Raiffeisen und die Cashcow Russland: Ausstieg nicht mehr ausgeschlossen
"Diese noch nie dagewesene Situation veranlasst die RBI, ihre Position in Russland zu überdenken", so Bankchef Johann Strobl. Vor einigen Wochen war der Tenor aus der Chefetage noch ein anderer. "Die Raiffeisen Bank International hat keine Pläne Russland zu verlassen", hieß es beispielsweise Anfang März. Auch in einem Analystencall vor einigen Wochen betonte Strobl mehrmals, dass er kein Szenario sehe, in dem die RBI Russland verlässt. Nun ist ein Verkauf oder gar ein Exit der Raiffeisen aus Russland aber nicht mehr ausgeschlossen.
RBI-Ausstieg "letzter Ausweg"
Die russische Raiffeisen-Tochter will indessen weiterhin auf dem russischen Markt tätig sein - unabhängig von der Entscheidung der Mutter. Der Ausstieg der RBI sei "ein letzter Ausweg", hieß es. Eine endgültige Entscheidung gebe es aber noch nicht. Die Geschäfte würden aber in vollem Umfang aufrechterhalten werden und man könne die lokalen Kunden weiter bedienen.
Man werde alle Optionen ergebnisoffen prüfen, hieß es von der RBI in Wien. "Es gibt keine Vorfestlegung." Die RBI und ihre Töchter würden jedenfalls laut Aussendung weiterhin "in Übereinstimmung mit den lokalen und internationalen Sanktionsgesetzen" agieren. Zudem wies die RBI darauf hin, dass die Töchter eigenfinanziert und gut kapitalisiert seien.
Cashcows Russland, Ukraine, Belarus
Raiffeisen ist seit mehreren Jahrzehnten stark in Russland investiert. Die Region Russland, Ukraine und Weißrussland gilt als Cashcow für die Bank. Das Geschäft in Russland machte zuletzt fast ein Drittel des Nettogewinns der Gruppe aus. In der gesamten Region "Osteuropa", die Russland, Weißrussland und die Ukraine umfasst, hat die RBI laut Geschäftsbericht für 2021 rund 600 Mio. Euro Gewinn gemacht. Das entspricht knapp der Hälfte des im Vorjahr erzielten Konzerngewinns von 1,37 Mrd. Euro.
Milliarden Euro, Tausende Mitarbeiter
Zudem hat die RBI in Russland 2,4 Mrd. Euro an Eigenkapital stecken. Das Kreditvolumen liegt bei 11,6 Mrd. Euro, davon sind in etwa 473 Mio. Euro von den Sanktionen gegen Russland betroffen. Das Gesamtexposure beziffert die Bank auf 22,9 Mrd. Euro. In Russland hat die RBI derzeit rund 9.000 Mitarbeiter.
Wie es mit dem Geschäft in der Ukraine weitergeht, dazu wollte sich die Bank heute noch nicht äußern. Die Filialen seien dort "wo es die Situation zulässt" noch offen, sagte eine Sprecherin zur APA. Insgesamt beschäftigt die RBI 6.600 Mitarbeiter in der Ukraine, nicht alle seien aber mehr im Land, einige würden mittlerweile auch von anderen Ländern aus arbeiten. Das Exposure der RBI in der Ukraine liegt bei 4,4 Mrd. Euro. Das Kreditvolumen beläuft sich auf 2,2 Mrd. Euro und das Eigenkapital auf 320 Mio. Euro.
Zusammenfassung
- Der Ukraine-Krieg bereitet der Raiffeisen Bank International (RBI) zunehmend Sorgen.
- In den vergangenen Wochen hieß es immer wieder, dass man in Russland bleiben wolle.
- Am Donnerstag kündigte das Institut an, nun doch alle Optionen zu prüfen - "bis hin zu einem sorgfältig gesteuerten Ausstieg aus der Raiffeisenbank in Russland".
- "Diese noch nie dagewesene Situation veranlasst die RBI, ihre Position in Russland zu überdenken", so Bankchef Johann Strobl. Vor einigen Wochen war der Tenor aus der Chefetage noch ein anderer.
- Die russische Raiffeisen-Tochter will indessen weiterhin auf dem russischen Markt tätig sein - unabhängig von der Entscheidung der Mutter. Der Ausstieg der RBI sei "ein letzter Ausweg", hieß es.
- Raiffeisen ist seit mehreren Jahrzehnten stark in Russland investiert. Die Region Russland, Ukraine und Weißrussland gilt als Cashcow für die Bank. Das Geschäft in Russland machte zuletzt fast ein Drittel des Nettogewinns der Gruppe aus.