VW-Krise könnte massive Folgen für Österreich haben
In Steyr produziert BMW Motoren, mit AVL sitzt in Graz das weltweit größte Unternehmen für die Entwicklung, Simulation und das Testen von Antriebssystemen. Bei Magna in Graz wird unter anderem für Mercedes die G-Klasse oder für BMW der Z4 gebaut. Auch der E-SUV des inzwischen in die Insolvenz geschlitterten US-Startups Fisker lief dort vom Band.
In der Zulieferindustrie finden sich in Österreich zahlreiche innovative Unternehmen, die einzelne Bauteile und Komponenten für Millionen von Fahrzeugen herstellen. Direkt oder indirekt hängen hierzulande rund 350.000 Jobs am Auto. 2022 betrug der Produktionswert 28,5 Milliarden Euro, 85 Prozent davon wurden exportiert. Das wichtigste Abnehmerland: Deutschland.
Kahlschlag in der deutschen Autoindustrie
Dort kriselt es aber ordentlich. Bei Volkswagen könnten drei Werke geschlossen werden, zudem sorgen die am Mittwoch bekannt gewordenen Umsatz-Einbrüche für weitere Verunsicherung: Zwei Drittel des Gewinns sind weg, die für Autobauer enorm wichtige Gewinnspanne pro verkauftem Fahrzeug schmilzt dahin.
Auch Mercedes-Benz und BMW sorgten zuletzt für Negativ-Schlagzeilen und schwache Zahlen.
Video: Experte zur Krise bei Volkswagen
Auch große Zulieferer in Deutschland müssen Kahlschläge verkraften. ZF plant, bis zu 14.000 Stellen zu streichen. Bei Continental seien seit Mitte 2023 rund 5.000 Stellen abgebaut worden. Auch bei Bosch fallen tausende Stellen weg.
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Viele Probleme, große Unsicherheit
Die Probleme beim Autobau sind vielfältig. Ein großer Punkt sei aber "der chinesische Markt" - heimische Hersteller haben sich dort in den vergangenen Jahren mit "neuem Selbstbewusstsein" etabliert, sagte Bernhard Katzinger, Motorjournalist beim A&W Verlag, im PULS 24 Interview.
China war für die deutschen Hersteller jahrelang der Wachstumsmarkt Nummer 1. 2023 verkaufte Volkswagen etwa 40 Prozent der Autos im Reich der Mitte, bei BMW war es etwa ein Drittel. Doch dort werden die deutschen Autos immer mehr zu Ladenhütern. Aber auch in Europa läuft es nicht. "Seit Corona haben wir einen schrumpfenden Markt, der sich auch nicht bessern will", so Katzinger.
Auch herrsche laut dem Experten bei der Kundschaft große Verunsicherung. Etwa der aktuelle Umstieg auf die E-Mobilität. Gerade im Hinblick auf VW sei zu hören, "dass das Digital-Thema bei der Elektromobilität misslungen ist". Für Kund:innen in China ist die Software in E-Autos besonders wichtig.
"Natürlich ist man auch, was Batterie-Technologie betrifft, gegenüber anderen Herstellern im Hintertreffen", so Katzinger. Dazu kommen dann noch die jahrelangen Liefer- und Chipkrisen als Folge der Pandemie und die enorm hohe Inflation und das höhere Zinsniveau, das die Finanzierung von Neuwagen per Kredit oder Leasing unattraktiver macht.
Inflation auch ein Problem für Österreich
Die zwei Jahre mit Teuerungsraten von teilweise über zehn Prozent dürften auch die Unternehmen stark getroffen haben. Aus Branchenkreisen heißt es immer wieder, dass man aufgrund der stark gestiegenen Löhne nicht mehr konkurrenzfähig sei.
Zuletzt mussten auch in Österreich schon etliche Jobs gestrichen werden. Bei Steyr müssen 200 Leute gehen, bei Magna dürften 500 Jobs wegfallen. Bei Hirschmann in Vorarlberg werden 100 Stellen eingespart, der Motorenkomponenten-Hersteller Elko König mit 360 Beschäftigten ist in die Insolvenz geschlittert.
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Die Folgen für Österreich
All das bringt die heimische Industrie unter Druck. In der Industrie spricht man generell nicht über seine belieferten Kunden, doch viele der heimischen Betriebe dürften auch Volkswagen als Kunden haben. Wenn dort wirklich drei Werke zugesperrt werden, wird das auch für Österreich spürbare Folgen haben.
"Ich glaube nicht, dass unmittelbar Firmen schließen müssen", meinte Katzinger zu PULS 24. Er fügte aber auch hinzu: "Langfristig ist die Schrumpfung des Marktes natürlich eine Bedrohung für den österreichischen Standort. Wir haben in etwa 350.000 Jobs, die am Auto hängen. Ob das in Zukunft auch noch 350.000 sein werden, ist fraglich."
Ähnlich sieht das Clemens Zinkl, Geschäftsführer der WKO-Sparte "Automotive Zulieferindustrie". "Wir müssen mit einem Beschäftigungsabbau rechnen. Das ist schlimm, weil wir wissen, dass wir die guten Leute nicht mehr wiederbekommen", sagte er der "Kleinen Zeitung".
Zusammenfassung
- Auch ohne eigene Automarke ist Österreich ein Autoland.
- Über 900 Betriebe und 350.000 Jobs beliefern die größten Player der Industrie.
- Die Krise in der Branche trifft somit auch Österreich.
- Welche Folgen das Drama bei VW haben könnte.