Peter Thiel: Wer ist Kurz' neuer Arbeitgeber?
Österreichs ehemaliger Bundeskanzler Sebastian Kurz braucht einen neuen Job. Aus familiären Gründen, aber auch weil gegen gegen ihn ermittelt wird, zog er sich aus der Politik zurück. Nun geht es in die USA - zu Peter Thiel, wie er der "Kronen Zeitung" bestätigte.
Dass es Kurz direkt zum Datenanalyse-Unternehmen und Technologie-Zulieferer für Geheimdienste Palantir zieht, wie von Medien berichtet, galt als unwahrscheinlich. Palantir ist an der Börse - die Ermittlungen gegen Kurz würden den Compliance-Regeln widersprechen. Dass Kurz zu Palantir-Mitgründer Peter Thiel wechselt, galt hingegen als wahrscheinlich. Die beiden pflegen schon länger Kontakt und so manch Gemeinsamkeit.
Milliardär Peter Thiel unterstützte den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, ist libertär und konservativ, dem rechten Parteiflügel der Republikaner zuzuordnen. Ihm wird nachgesagt, das Denken im Silicon Valley verändert zu haben - mit seinem Faible für Monopole und seiner teilweisen Ablehnung gegenüber dem freien Markt.
Frühe Investitionen in Facebook und Cannabis
Thiel ist 54 Jahre alt, gründete gemeinsam mit Elon Musk, David O. Sacks und Max Levchin den Online-Bezahldienst PayPal, war der erste Kapitalgeber von Facebook und investiert weltweit in Unternehmen - bevorzugt im (Bio-) Technologiebereich. Aber auch schon in Cannabis.
Er wollte eigentlich Anwalt werden, studierte auch Philosophie, gründete während des Studiums in Stanford eine Zeitschrift, war Schachspieler, hat drei Staatsbürgerschaften (USA, Deutschland und Neuseeland) und ist verheiratet mit dem wenig bekannten Matt Danzeisen. Die Zeremonie fand laut "Daily Mail" 2017 in Österreich statt.
In diesem Jahr wurde Sebastian Kurz erstmals Bundeskanzler - in dieser Rolle traf er Thiel 2019 bei einer Reise ins Silicon Valley. Im Herbst 2021 sollte Kurz in Berlin sogar eine Laudatio auf den Investor halten. Thiel bekam dort den Frank-Schirrmacher-Preis verliehen - er soll Kurz gebeten haben, ihm den Preis zu übergeben, weil die beiden "gut bekannt" sind. Die Hausdurchsuchungen bei der ÖVP kamen dazwischen.
Innovation gegen düstere Szenarien
Thiel bekam den Preis dennoch verliehen und offenbarte in seiner Rede einiges über sein Weltbild. Dieses Weltbild scheint düster zu sein, es ist einfach und gleichzeitig widersprüchlich. In seiner Rede schilderte der 54-Jährige drei Szenarien für die Zukunft: "Hinter der Tür Nummer eins: islamische Theokratie, jede Frau ist gezwungen, eine Burka zu tragen. Hinter der Tür Nummer zwei: chinesischer Überwachungskommunismus, jede Bewegung von jeder Person wird jederzeit von einer zentralen KI (künstliche Intelligenz, Anm.) registriert. Schließlich, hinter der Tür Nummer drei: Gretas (Greta Thunberg, Anm.) grüne Zukunft, jeder fährt Fahrrad."
All diese Szenerien will Thiel nicht. Er ortet einen Kulturkampf, der individuelle Freiheiten abschaffen könnte und bedient sich Feindbildern, die typisch für erzkonservative Republikaner sind. Echte Gegenmodelle liefert Thiel nicht - einen vagen Ausweg scheint er aber in der Neugestaltung der Welt mit der Hilfe von technologischem Fortschritt zu sehen.
Thiel engagierte sich laut "Manager Magazin" zwischenzeitlich für neue Staaten auf künstlichen Inseln, eine angeblich lebensverlängernde Bluttherapie und besitzt in Neuseeland einen riesigen Grund namens "Utopia", wo er "im Katastrophenfall" hinziehen will.
Sebastian Kurz wollte zumindest im Zusammenhang mit dem Klimawandel auf Innovation und nicht auf Gesetze setzen.
Wie denkt Thiel?
Geboren wurde Thiel 1967 in Frankfurt am Main, sein Vater war Bergbauunternehmer, zieht mit der Familie in die USA und dann nach Südafrika und ins heutige Namibia. 1977 kehrt die Familie, die als konservativ-christlich beschrieben wird, in die USA zurück. Thiel studiert an der Eliteuniversität Stanford Philosophie und Jus.
