APA/HELMUT FOHRINGER

René Benko: Von der Signa-Pleite zur Festnahme

23. Jan. 2025 · Lesedauer 7 min

Am 29. November 2023 fiel das Kartenhaus, das René Benko über Jahre hinweg aufgebaut hat, zusammen. Mit der Signa Holding schlitterte die erste zentrale Gesellschaft in dem Firmen-Dickicht in die Pleite. Es sollten unzählige weitere folgen. Am 23. Jänner 2025 wurde Benko schließlich festgenommen - gegen ihn gibt es mittlerweile zahlreiche strafrechtliche Vorwürfe. Ein Auszug aus dem, "was bisher geschah".

Über Monate hinweg braute sich ein Sturm zusammen. Zunächst gab es im Sommer 2023 Berichte darüber, dass die Europäische Zentralbank Sonderprüfungen bei Banken mit Signa-Krediten durchführen lässt. Schon zuvor gab es erste Berichte über Milliarden-Schulden. Noch im Oktober sprach ein hochrangiger Bank-Manager von einer "modernen Hexenjagd". 

Im Herbst flog dann die Sporthändler-Tochter Signa Sports United (SSU) auseinander, die Baustelle des Hamburger Elbtowers stand plötzlich still. Doch selbst das waren nur die Vorboten auf das, was noch kommen sollte.

Anfang November 2023 musste Benko seinen Vorsitz im Signa-Beirat räumen. Auf Druck der Investoren hin gab er seinen Sessel an den Sanierer Arndt Geiwitz ab. Dieses informelle Gremium gibt es inzwischen nicht mehr, auch Geiwitz dürfte nach nicht einmal vier Wochen wieder von Bord gegangen sein. 

Am 29. November 2023 ging dann die richtige Pleitewelle los. Die Signa Holding meldete Insolvenz an. In dem Firmenkonstrukt, das "deutlich über 1.000 Steuernummern" umfasst, wie es ein Finanzbeamter später in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss sagen sollte, war die Holding zentrale Schaltstelle. 

Im September 2024 lagen die Forderungen gegenüber der Signa Holding bei über 7,7 Milliarden Euro – allein damit reichte es schon für die mit Abstand größte Pleite der österreichischen Geschichte. 

Es sollten noch viele weitere folgen. Zwei weitere Leuchttürme meldeten noch vor Ende des Jahres Insolvenz an: Die Signa Prime und die Signa Development. Sie bündelten die besten Immobilien aus dem Portfolio. 

Die Forderungen gegenüber der Signa Prime liegen bei über 12 Milliarden Euro. Bei der Development ist es etwas weniger.

Rund um die beiden Töchter folgten monatelange Rechtsstreitigkeiten. Zunächst übernahmen Treuhänder die Kontrolle, um die Sanierung über die Bühne zu bringen. Sanierungspläne wurden in der Folge jedoch gekippt. Bei der Signa Prime stand dann im Oktober 2024 fest: Aus der Sanierung wird ein Konkurs. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) nach Einspruch der Republik Österreich setzte schließlich den letzten Todesstoß. 

Pleiten im dreistelligen Bereich

In der Zwischenzeit gingen noch viele weitere Firmen pleite. In dem völlig undurchsichtigen Konstrukt ist es von außen kaum möglich, einen Überblick zu behalten. Die Pleiten-Zahl ist jedoch schon deutlich im dreistelligen Bereich. 

Die Gesellschaften hatten teils klangvolle Namen wie SDS M2 2026 GmbH (200-Millionen-Pleite) oder wurden mit dem NATO-Alphabet durchnummeriert. Aus der Signa Lima wurde dann später die Signa SFS Austria GmbH. Die verrechnete Ex-Kanzler Sebastian Kurz ein Millionenhonorar, aufgrund der Pleite dieser Gesellschaft verzichtete Kurz schließlich darauf.

Weitere Milliardenpleiten kamen beispielsweise durch die Signa Retail GmbH (rund 1 Milliarde) oder die Signa Prime Holding GmbH (knapp 1,3 Milliarden) zustande.

Insolvenz von Benko selbst

Im März rutschte auch Benko persönlich als Unternehmer in die Pleite. Im Zuge des Verfahrens gab er an, auf die finanzielle Hilfe seiner Mutter angewiesen zu sein und rund 3.700 Euro im Monat zu verdienen. Die finanzielle Hilfe geht so weit, dass die Mutter auch die Miete für Benkos Prunk-Villa in Innsbruck-Igls zahlt. Laut "Standard" immerhin stattliche 238.500 Euro - pro Monat. 

In diesem Verfahren wurden ebenfalls zwei Milliarden Euro gefordert, aber nur ein Bruchteil anerkannt. Im Zuge dieses Gerichtstermins zeigte sich Benko auch erstmals wieder in der Öffentlichkeit.

Video: Benkos erster Auftritt seit der Pleite

Sträfliches Schweigen im U-Ausschuss

Dabei hätte er gar nicht anwesend sein müssen. Er wäre allerdings zeitgleich im Wiener Parlament im U-Ausschuss geladen gewesen, sagte dafür jedoch ab, weil er ja einen Gerichtstermin hatte. 

Diesem COFAG-U-Ausschuss, der eher zu einem Benko-U-Ausschuss mutierte, konnte er dann allerdings doch nicht ganz fernbleiben. Er kam zum letztmöglichen Zeitpunkt, sah und sagte in den entscheidenden Punkten wenig. 

