Deutsche Asyldebatte: "Nur Regeln abschaffen löst Problem nicht"

Als Reaktion auf vermeintlich terroristische Attacken von Asylwerbern in Deutschland will man die Einreisemöglichkeiten verschärfen. Das sei aber keine Lösung, Asylexperte Lukas Gahleitner-Gertz sieht hier ein neues Risiko, wenn kein Umgang mit schutzbedürftigen Menschen gefunden werde.

In Deutschland wird aktuell diskutiert, ob Asylwerber an den Grenzen zukünftig zurückgewiesen werden. Bereits am Montag waren vorübergehende Grenzkontrollen angekündigt worden. 

Im Interview mit PULS 24 Anchor René Ach erklärt Asyl-Experte Lukas Gahleitner-Gertz (Asylkoordination), was es mit dem Vorstoß in Deutschland auf sich hat und welche Konsequenzen er für die EU und Österreich sieht.

"Innenpolitisches Spektakel"

Es sei vor allem ein "innenpolitisches Spektakel", so Gahleitner-Gertz. Er geht davon aus, dass Deutschland seine Grenzen in Zukunft stärker kontrollieren werde. Die Frage sei aber, was dann passieren würde. In der Vergangenheit sei es nicht das Problem gewesen, ein zuständiges Land zu finden, sondern die Menschen zu überbringen.

Erst wenn es Klarheit gäbe, was die Deutschen umsetzen wollen, werde man wissen, was auf Österreich zukommen werde.

Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) habe bereits angekündigt, keine "formlosen" Zurückweisungen nach Österreich zu akzeptieren, da diese rechtswidrig seien. "Es bleibt die Frage, was passiert mit diesen Menschen", so Gahleitner-Gertz.

Derartige Zurückweisungen habe es aber auch bereits in der Vergangenheit von den Deutschen gegeben. Menschen, die dabei von den deutschen Behörden nach Österreich gebracht wurden, hätten ihr Zielland Deutschland dann aber auf anderem Weg erreicht. 

"Um das effektiv zu verhindern, müssten die Deutschen die Grenze hochfahren und sich abriegeln." Das sei aber ein "schädliches Luftschloss" und "Hirngespinst", denn Wirtschaft und Tourismus würden das nicht verkraften.

Asylrechtsbrüche seit Jahren unsanktioniert

Deutschland habe jahrelang zugesehen, dass viele Länder an der EU-Außengrenze sanktionslos EU-Recht gebrochen haben. Menschen seien immer weiter nach Österreich und Deutschland gelassen worden. In der Vergangenheit hätten Österreich und Deutschland hier zugesehen, und das würde sich nun rächen.

Aktuell seien die Asylzahlen in Österreich sehr niedrig, auch die der Menschen, die aktuell nach Deutschland weitergehen würden, so Gahleitner-Gertz. Auch das würde zeigen, dass man hierzulande in einen "innenpolitischen Spektakel" der Deutschen geraten sei. 

Diese Schritte würden aber keine Lösungen darstellen und auch, dass sich Länder nicht an die europäischen Vereinbarungen zu Asyl halten, das sei nichts Neues. Die Abschaffung von Regeln im Asylwesen würde nicht dazu führen, dass es keine Flüchtenden mehr gäbe, denn der Schutzbedarf sei unumstritten. So waren in Österreich 2024 80 Prozent der Asylentscheidungen positiv.

Asylexperte Lukas Gahleitner-Gertz sieht hier ein neues Risiko, wenn kein Umgang mit schutzbedürftigen Menschen gefunden werde. Die Rechte und Pflichten dieser Menschen sollten festgelegt werden.

Mehr lesen: Gespräche über Grenz-Zurückweisungen in Deutschland

ribbon Zusammenfassung
  • Also Reaktion auf vermeintlich terroristische Attacken von Asylwerbern in Deutschland will man die Einreisemöglichkeiten verschärfen.
  • Aktuell diskutieren Deutschland politische Vertreter:innen darüber, Asylwerber abzuweisen.
  • Das sei aber nicht zulässig: Formlose Abweisungen verstoßen gegen EU-Recht, so Österreichs Innenminister Karner (ÖVP) und auch Asylexperte Luka Gahleitner-Gertz von der NGO Asylkoordination.
  • Das sei aber keine Lösung, Asylexperte Lukas Gahleitner-Gertz sieht hier ein neues Risiko, wenn kein Umgang mit schutzbedürftigen Menschen gefunden werde.