APA/ROBERT JAEGER

Doskozil und Kunasek gemeinsam gegen Kaputtsparen beim Heer

Die jüngsten Reformpläne fürs Bundesheer haben eine durchaus ungewöhnliche Allianz hervorgebracht: Die früheren Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil (SPÖ) und Mario Kunasek (FPÖ) traten nun gemeinsam mit Ex-Generalstabschef Edmund Entacher auf den Plan, um gegen die aktuelle Ressortchefin Klaudia Tanner (ÖVP) und das "Kaputtsparen" des Heeres zu wettern. Tanner sei rücktrittsreif, finden sie.

Das Bundesheer werde "kaputtgespart", kritisierte Doskozil bei der gemeinsamen Pressekonferenz am Montag in Wien. Dass notfalls etwa die NATO helfen könnte, lässt der burgenländische Landeshauptmann nicht gelten: "Ich glaub, die Frau Bundesministerin weiß nicht, was es heißt, ein souveräner Staat zu sein." Überhaupt gebe es, wie er aus dem Heer höre, seitens der Ressortführung keine Kommunikation mit dem Generalstab, sei es zur geplanten Strukturreform oder der Luftraumüberwachung, erklärte Doskozil. Lediglich ein kleiner Kreis an Kabinettsmitarbeitern, die teilweise nicht einmal einen Bezug zum Heer hätten, machten sich Gedanken, wie es mit dem Bundesheer weitergehe - "das ist aus meiner Sicht nicht tragbar".

Doskozil forderte Tanner auf, "sie soll sich endlich ganz klar dazu erklären, was will sie mit dem Österreichischen Bundesheer". Ihm fehlt bei der aktuellen Ressortchefin "Leadership" - "zum jetzigen Zeitpunkt ist sie rücktrittsreif". Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) müsse sich endlich etwas überlegen, meint Doskozil. Er erwarte sich vom Kanzler eine Erklärung, immerhin habe sich dieser "über Jahre die Sicherheitspolitik an die Fahnen geheftet". Viel Hoffnung hat er aber nicht, denn in Wirklichkeit interessiere es niemanden in dieser Bundesregierung, was mit dem Bundesheer weiter passiere.

Genauso sieht das Kunasek, der Verteidigungsminister unter Türkis-Blau war. Man habe damals eigentlich festgelegt, dass beim Bundesheer nicht gespart werden soll, ein paar Wochen später sei das Papier dann nichts mehr wert gewesen - erst bei einem Gespräch mit dem damaligen Regierungskoordinator Gernot Blümel, bei dem er mit seinem Rücktritt gedroht habe, habe er mehr Geld fürs Heer heraushandeln können, erzählte Kunasek: "Innerhalb der ÖVP interessiert sich für das Thema Bundesheer und Landesverteidigung eigentlich niemand."

In Wahrheit bräuchte es ein Regelbudget von zumindest drei Milliarden Euro jährlich und natürlich Sonderinvestitionen für große Beschaffungen, forderte Kunasek. Tanner verbreite zudem "Unwahrheiten", meinte Kunasek, etwa dass die Kommission im Heer unter ihm festgestellt hätte, man solle keine Unterschalljets als Ersatz für die alten Saab nachbeschaffen. Auch bei der Nachbeschaffung von Hubschraubern sei Tanner "säumig".

Eigene Versäumnisse bei der finanziellen Ausstattung des Bundesheers sehen die Ex-Verteidigungsminister nicht. Für den früheren Generalstabschef Entacher ist es auch gar nicht so wichtig, wer am Zustand schuld ist, es ist für ihn schlicht "glasklar", dass das Heer einfach mehr Budget brauche. Die Politik habe mittlerweile die "Weltmeisterschaft" erreicht "in Ausreden" - mal sei Österreich von Freunden umzingelt, dann gebe es wieder keine Panzerschlachten mehr. Dabei sei Landesverteidigung eigentlich leicht zu erklären: Bei jedem europäischen Konflikt sei Österreich allein geografisch betroffen, gab Entacher zu bedenken. Es spitze sich alles auf eine Frage zu: "Wollen wir, dass Österreich in der Lage ist, sich zu verteidigen - ja oder nein?"

Wenn man sich nicht vorbereite, werde man im Notfall auf den Schalter drücken und dann werde nichts passieren - ein vernünftiger Mensch könne das nicht wollen, ist sich Entacher sicher. Man dürfe sich keine Illusionen machen, Hilfsleistungen wie beim Hochwasser 2002 oder den Schneekatastrophen 2005/2006, "das kann das heutige Bundesheer nicht mehr". Entacher ortet ein "echtes Zerstören von Strukturen". Ob man bei Cyberdefense oder der ABC-Abwehr besser werde, werde man erst sehen, wenn tatsächlich investiert werde. Und auch für die Miliz gebe es "viele Sonntagsreden", aber die aus seiner Sicht notwendige Übungspflicht für die Verbände komme erst wieder nicht.

Der ungewöhnliche Auftritt könnte übrigens nicht der letzte seiner Art gewesen sein. Zu viel will Doskozil allerdings auch wieder nicht in die gemeinsame Pressekonferenz mit einem Blauen hineininterpretiert wissen. Es gehe nicht um eine Koalition, sondern er pflege mit jeder Partei, die auch im Landtag vertreten sei, einen ordentlichen Umgang. "Mir geht es um die Sache", versicherte er.

Die ÖVP konterte umgehend auf die Kritik der früheren Verteidigungsminister. Deren gemeinsame Pressekonferenz sei eine "intrigante und leicht durchschaubare Inszenierung", befand die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gabriela Schwarz. Doskozil lenke lediglich von seiner Verantwortung im Mattersburger Bankenskandal ab. "Die Allianz Doskozil-Kunasek ist an Absurdität wohl kaum zu überbieten, da beide für die aktuelle schwierige finanzielle Situation des österreichischen Bundesheeres verantwortlich sind", so Schwarz. Doskozils Verhalten sei eines Landeshauptmannes nicht würdig.

ÖVP-Wehrsprecher Michael Hammer echauffierte sich ebenfalls über die "Ablenkungs-Pressekonferenz", diese sei eine "Farce" und "der Gipfel am Eisberg der Showpolitik". Beide hätten genug Zeit gehabt, ihre Forderungen, die sie jetzt an Tanner richten, selbst umzusetzen, erinnerte Hammer. Doskozil und Kunasek seien "Veteranen des Scheiterns".

Auch Ex-Verteidigungsminister Werner Fasslabend (ÖVP) rückte zur Verteidigung Tanners aus. Er zeigte sich in einer Stellungnahme gegenüber der APA "persönlich enttäuscht und befremdet, dass zwei ehemalige Minister versuchen, politisches Kleingeld aus der schwierigen Situation des Österreichischen Bundesheeres zu machen".

"Für mich wirkt die heutige Pressekonferenz so als würden die beiden Herren probieren mit einer billigen Polemik von ihren Problemen an anderen politischen Fronten abzulenken." Das Bundesheer brauche die Unterstützung aller, die an der Sicherheit Österreichs interessiert seien und nicht eine Politshow", so Fasslabend.

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  • Doskozil lenke lediglich von seiner Verantwortung im Mattersburger Bankenskandal ab.