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Deutsche "Gas-Maut": Österreich zahlt bald 100 Millionen Euro

Wo das Gas für Österreich herkommt, wird sich mit dem kommenden Jahr aller Voraussicht nach ändern. Davon profitiert auch Deutschland. Durch eine EU-rechtswidrige "Maut" – die Gasspeicherumlage – könnten im kommenden Jahr etwa 100 Millionen Euro fällig werden.

Trotz aller Bemühungen und politischer Willenserklärungen bezieht Österreich auch weiterhin einen Großteil seines Gases aus Russland. Auch wenn der russische Staatskonzern Gazprom die Lieferungen an die OMV eingestellt hat: Es kommt weiter Gas im Knotenpunkt in Baumgarten an, wenn auch etwas weniger und für andere Kunden. 

Doch damit ist aller Voraussicht nach am 1. Jänner Schluss. Denn da läuft der Gas-Transitertrag zwischen Russland und der Ukraine aus. Die wichtigste Pipeline von Russland nach Österreich läuft durch die Ukraine. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die beiden Kriegsparteien noch auf einen Deal einigen. Dann würde im kommenden Jahr endgültig kein Russen-Gas mehr nach Österreich fließen. 

Doch dafür wurde vorgesorgt, betonten Politik und der teilstaatliche Energiekonzern OMV immer wieder. Über die Pipelines aus Italien und Deutschland kommend, könne der Gasbedarf gedeckt werden. Besonders die Verbindung ins deutsche Gasnetz ist aus zweierlei Hinsicht wichtig. Einerseits kommt von da dann Gas aus Norwegen und über Flüssiggas-Tanker (LNG) nach Österreich. Andererseits werden Tirol und Vorarlberg ausschließlich über Deutschland mit Gas versorgt. 

Video: Russischer Gas-Stopp - "Sind nicht komplett abhängig"

Streitpunkt Gasspeicherumlage

Was an sich kein Problem wäre, wird durch eine von Deutschland eingehobene Gebühr aber deutlich teurer. 2022 wurde die sogenannte Gasspeicherumlage eingeführt: Eine Exportabgabe, mit der die Füllung von deutschen Gasspeichern finanziert wird. 

Österreich und weitere Nachbarländer warfen Deutschland wiederholt vor, dass diese Abgabe gegen EU-Recht verstößt. Die EU-Kommission leitete bereits ein sogenanntes Pilot-Verfahren gegen Deutschland ein. Von einem formellen EU-Vertragsverletzungsverfahren sah die Brüsseler Behörde aber bisher ab.

Stattdessen einigte man sich vor einem halben Jahr, dass die Gasspeicherumlage Ende 2024 abgeschafft wird. Beschlossen ist das allerdings noch nicht. Nachdem Deutschland durch den Bruch der Ampel-Koalition im politischen Chaos versunken ist, ist die Befürchtung groß, dass die deutsche Regierung andere Prioritäten hat als eine Abmachung mit Brüssel. Der Gesetzesentwurf befindet sich zwar schon im parlamentarischen Verfahren - die Parteien müssen sich darüber allerdings einig werden. 

Unterdessen wurde am Mittwoch bekannt, dass die Gasspeicherumlage zum 1. Jänner sogar erhöht wird - von 2,50 Euro pro Megawattstunde (MWh) auf 2,99 Euro.

Erhöhung statt Abschaffung

Schon vor dieser Erhöhung werden für 2024 voraussichtlich 20 bis 30 Millionen Euro an Deutschland für die Gasspeicherumlage überwiesen, wie Leo Lehr, Volkswirt und Energieexperte bei der E-Control, auf PULS 24 Anfrage mitteilte. Das betrifft vor allem die Gaskund:innen im Westen Österreichs, die schon jetzt ihr Gas aus deutschen Pipelines beziehen. 

Wenn die russischen Gaslieferungen im kommenden Jahr gänzlich ausbleiben, muss aber deutlich mehr Gas aus Deutschland importiert werden, auch für den Osten Österreichs. Dadurch würden auch die Auswirkungen der deutschen "Gas-Maut" viel massiver ausfallen. 

Zusätzliche Pipeline-Kapazitäten

Für 2025 würden bereits zusätzliche Kapazitäten in deutschen Pipelines gebucht, um auch den Osten Österreichs aus Deutschland mit Gas zu beliefern. Diese rund 30 Terawattstunden (TWh) nimmt Lehr als Untergrenze heran, um die Kosten der Speicherumlage für das kommende Jahr abzuschätzen. Zum Vergleich: Der gesamte Gasverbrauch in Österreich lag 2023 bei etwa 75 TWh. 

In diesem Fall würden mit der bisherigen Versorgung von Westösterreich und den zusätzlichen Kapazitäten für das Jahr 2025 etwa 100 Millionen Euro fällig werden. Der Betrag könne aber "je nach Situation noch ansteigen", sagte Lehr. 

Fällt die Gas-Maut doch noch? 

Damit es nicht so weit kommt, drängt Österreich weiter darauf, dass die Umlage doch noch fällt. Man stehe in Austausch mit den Entscheidungsträgern und Behörden in Deutschland. Auch über die EU-Kommission sei man in Kontakt mit Berlin, sagte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch am Mittwoch. Denn es sei sonst ein "echtes Problem für die Versorgungslage in Österreich".

Auch Stephan Renner, der als Berater im Kabinett von Energieministerin Leonore Gewessler (Die Grünen) tätig ist, geht davon aus, "dass die rechtliche Grundlage geschaffen wird, damit die Gasspeicherumlage nicht mehr eingehoben wird". 

ribbon Zusammenfassung
  • Wo das Gas für Österreich herkommt, wird sich mit dem kommenden Jahr aller Voraussicht nach ändern.
  • Davon profitiert vor allem Deutschland. Durch eine EU-rechtswidrige Gebühr könnten im kommenden Jahr etwa 100 Millionen Euro an Mehrkosten anfallen.
  • Die Abschaffung wurde vor einem halben Jahr schon versprochen.
  • Doch nun wurde die Gasspeicherumlage sogar noch einmal erhöht.