Tausende Fälle: Riesigem Baukartell geht es an den Kragen
"Mit den Hausdurchsuchungen hat der Blitz eingeschlagen, das sei aber auch notwendig gewesen", erfuhr Natalie Harsdorf-Borsch, die neue Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), aus der Baubranche, wie sie im "Ö1 Frühjournal" sagt.
Tausende Ausschreibungen manipuliert
Es geht um ein österreichweites Baukartell mit enormen Ausmaßen, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt deshalb seit Jahren: Es geht um illegale Preisabsprachen, Tausende Ausschreibungen sollen manipuliert worden sein - zum Nachteil der Kunden. Betroffen waren größtenteils, aber nicht nur, öffentliche Aufträge. Jahrelang sollen die Beschuldigten zu hohe Scheinangebote abgegeben haben, damit andere Firmen Bauaufträge zu überhöhten Preisen bekommen.
"Ente" war Code für Scheinangebote
Alles begann mit einem Ordner voller Unterlagen 2016 in Kärnten. Inzwischen ist der "rote Ordner" berühmt. Er wurde bei der Firma Kostmann - die spätere eine der Kronzeugenfirmen wurde - gefunden und ließ das Kartell auffliegen. Es gab ein Punktesystem, handschriftliche Notizen und Codewörter. Ente etwa, war das Wort für zu teure Scheinangebote, erklärt Harsdorf-Borsch. Kostmann ist die einzige Firma, die straffrei davonkam, die beiden weiteren Kronzeuginnen, Strabag und Swietelsky zahlten trotz dieses Status hohe Geldstrafen.
Jedes Unternehmen musste wissen wie viel es eingebracht und wie viel sie beim Kartell gut habe. "Das heißt, es stand ein komplexes System dahinter wer welche Ausschreibung gewinnen soll." Dafür habe es dann Abtausche etwa mit Subaufträgen gegeben.
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Geschäftsführern wird Prozess gemacht
Am Dienstag steht ein Meilenstein bevor: Acht Vertretern von sieben Baufirmen wird am Landesgericht Eisenstadt der Prozess gemacht, sechs Geschäftsführern, einem Gesellschafter und einem Baumeister. Insgesamt sollen aber 40 Baufirmen beteiligt sein.
Absprachen, Betrug, Geldwäsche
Den acht Beschuldigten drohen bis zu drei Jahre Haft. Es besteht der Verdacht auf wettbewerbsbeschränkende Absprachen, schweren Betrug und Geldwäsche. Noch ist nicht klar, wie hoch der Schaden wirklich ist, aber es dürfte sich um mehrere Millionen Euro handeln. Rund 40 Privatbeteiligte haben sich dem Verfahren bisher angeschlossen.
Schadenshöhe von bis zu 17 Milliarden
Laut Ö1 ist die Rede von einem Gesamtschaden von 10 bis 17 Milliarden Euro im Kartell-Zeitraum 2002 bis 2017. Gewartet wird laut Ö1 auf ein Gutachten, das den Schaden exakt beziffern soll. Der Anwalt und Kartellrechtsexperte Michael Brand, der dutzende Gemeinden, Wohnbauträger und private Firmen vertritt, die sich geschädigt fühlen, erwartet dieses noch vor Ostern und will danach Klagen einreichen.
Die Schätzung zum extrem hohen Schaden kommt unter Bedachtnahme internationaler Studien zustande, die besagen, dass sich Kartelle für die Teilnehmer nur auszahlen, wenn sich die Einnahmen für die Firmen um auf 15 bis 20 Prozent erhöhen, hieß es im ORF-Radio Ö1.
180 Millionen Strafe
Bisher gab es Geldbußen in Höhe von 180 Millionen Euro. Hätte man nicht immer wieder zum Schein mitgeboten, wäre man nicht mehr zu anderen Angebotslegungen eingeladen worden, argumentiert ein Anwalt von zwei Angeklagten
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Gegen über 200 Beschuldigte laufen noch Ermittlungen, anfangs standen 873 Beschuldigte im Visier der WKStA.
Neun Urteile des Kartellgerichts gibt es bereits, fünf Verfahren sind am Laufen. Gegen 13 Unternehmen liegen Beweise vor. Damit ist die Causa aber noch lange nicht abgeschlossen. "Einiges wird noch kommen", warnt die BWB-Chefin.
Zusammenfassung
- Absprachen, Betrug, Geldwäsche: Die WKStA ermittelt seit Jahren gegen ein österreichweites Baukartell, der Schaden soll in die Millionen gehen.
- Es geht um illegale Preisabsprachen, Tausende Ausschreibungen sollen österreichweit manipuliert worden sein - zum Nachteil der Kunden.
- Am Dienstag steht ein Meilenstein bevor: Acht Vertretern von Baufirmen wird am Landesgericht Eisenstadt der Prozess gemacht, sechs Geschäftsführern, einem Gesellschafter und einem Baumeister.
- Insgesamt sollen aber 40 Baufirmen beteiligt sein, es wurden bereits Strafen in Millionenhöhe verhängt.
- Den acht Beschuldigten drohen bis zu drei Jahre Haft. Es besteht der Verdacht auf wettbewerbsbeschränkende Absprachen, schweren Betrug und Geldwäsche.
- Laut Ö1 ist die Rede von einem Gesamtschaden von 10 bis 17 Milliarden Euro im Kartell-Zeitraum 2002 bis 2017.