Während des Studiums gründete Thiel die konservativ-libertäre Zeitung "The Stanford Review". Die Texte verstießen gezielt gegen die "Political Correctness", liberale Professoren wurden als "Marxisten" bezeichnet, sexuelle Übergriffe an der Universität verteidigt. Laut einer kürzlich erschienenen Biografie von Max Chafkin, an der Thiel nicht mitarbeiten wollte, soll er zu dieser Zeit zwei Studenten berichtet haben, dass das Apartheid-System in Südafrika funktioniere. Das bestreitet Thiel heute.
Als sicher gilt, dass Thiel zu dieser Zeit ein Netzwerk aus Konservativen errichtete, das noch heute besteht. An der Zeitung arbeitete etwa auch David O. Sacks mit, der später ebenfalls bei der PayPal-Gründung dabei war und unter anderem in Uber, Facebook und Palantir investierte. Zusammen brachten sie nach dem Studium das Buch "The Diversity Myth" heraus - ein Buch über einen angeblichen Kulturkampf und gegen Multikulturalismus. 2009 schrieb er, dass er Freiheit und Demokratie nicht mehr für vereinbar halte. Von Spenden an Politiker hielt ihn das nicht ab.
Thiel und die Republikaner
Im US-Präsidentenwahlkampf 2012 spendete Thiel 2,6 Millionen Dollar an Ron Paul. Auch die rechtspopulistische Tea Party Bewegung stand auf seiner Spendenliste. Gute Kontakte pflegt Thiel zur rechtsextremen Alt-Right-Bewegung und dem "Breitbart"-Universum von Steve Bannon. 2016 spendete Thiel schließlich 1,25 Millionen US-Dollar für den Wahlkampf Donald Trumps. Während der Präsidentschaft galt Thiel als sein Berater.
"Und wenn man einem Land vermitteln will, dass es sich im Niedergang befindet, gleichzeitig aber gewählt werden will, muss man das womöglich auf eine derart provokative Weise (wie Trump, Anm.) tun. Eliten neigen zur Selbstzufriedenheit, klopfen sich gegenseitig auf die Schultern. (...) Wenn Stagnation herrscht, ist es weitab von der Wahrheit und gefährlich", sagte Thiel im Oktober der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" über die Präsidentschaft Trumps.
Bei der Senatswahl im November half Thiel mit jeweils zehn Millionen US-Dollar zwei republikanischen Außenseitern. In Ohio unterstützte er die Kandidatur seines Ex-Mitarbeiters James Vance. In Arizona unterstützte Thiel Blake Masters, der zu seinem engsten Führungszirkel gehört und sein Investment-Buch "Zero to One" mit herausgab.
Widersprüchliche Angaben
Thiel schafft mit seinem Wirken einen einzigartigen Spagat: Er ist Vorbild für die moderne Tech-Bubble und gleichzeitig reaktionärer Republikaner. Thiel ist ein Libertärer, der den Einfluss des Staates so gering wie möglich halten möchte, schwört dem freien Markt aber dennoch ab: "Wettbewerb ist etwas für Verlierer", schrieb Thiel in "From Zero to One", das laut "netzpolitik.org" erheblichen Einfluss auf das Silicon Valley hat. Freier Wettbewerb senke die Profite, so Thiel, Firmengründer sollten daher nach Monopolen streben und ihre Konkurrenten aufkaufen.
Er lehnt den Einfluss des Staates ab, verkauft ihm mit Palantir aber Big-Data-Tools und beklagte sich 2016 über zu wenig Investitionen ins Militär. Er ist Milliardär, hat in Stanford studiert und unterstützte Trump, weil dieser gegen die Eliten antrat. Widersprüche über Widersprüche.
Thiel und das Geld
Aber woher kommt nun eigentlich das Geld? So richtig angefangen hat alles mit PayPal, das Thiel mit Max Levchin 1998 gründete. Er fusionierte mit Elon Musks "X.com", dessen Führungsstil aber zu einem Bruch führte. Musk wurde ausgeschlossen, Thiel verkaufte PayPal an eBay. Der Erlös: 55 Millionen Dollar.
2003 folgt die Big-Data-Firma Palantir, die Software auch an Geheimdienste liefert. 2004 steigt Thiel als erster Investor beim Start-up Facebook ein und gilt noch heute als wichtiger Berater Mark Zuckerbergs. 2016 schätzte "Forbes" das private vermögen Thiels auf 2,7 Milliarden US-Dollar.
Seine Unternehmen haben oder hatten unter anderem Beteiligungen an Spotify und Airbnb. Thiel investierte aber auch in den Cannabismarkt, finanzierte die Komödie "Thank you for Smoking" und fördert junge Technologieunternehmen. Zuletzt unterstützte er etwa die österreichische Investmentplattform Bitpanda. Vielleicht wird der einflussreiche Investor dabei bald von Sebastian Kurz unterstützt.
Zusammenfassung
- Peter Thiel ist Großspender der Republikaner, erfolgreicher Investor und Milliardär. Er gründete PayPal, war der erste Kapitalgeber Facebooks und verdient Geld mit Geheimdienst-Software. Wer ist der neue Arbeitgeber von Sebastian Kurz?