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Handelsketten: "Unlautere Praktiken", aber keine Absprachen

Die Lebensmittelketten haben laut Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) nicht versucht, durch die hohe Inflation ihre Gewinnmargen zu erhöhen. Allerdings ortet die BWB am österreichischen Markt unlautere Handelspraktiken im "nicht unerheblichen" Ausmaß.

Warum sind Lebensmittel in Österreich so teuer? Beobachter sprachen in der Vergangenheit vom fehlenden Wettbewerb zwischen Österreichs Einzelhändlern. Die Gewinnmargen der großen Supermarktketten seien vom 2. Halbjahr 2022 bis 2. Halbjahr 2023 "nicht systematisch" angestiegen, berichtet die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) am Freitag in ihrem vorgelegten Bericht. "Insgesamt gibt es keine Hinweise dafür, dass vor dem Hintergrund steigender und hoher Inflation versucht worden wäre, im Untersuchungszeitraum die Handelsspannen zu vergrößern", so die BWB.

Auch in der Landwirtschaft und bei Lebensmittelherstellern orten die Wettbewerbshüter im langjährigen Vergleich keinen auffälligen Anstieg der Gewinnmargen. "Die Analyse zeigt aber mehrere Schwachstellen im Hinblick auf die Wettbewerbssituation", sagte die BWB-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch am Freitag bei der Präsentation der 269-seitigen Branchenuntersuchung in Wien.

Keine direkten Preisabsprachen, aber auch kein Preiskampf

Bei der Pressekonferenz am Freitag sprach BWB-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch davon, dass keine Hinweise auf Preisabsprachen im Sinne eines Preis-Kartells gefunden wurden. Wohl aber gäbe es ein "sogenanntes natürliches Oligopol".

Das heißt, die wenigen marktdominierenden Handelsketten - die "Big Four" Rewe, Spar, Hofer und Lidl - würden gegenseitig die Preise genau beobachten und sofort aneinander anpassen, sobald ein Mitbewerber die Preise ändert - sei es nach unten oder nach oben.

Es gibt daher zwar keine direkten Preisabsprachen, aber auch keinen Preiskampf oder Wettbewerb.

Bei der Pressekonferenz stellte die BWB-Leiterin zahlreiche Empfehlungen vor, um den Wettbewerb im Lebensmittelmarkt anzukurbeln:

  • Erhöhung der Preistransparenz
  • Stärkung des EU-Binnenmarkts
  • Verbesserung der Transparenz bei Lebensmitteln
  • Stärkung des Verbraucherschutzes und keine Irreführung bei Preisnachlässen
  • Rechtssicherheit für Lieferanten durch Schriftform

Für ihre eigene Behörde wünscht sich Harsdorf-Borsch eine verbesserte gesetzliche Grundlage zur Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Maßnahmen aufgrund von Branchenuntersuchungen.

Unlautere Praktiken bei großen Handelsketten

40 Prozent der Lieferanten von Rewe, Spar, Hofer und Lidl gaben im Rahmen der Untersuchung an, dass sie unlautere Handelspraktiken spürten. Das sind in der Untersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde doppelt so viele, wie im direkten Vergleich mit dem Lebensmittelgroßhandel.

Besonders betroffen sehen sich mittelgroße österreichische Unternehmen und Tochtergesellschaften inländischer Konzerne, so die BWB. Die Angaben von Handelsketten und den Lebensmittelproduzenten seien jedenfalls "völlig konträr".

Festgestellt wurde, dass es eine Abhängigkeit der Lieferant:innen gegenüber den Einzelhändlern gibt und die Handelsketten Druck ausüben, damit Praktiken zugestimmt wird. Zentrales Problem für die Aufklärung des Sachverhalts sei die Angst bei Lebensmittelherstellern, deshalb würden Beschwerden nicht an die BWB weitergeleitet werden. Die BWB geht deshalb von einer hohen Dunkelziffer aus.

Die Unternehmen sollen auch mit einer Ausweitung der Eigenmarken gedroht haben. Für zwanzig Prozent der Befragten habe sich auch die Platzierung der eigenen Produkte im Vergleich zu den Händler-Eigenmarken verschlechtert. Die unlauteren Businesspraktiken bewegten sich überwiegend im legalen Graubereich.

Die vier häufigsten unlauteren Handelspraktiken waren:

  • Zahlung später als 30 Tage bei verderblichen Agrar- und Lebensmittelprodukten (18 Prozent berichteten davon)
  • Einseitige Änderung von Liefervereinbarungen (14 Prozent)
  • Zahlungsaufforderung ohne Gegenleistung (13 Prozent)
  • Zahlung für nicht vom Lieferanten verschuldeten Qualitätsverlust (13 Prozent)
ribbon Zusammenfassung
  • Die Gewinnmargen der großen Supermarktketten seien vom 2. Halbjahr 2022 bis 2. Halbjahr 2023 "nicht systematisch" angestiegen, berichtet die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).
  • Allerdings ortet die BWB am österreichischen Markt unlautere Handelspraktiken im "nicht unerheblichen" Ausmaß.
  • BWB-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch sprach am Freitag davon, dass keine Hinweise auf Preisabsprachen im Sinne eines Preis-Kartells gefunden wurden, wohl aber ein "natürliches Oligopol".
  • Rewe, Spar, Hofer und Lidl würden gegenseitig die Preise genau beobachten und sofort aneinander anpassen, sobald ein Mitbewerber die Preise ändert - sei es nach unten oder nach oben.
  • Es gibt daher zwar keine direkten Preisabsprachen, aber auch keinen Preiskampf oder Wettbewerb.