Inflation: Was Ökonomen seit Monaten fordern
Die Teuerung dürfte noch höher ausfallen als bisher angenommen, warnt WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr am Dienstag. Die vorhergesagten sieben Prozent Preissteigerung dürften wohl übertroffen werden. Er fordert jetzt erneut ein Eingreifen durch die Politik.
Bereits seit Anfang des Jahres warnen Ökonomen vor der anhaltenden Teuerung. Ein PULS 24 Überblick, welche möglichen Maßnahmen sie seit Monaten aufzeigen.
Jänner: 11,2 Prozent Inflation
Im Jänner erreichte die Inflation mit 11,2 Prozent einen Rekordwert, Ökonom Stephan Schulmeister kritisierte: "Das Problem ist, dass die Regierung nicht die Inflation bekämpft, sondern nur die Folgen der Inflation." Er forderte mehr Eingriffe in die Preise, vor allem beim Erdöl und mehr Transparenz bei der Preisgestaltung.
"Zu welchen Kosten hat die OMV Erdöl importiert? Zu welchen wurde es an die eigenen Tankstellen weiterverkauft?", fragt Schulmeister. Einen Konzern, der zum Teil dem Staat gehört, hätte man auffordern können, Kosten zu dokumentieren. "Wenn man das akzeptiert und hier nicht eingreift, sondern sagt, wir holen uns einen Teil durch eine Sondersteuer, liegt man schon vollkommen falsch", kritisierte er politische Entscheidungen.
Februar: 10,9 Prozent Inflation
Ökonomin Heike Lehner kritisierte den negativen Effekt des Gießkannen-Prinzips: Es würden zu viele breite Förderungen vergeben werden, statt konkreten Maßnahmen. Dazu zählen zum Beispiel der Anti-Teuerungsbonus oder der Energiebonus.
EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, warnte, "dass Staaten mit ihren nicht zielgerichteten Maßnahmen aufpassen sollen", sagte Lehner.
Mit diesen Zahlungen sollte die Kaufkraft während der Teuerung aufrechterhalten werden. "Damit bleibt der Konsum weiterhin hoch und die Nachfrage wird weiter angekurbelt", analysierte Lehner. Dadurch kam aber erneut mehr Geld in die Wirtschaft, was wiederum die Inflation ankurbelte. Die EZB müsse dann im Gegenzug die Leitzinsen erhöhen.
Oliver Picek, Ökonom vom Momentum Institut, hatte im Februar die Mietpreisbremse gefordert. Eine Mietpreisbremse wäre "sehr, sehr wichtig". Spanien, Portugal, Frankreich und Dänemark hätten diese bereits und sie würde sehr gut funktionieren.
März: 9,2 Prozent Inflation
Ende März platzten die Verhandlungen zur Mietpreisbremse. Statt dem Eingrenzen der Richtwertmieten einigte man sich auf eine Wohnkostenbeihilfe. "Die Mietpreisbremse nicht einzusetzen, gießt Öl ins Feuer", kritisierte im Anschluss Lea Steininger, Ökonomin der Wirtschaftsuniversität Wien.
Sie forderte im Interview gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation – vor allem in den Bereichen Wohnen und Energie. Österreich sei stark von fossiler Energie abhängig und "Erdölkonzerne können mit dem Preis machen, was sie wollen", sagt die Ökonomin.
Andere Länder in der Eurozone würden das hingegen sehr gut lösen. "Paradebeispiel ist Spanien", sagt sie. Dort ist der öffentliche Nahverkehr gratis und Preisdeckel bei Energiepreisen wurden ausgesprochen.
"Es sollte jetzt besser werden", zeigte sich WIFO-Chef Gabriel Felbermayr Ende März noch optimistisch. Sieben Prozent Inflation prognostizierte das WIFO zu dem Zeitpunkt für das ganze Jahr.
Doch er warnte bereits: "Andere Länder haben sehr viel mehr getan, um die Inflation direkt abzusenken." Man habe zwar über Strompreisbremse und dem Senken von einigen Steuern versucht, etwas zu machen, aber die Gefahr habe bereits bestanden, dass sich die Inflation festsetzt.
Man hätte bei den Mieten und auch bei öffentlich festgesetzten Preisen auf die Bremse steigen können.
Bereits Ende März warnte er vor dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern: "Das ist für den Tourismus keine gute Nachricht."
Er forderte einen Weg, um Löhne und Preise einzubremsen und damit in die Inflationsautomatik einzugreifen. "Das wäre der Weg, um den Ausbruch zu schaffen aus dem ständig inflationstreibenden Zyklus", sagt er.
April: 9,8 Prozent Inflation
Der Ausbruch wurde nicht geschafft. Anfang Mai muss Felbermayer nun erneut warnen: "Die Reise geht leider weiter nach oben", sagte der Wifo-Chef am Dienstagabend im Interview in der "ZiB 2".
Erneut fordert er das Bedienen der richtigen Hebel: Man müsse nun auch über die Senkung von Mehrwertsteuern "ergebnisoffen nachdenken".
Kocher und Brunner wollen nicht eingreifen
Erst am Dienstag hatte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) in einem Interview mit dem "Standard" betont, dass es nicht so viele Bereiche gebe, in denen die Bundesregierung direkt eingreifen könnte, um gegen die Inflation anzukämpfen.
Er denke nicht, dass es ungerechtfertigte Preiserhöhungen gebe. Dass die Inflation in Österreich höher ist als in Deutschland, bereitet dem Minister keine Sorgen. Mit den Einmalzahlungen wolle man sich in Zukunft aber zurückhalten.
Finanzminister Magnus Brunner hat die bisherigen Maßnahmen der Regierung ebenfalls verteidigt. Im Klub der Wirtschaftspublizisten sagt er, Job der Regierung sei es, zu unterstützen, das habe man bereits massiv gemacht.
Zusammenfassung
- Mietpreisbremse, Eingriffe bei Preisen, Senkung der Mehrwertsteuer: Seit Monaten fordern Ökonomen zusätzliche Maßnahmen, die die Teuerung bekämpfen sollen.
- Ein PULS 24 Überblick über die von der Politik nicht umgesetzten Maßnahmen.