So wenig, dass das Bundesverwaltungsgericht wegen Aussageverweigerung eine Beugestrafe von 700 Euro verhängte

Video: René Benko im U-Ausschuss

Das Rätsel um die Privatstiftungen

An den Stiftungen in Benkos Umfeld beißen sich Gläubiger, Ermittler und Insolvenzverwalter gleichermaßen die Zähne aus. Dort vermuten sie beträchtliches Vermögen. Da sie aber auf Benkos Mutter laufen, gab es bislang keine Möglichkeit, darauf Zugriff zu bekommen. 

Benko-Masseverwalter Andreas Grabenweger erwirkte zwischenzeitlich eine einstweilige Verfügung, mit der die Vermögen der Laura- und der Ingbe-Privatstiftung (benannt nach Benkos Mutter und Tochter) "praktisch eingefroren" wurden - das Oberlandesgericht Innsbruck hob diese jedoch im Juli auf. 

Die Familie Benko Privatstiftung ging im März ebenfalls pleite. Auch hier fordern Gläubiger rund zwei Milliarden Euro. Interessanter Nebensaspekt: René Benko schuldet seiner eigenen Stiftung rund 22 Millionen Euro. 

Ermittlungen, Hausdurchsuchungen und SOKO Signa

Die diversen Pleiten riefen auch etliche Ermittler und Staatsanwaltschaften auf den Plan. Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland und Liechtenstein und Italien wird ermittelt – teils auch gegen René Benko persönlich. In Italien werden Benko sogar mafiöse Machenschaften vorgeworfen - ein entsprechender Haftbefehl wurde in Österreich aber nicht vollstreckt. Im Bundeskriminalamt wurde dafür sogar eine eigene Sonderkommission ins Leben gerufen: die SOKO Signa. Im Frühling war die Rede von bis zu 40 Ermittler:innen. 

Ende Juni stand dann auch die Polizei vor der Tür von Benkos Villa in Igls. Durchgeführt wurde die Hausdurchsuchung von der SOKO Signa, bestätigte die WKStA später. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und betrügerische Krida.

Video: Hausdurchsuchungen bei Benko

In Luxemburg soll es rund um ein mutmaßliches Tauschgeschäft von Luxus-Villen am Gardasee zu Durchsuchungen gekommen sein, im September gab es im "Upper West" in Berlin eine Razzia wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung. 

Signa-Ramsch wurde versteigert

Das Drama rund um Benko sorgte aber auch für so manche Absurditäten. Um Geld zu beschaffen, wurde allerlei Inventar aus Signa-Büros versteigert. Vom üppigen Konferenztisch bis hin zum Kleiderbügel. Am heißesten wurden jedoch die Signa-Türmatten oder eine Signa-Schneekugel gehandelt. Ein Signa-Monopoly ging um hunderte Euro weg. 

Bilder von der Signa-Versteigerung:

1.600 Euro waren dem Höchstbietenden der Fußabstreifer wert. Der entpuppte sich dann noch als Promi. "Pizzera & Jaus"-Sänger Paul Pizzera schnappte sich das gute Stück, weil er es für das Musikvideo des "Aut of Orda"-Songs "Life's a party" brauchte. 

Aufregung um Jagd-Ausflug

Auch aus Benkos privatem Fundus konnte man sich bedienen. So wurde eine Weinsammlung versteigert, man konnte im Herbst aber auch noch für seine Manschettenknöpfe, sein Mountainbike oder seinen Jetski mitbieten.

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Für Aufregung sorgte dann noch ein Jagdausflug mit Georg Dornauer (SPÖ) und ein gemeinsames Foto mit einem erlegten Hirsch. Dornauer musste daraufhin als Landeshauptmannstellvertreter Tirols zurücktreten. 

Vor Kurzem wurde bekannt, dass die Laura Privatstiftung das Gemälde "L'Étreinte" von Pablo Picasso um 11 Millionen Euro verkaufte - weit unter dem eigentlichen Wert. 

Video: Ein Stück Signa ergattern

Vorläufiger Höhepunkt: Festnahme

Bis die Ausmaße und Hintergründe des Milliarden-Desasters rund um die Signa aufgeklärt sind, werden jedenfalls noch Jahre vergehen. Was davon unternehmerischer (Über)mut war und was strafrechtlich relevant, werden Ermittler, Insolvenzverwalter, Anwälte und Gerichte in langwierigen Prozessen klären. Strafrechtliche Vorwürfe hat Benko stets zurückgewiesen.

Am 23. Jänner 2025 gipfelte die Causa jedoch mit der Festnahme Benkos in einem vorläufigen Höhepunkt: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) macht Benko schwere Vorwürfe und sieht Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr. Ob Untersuchungshaft beantragt wird, war vorerst unklar. 

René Benko in Innsbruck festgenommen

PULS 24 Reporter Paul Batruel mit den aktuellen Informationen.

Zusammenfassung
  • Am 29. November 2023 fiel das Kartenhaus, das René Benko über Jahre hinweg aufgebaut hat, zusammen.
  • Mit der Signa Holding schlitterte die erste zentrale Gesellschaft in dem Firmen-Dickicht in die Pleite.
  • Es sollten unzählige weitere Folgen.
  • Auch ein Jahr später ist man noch weit von einer Aufklärung entfernt. Am 23. Jänner 2025 gipfelte die Causa jedoch mit der Festnahme Benkos in einem vorläufigen Höhepunkt.
  • Ein Auszug aus dem, "was bisher geschah".