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Weniger Wachstum, hohe Inflation: Schon jetzt Kampf um Löhne im Herbst

Die kommenden Jahre werden nicht so gut, wie das Wifo bisher gehofft hat. Die Industriellenvereinigung bremst deshalb vorsorglich schon einmal die Erwartungen für die nächsten KV-Verhandlungen. Bei den Gewerkschaften ist man wenig amüsiert und wirft der IV Lohndumping-Fantasien vor.

Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) ist für den leichten Aufschwung, den es für die kommenden Jahre erwartet, weniger optimistisch als zuletzt. Für 2023 bis 2027 wird ein BIP-Wachstum von 1,4 statt zuletzt 1,6 Prozent pro Jahr erwartet. Für heuer wird eine Stagnation bei hoher Inflation erwartet. 

Hohe Energiepreise dämpfen die Produktionsmöglichkeiten der Betriebe. Gleichzeitig sinken aber die Großhandelspreise. Das Preisniveau in Österreich liegt deshalb immer noch über jenem vieler Industrieländer. 

Bei der Industriellenvereinigung (IV) steht das Konjunkturbarometer in der Industrie genau auf Null. "Bestenfalls" im kommenden Frühjahr könne es wieder aufwärts gehen. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer forderte Bürokratieabbau und die Wiedereinführung einer Investitionsprämie à la Coronapandemie.

Gas, Strom, Lebensmittel billiger

Die Inflationsrate soll laut Wifo heuer bei 7,5 Prozent weiter hoch bleiben. Gute Nachrichten gibt es aber für 2024: Die Lieferketten entspannen sich, Gas und Strom wurden für Privathaushalte billiger, die Inflationsrate könnte auf 3,8 Prozent zurückgehen - und weiter sinken. Auch Nahrungsmittel sollen wieder billiger werden. "Die Erzeugerpreise sind aktuell schon niedriger als vor einem Jahr, das wird sich langsam auch bei den verarbeiteten Produkten zeigen."

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt rechnet das Wifo mit einer weiteren Verschärfung des Personalmangels. Die Arbeitslosenquote dürfte von den erwarteten 6,4 Prozent heuer auf 5,3 Prozent im Jahr 2027 zurückgehen. Eigentlich gute Voraussetzungen für Lohnverhandlungen, die im Herbst anstehen. 

Herbstlohnrunde: IV und Gewerkschaft stecken Fronten ab

Doch die Industrie sieht heuer wenig bis gar keinen Verhandlungsspielraum. Das ruft die Gewerkschaft auf den Plan. Sie erteilte Einmalzahlungen und längeren Laufzeiten - wie von der IV gefordert - eine Abfuhr.

Die Industriellenvereinigung ist bei den Kollektivvertragsverhandlungen der Sozialpartner - das sind Gewerkschaft und Wirtschaftskammer - gar nicht dabei. Aber die IV interessiert sich vor allem für die Metaller-Lohnabschlüsse. Denn die sind oft der Richtwert für die gesamte (Herbst-)Lohnrunde. 

IV will nur alle zwei Jahre KV-Verhandlungen

Neumayer warnt vor dem "Hinauspreisen" von Unternehmen aus dem Markt, vor großem Kostendruck und Arbeitskräftemangel. Der IV-Chef würde sich auch längere Abschlüsse - 24 statt 12 Monate - nach dem Vorbild Deutschlands wünschen, wo dies immer wieder vorkommt. Zudem ist die IV für "abgaben- und steuerfreie Prämienauszahlungen, die die Gewerkschaft bisher nie wollte", sagte Neumayer.

Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA werfen dem IV vor, bei den Beschäftigten den Sparstift ansetzen zu wollen. "Diesen Forderungen erteilen wir eine klare Absage." Basis für Lohn- und Gehaltserhöhungen seien weiterhin die rollierende Inflation und ein Anteil am wirtschaftlichen Erfolg.

Gewerkschaft: Lohndumping-Fantasien

"Nachhaltige Lohn- und Gehaltserhöhungen lassen sich nicht durch Einmalzahlungen ersetzen", so die beiden Chefverhandler für die Metallindustrie, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). Jährliche Kollektivvertragsverhandlungen hätten sich bewährt. Für Änderungen gebe es keinen Grund. "Die Gewerkschaften werden den Lohndumping-Fantasien nicht nachgeben", so Dürtscher und Binder.

ribbon Zusammenfassung
  • Die kommenden Jahre werden nicht so gut, wie das Wifo bisher gehofft hat.
  • Die Industriellenvereinigung bremst deshalb vorsorglich schon einmal die Erwartungen für die nächsten KV-Verhandlungen.
  • Bei den Gewerkschaften ist man wenig amüsiert und wirft der IV Lohndumping-Fantasien vor.