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Kein Treibstoff: Klinik in Gaza könnte zu "Massengrab" werden

Angestellte im größten Krankenhaus im Gazastreifen fürchten angesichts versiegender Treibstoffreserven eine Katastrophe.

"Unter dem Strich wird das Shifa-Krankenhaus ein Massengrab werden, wenn ihm der Strom ausgeht", sagte der Arzt Ghassan Abu-Sittah dem US-Sender CNN. Doch die Hamas verwehrt nach Darstellung des israelischen Militärs den Krankenhäusern von ihr gehorteten Treibstoff. Seit Samstag trafen im Gazastreifen nach UNO-Angaben 54 Lastwagen mit Hilfsgütern ein.

Die Hamas habe "mehr als" eine Million Liter Treibstoff gelagert, "gibt diesen aber nicht an bedürftige Krankenhäuser ab", erklärte der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus in der Nacht auf Dienstag auf der Plattform X (Twitter). "Die Hamas ist für das Leid in Gaza verantwortlich, nicht Israel", sagte der Sprecher. Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen beklagen, dass mit den ersten Hilfslieferungen in den Gazastreifen bisher kein Treibstoff in das Gebiet gelangte.

"Lieferungen nicht hilfreich"

"Der Treibstoff, den wir reinbringen wollen, ist der Treibstoff, den (das Palästinenserhilfswerk) UNRWA braucht. Es wird für unsere Operationen sein. Und natürlich muss auch Treibstoff für die Krankenhäuser und so weiter vorhanden sein", sagte UNO-Sprecher Stephane Dujarric am Montag in New York. Die Nachfrage, ob es Israel sei, das die Erlaubnis bisher verweigere, beantwortete er nicht.

Seit Samstag sind im Gazastreifen 54 Lastwagen mit Hilfsgütern eingetroffen - ein Tropfen auf den heißen Stein, wie Tamara Alrifai, die UNRWA-Kommunikationschefin am Dienstag berichtete. Zudem sei nicht der dringend benötigte Treibstoff für Generatoren dabei. Stattdessen seien Reis und Linsen geliefert worden. Dafür brauchten die Menschen aber Wasser und Gas zum Kochen - diese Lieferungen seien nicht hilfreich, sagte Alrifai.

Vor der Eskalation des Konflikts am 7. Oktober seien pro Tag 500 Lastwagen im Gazastreifen eingetroffen, darunter mindestens 100 mit Treibstoff und Nahrungsmitteln, sagte Alrifai. Sie war im UNRWA-Büro in Amman in Jordanien und sprach über eine Videoverbindung mit Reportern in Genf. Die Lieferungen kamen sowohl über israelische Grenzübergänge als auch über den Übergang Rafah aus Ägypten.

Kapazität für 700 Betten, 1.700 Menschen werden versorgt

Die zuständige Cogat-Behörde in Israel warf der Hamas vor, die von ihr gelagerten rund eine Million Liter Treibstoff dafür zu nutzen, um "ihre Terror-Tunnel zu beleuchten, Raketen abzufeuern und für ihre eigenen Häuser" statt der Zivilbevölkerung bereitzustellen. Am Dienstag verbreitete Cogat zudem Aufnahmen auf X, die ein Dutzend Treibstofftanks der Hamas im südlichen Gazastreifen zeigen sollen. Sie sollen demnach "Hundertausende Liter Treibstoff" enthalten. Unabhängig waren die Angaben zunächst nicht zu überprüfen. Der Inhalt der Tanks sowie ein möglicher Füllstand waren auf den Aufnahmen nicht zu erkennen.

Der Arzt Abu-Sittah berichtete CNN am Montagabend (Ortszeit), dass es an grundlegendem medizinischem Material wie etwa Spezialverbänden für Brandwunden mangle. Es komme im Shifa-Krankenhaus schon zu Stromausfällen und der Wasserdruck reiche nicht mehr für den Betrieb der Sterilisierungsmaschinen für das Operationsbesteck, sagte er.

Das Schlimmste aber sei der Platzmangel, so der Arzt. Das Krankenhaus mit einer eigentlichen Kapazität von bis zu 700 Betten versorge gerade 1.700 Menschen, die mit Matratzen auf den Gängen lägen. "Die Situation ist entsetzlich, und wir sind einfach ganz am Ende des Systems, das langsam zusammenbricht", so Abu-Sittah.

ribbon Zusammenfassung
  • Angestellte im größten Krankenhaus im Gazastreifen fürchten angesichts versiegender Treibstoffreserven eine Katastrophe.
  • "Unter dem Strich wird das Shifa-Krankenhaus ein Massengrab werden, wenn ihm der Strom ausgeht", sagte der Arzt Ghassan Abu-Sittah dem US-Sender CNN.
  • Doch die Hamas verwehrt nach Darstellung des israelischen Militärs den Krankenhäusern von ihr gehorteten Treibstoff.
  • Seit Samstag trafen im Gazastreifen nach UNO-Angaben 54 Lastwagen mit Hilfsgütern ein.