen sogar noch für entsprechende Forderungen diffamiert. "Aber ich bin dennoch in der Sache froh, dass wir das jetzt heute so entscheiden, denn es ist notwendig für unser Land", sagte Haßelmann.
Merz verteidigte seine Pläne mit Verweis auf die Sicherheit Deutschlands, Europas und der Nato.
SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil warb mit Vorteilen der geplanten Investitionen für Bürgerinnen und Bürger. "Dieses Paket wird die Mehrheit der Menschen in ihrem Alltag entlasten", sagte er. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) warnte: "Unsere Sicherheit darf nicht durch haushaltspolitische Zwänge gefährdet werden."
Harte Vorwürfe kamen aus den Reihen der AfD, der FDP, des BSW und der Linken. FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf der Union vor, sich gegen wirtschaftlichen Erfolg des Landes zu entscheiden.
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla erklärte, Merz habe nicht nur kein Rückgrat, er sei inzwischen "komplett wirbellos". Der Linken-Politiker Sören Pellmann redete mit Blick auf die geplante Aufrüstung von "Nebelkerzen aus Angst und Furcht" und unrealistischen Untergangsszenarien. Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte: "Kriegskredite mit Klimasiegel, darauf muss man erst mal kommen.
Harte Koalitionsverhandlungen
Das Finanzpaket ist die Grundlage für alles, was Union und SPD auf dem Weg in eine mögliche schwarz-rote Koalition bisher beschlossen haben. Ohne die Milliardenkredite müssten sie vieles wohl noch einmal ganz von vorne besprechen.
Doch auch mit dem von den Grünen erzwungenen Kompromiss wird es nun nicht einfach. Vor allem die Festlegung, dass aus dem Sondertopf nur zusätzliche Vorhaben finanziert werden dürfen, könnte den Verhandlern Schwierigkeiten bereiten. Denn für viele Projekte müssen sie nun Geld im normalen Haushalt auftreiben.
Zusammenfassung
- Der deutsche Bundestag hat ein Kreditpaket von mehreren hundert Milliarden Euro beschlossen, um Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz zu finanzieren.
- Mit einer Zweidrittelmehrheit wurden Änderungen im Grundgesetz angenommen, um ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro zu schaffen.
- 100 Milliarden Euro des Pakets sind fest für den Klimaschutz vorgesehen, während die Schuldenbremse gelockert wird, um Investitionen zu ermöglichen.
- Der Beschluss benötigt noch die Zustimmung des Bundesrats, die als wahrscheinlich gilt, nachdem Bayern zugestimmt hat.
- Politische Debatten begleiteten den Beschluss, wobei die Grünen Zugeständnisse erhielten und die Opposition teils scharfe Kritik äußerte.