Lebensmittel in Österreich 13 Prozent teurer als in Deutschland - Woran liegt das?
"Ein Produkt, zwei Preise" lautet die Überschrift eine Studie, in der Preisunterschiede in der Österreich-deutschen Grenzregion untersucht wurden.
Das von der Europäischen Zentralbank koordinierte Forschungsprojekt fand heraus, dass Supermarktpreise in Österreich bei gleicher Produktauswahl in Österreich 13 Prozent teurer sind. Die drei Autor:innen der Studie zeigen, dass sogar auf Supermarktketten zutrifft, die in beiden Ländern die gleichen Produkte verkaufen.
Normalerweise - so die Autor:innen - könne man diese Preisunterschiede mit Handelshemmnissen wie Zöllen oder Wechselkursen erklären, für Deutschland und Österreich gilt das aber bekanntlich nicht. In einer Region, die so vernetzt ist, sollte es so große Preisunterschiede schlicht nicht geben.
Was ist wie teuer?
Untersucht wurden die Preise von Konsumgütern wie Essen oder Körperpflegeartikel zwischen 2008 und 2018. Die Daten dazu stammen von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).
Grundsätzlich sind Supermarkt-Produkte auf österreichischer Seite um 13 Prozent teurer, bei verpackten Lebensmittel ist der Unterschied kleiner, bei Reinigungsmittel etwas größer. Aber woher kommt dieser Unterschied?
Die Konzernsprecherin der Spar-Gruppe, Nicole Berkmann erklärte gegenüber dem "Standard", dass Österreich ein kleiner Markt für internationale Markenkonzerne sei. In Deutschland hätten Händler:innen andere Einstandspreise, weil oft das zehnfache Volumen an Lebensmittel und Drogeriewaren bewegt werde. "Und in einem anderen Land günstiger einzukaufen, erlauben uns Produzenten nicht", erklärt sie.
Rewe-Konzernsprecher Paul Pöttschacher erklärte die Preisunterschiede mit den unterschiedlichen Steuersetzen und anderen Lohnkosten. In Deutschland seien nur ein Drittel der Gehälter über den Kollektivvertrag geregelt, sagt er gegenüber dem Standard.
Handeslverband dementiert
Der Handelsverband weist indes die Kritik an starken Preisaufschlägen bei Lebensmitteln zurück. Bezogen auf die aktuelle Inflation heißt es, die Preise seien zwar deutlich gestiegen, daran seien aber nicht die Lebensmittelhändler schuld, so Verbandsgeschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung. Schuld seien vielmehr höhere Kosten für Energie, Finanzierung, Löhne und landwirtschaftliche Produkte.
Handlungsbedarf sieht der Handelsverband bei anderen Branchen. "Die Energieversorger haben die zuletzt stark gesunkenen Energiepreise an den Börsen bis heute weder an die Haushalte noch an die Handelsbetriebe weitergegeben", heißt es in dem Schreiben.
Rauch sucht das Gespräch
Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) hatte am Montag angekündigt, dieser Tage Vertreter des Lebensmittelhandels zu einem Gespräch einladen zu wollen. Die hohen Preissteigerungen bei Lebensmitteln seien "nicht nachvollziehbar", so der Minister. Das Treffen findet ab 8. Mai statt.
FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch meinte in einer Aussendung, die schwarz-grüne Regierung verspreche Entlastungen, die "nach ein paar medialen Ankündigungen sofort wieder wie Seifenblasen zerplatzen und dabei wird es auch bleiben".
Der Handelsverband verweist auch auf eine Studie der Agenda Austria, wonach die Lebensmittelpreise in Österreich im Jahresabstand weniger stark gestiegen sind als in den meisten anderen EU-Ländern - der Preisanstieg um 14,6 Prozent bei Lebensmitteln war demnach deutlich geringer als etwa in Deutschland, aber auch weniger als in den Nachbarländern Ungarn, Slowakei, Tschechien oder Slowenien.
Klarer Grenzeffekt sichtbar
Mit Blick auf die absoluten Zahlen relativiert sich das Bild allerdings. Laut der oben erwähnten Studie der EZB liege der Aufschlag am häufigsten zwischen 15 und 18 Prozent, wenn man die etwa 14 Prozent aller Produkte außer Acht lasse, die in beiden Ländern gleich viel kosten. Es gebe einen klaren "Grenzeffekt" und eine Profitmaximierung des grenzüberschreitenden Preisunterschieds.
Die Studienautoren Teresa Messner und Fabio Rumler (beide OeNB) sowie Georg Strasser (EZB) zeigen auch, dass die österreichische Topografie und Entfernungen keine Rolle spielen. Denn innerhalb Deutschlands bzw. Österreichs seien die Preise weitgehend einheitlich - es gebe keine Differenzierung je nach Abstand von der Grenze.
Im Gegensatz dazu springen die Preise spürbar an der Grenze - auch bei Handelsketten, die in beiden Ländern aktiv sind. Einzelhändler setzen ihre Preise bewusst nach Landesgrenzen, nicht nach anderen Kriterien, schließt die Studie.
An der Inflation kann es nicht liegen
Während es deutliche Unterschiede im Preisniveau gebe, lägen die jüngsten Preisveränderungen im Schnitt auf ähnlichem Niveau. Das deute auf eine ähnlich hohe Inflation hin.
Der Handelsverband wiederum sieht nur eine Möglichkeit, um die Preise wieder zu senken: "Ein treffsicherer Energiekostenzuschuss." Die Handelsbetriebe blieben aktuell auf den höheren Energiekosten sitzen, da der Energiekostenzuschuss 1 "de facto ein reiner Industriekostenzuschuss" gewesen sei.
Zusammenfassung
- Laut einer neuen Studie sind die Lebensmittelpreise in Österreich um 13 Prozent teurer als in Deutschland.
- Schuld daran will niemand sein.