Albertina Klosterneuburg befragt den Skulpturenbegriff
"Längst ist die Skulptur nicht mehr nur ein Werk in Stein gemeißelt", gab Gleis bei einer Presseführung am Mittwoch die Stoßrichtung vor. Die Fülle an Materialien umfasst ebenso weiche Stoffe, wodurch mit der Wahrnehmung der Betrachtenden gespielt wird. So wird ein mächtiger Lkw-Motor von Claudia Märzendorfer als Strickausführung seiner maskulinen Konnotation beraubt. Das Innere nach außen holt hingegen Annette Messager, deren Installation "Aufgeblasen - entleert" aus einer Fülle an Organen besteht. Die aus Fallschirmstoff gefertigten Objekte werden per Motor zu stattlicher Größe aufgeblasen, um Sekunden später wieder in sich zusammenzufallen.
Skulptur sei eben nicht mehr nur statisch, sondern in Bewegung, weshalb Gleis auch hofft, dass das Publikum darüber ins Gespräch kommen wird. Nicht zuletzt sei das Museum in Klosterneuburg durch seine Architektur geradezu prädestiniert für eine solche Präsentation, biete das von Heinz Tesar entworfene Gebäude doch mit seiner Gestaltung selbst Anknüpfungspunkte zum Thema, wie etwa im Raum mit einer als Donauwelle gestalteten Decke deutlich wird. Hier findet sich nun auch das "Sexualitätssymbol" von Franz West wieder, das lange Zeit vor dem Museum stand und nach Restaurierung wieder in "Osterrot" erstrahlt, wie es Kuratorin Angela Stief formulierte.
Verschiedene Positionen treten in Dialog
Sie betonte die Entwicklung, die die Skulptur seit 1945 durchgemacht hat. In den vergangenen Jahrzehnten "tritt sie vom Podest und wird zum Objekt", so Stief. Dennoch sei es eine Herausforderung gewesen, die Sammlung der Albertina "nach geeigneten Positionen und Gegenüberstellungen" zu durchforsten. Aber es ist in mehrfacher Hinsicht gelungen, wenn etwa Markus Schinwalds unheimlich wirkender "Otto" - ein auf einem Stuhl lehnender Mann, dessen Augenpartie sehr überraschend von einem Motor in Bewegung gebracht wird - auf die "Box People" von Erwin Wurm trifft. An anderer Stelle sind es Toni Schmale und Bruno Gironcoli, die in einen Dialog treten.
Und dann gibt es noch zwei kleine thematische Fokussierungen: Einerseits das "Musikzimmer", in dem Nam June Paiks "Duet Memory" - gewissermaßen ein technoides Selbstporträt des Künstlers, bestehend u.a. aus einem Klavier und mehreren Monitoren - auf Friedrich Panzers Hommage an ihn sowie Dieter Roth trifft. Im Obergeschoss hingegen gibt es eine elf Arbeiten umfassende Würdigung für die Malerin Martha Jungwirth, die heuer ihren 85. Geburtstag gefeiert hat. Wie generell mehrere großformatige Bilder von Herbert Brandl, Albert Oehlen, Maria Lassnig oder Hubert Scheibl mit ihrer starken Farbgebung in eine direkte Auseinandersetzung mit den skulpturalen Werken treten.
Schwerpunkt auf Kunstvermittlung
Ein besonderes Augenmerk will man am Standort Klosterneuburg auf die Kunstvermittlung legen. Ein umfangreiches Programm lädt zur direkten Auseinandersetzung mit den Arbeiten, wobei auch selbst Hand angelegt werden kann, soll doch ein kollaboratives Kunstwerk entstehen. Etliche Angebote gibt es auch für Kinder, die bereits Mittwochabend mit einer eigenen Vernissage in "De Sculptura" eintauchen können. Das Museum soll generell "ein Ort des Austauschs und der Kreativität sein", betonte Gleis.
(S E R V I C E - Ausstellung "De Sculptura", 17. April bis 16. November, Albertina Klosterneuburg, Do-So 10-17 Uhr, www.albertina.at)
Zusammenfassung
- Die Albertina Klosterneuburg untersucht unter dem Motto 'De Sculptura' den modernen Skulpturenbegriff und fragt, wie sich unser Verständnis von Skulptur verändert hat.
- Ein besonderer Fokus liegt auf der Kunstvermittlung und Interaktivität, mit Angeboten für Kinder und der Möglichkeit, ein kollaboratives Kunstwerk zu schaffen.
- Die Ausstellung nutzt die Architektur des Museums, um Skulpturen in Dialog zu setzen, darunter das restaurierte 'Sexualitätssymbol' von Franz West.