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Niki Hartl: "Mental anstrengendste Saison meiner Karriere"

Erstmals seit 2004 finden die ICE-Play-offs ohne Wien statt. Capitals-Stürmer Niki Hartl erklärt im PULS 24-Interview, was in der Hauptstadt alles schiefgelaufen ist. Plus: Wie steht es um die Zukunft von Headcoach Dolezal?

Kaum eine Liga ist so unberechenbar wie die win2day ICE Hockey League. Als eine der wenigen Konstanten galten die spusu Vienna Capitals. Seit 2017 schafften es die Wiener jedes einzelne Mal ins Halbfinale der Play-offs. Nach einer turbulenten Saison mit mehr Tiefen als Höhen stehen die Capitals jedoch erstmals seit 2004 nicht in den Play-offs.

Selbst erfahrene Führungsspieler wie Niki Hartl (628 Ligaspiele) konnten die Wiener Horror-Saison nicht verhindern. Woran ist's gescheitert? Vor dem "Abschlussspiel" am Freitag (19.05 Uhr/puls24.at & JOYN) gegen den EC iDM Wärmepumpen VSV hat PULS 24 den Capitals-Stürmer in der STEFFL Arena besucht.

PULS 24: Was ist für Sie Erfolg?

Niki Hartl: Erfolg ist für mich, wenn man zu sich selbst stehen und am Ende des Tages in den Spiegel sagen kann: Es hat gereicht oder es hat nicht gereicht, aber ich habe alles gegeben. Wenn man zu sich und seinen Mitspielern ehrlich ist, kann man aus Erfahrungen viel lernen. Auch das ist für mich schon Erfolg. Es muss also nicht immer mit einem Sieg verbunden sein. Dieser kann am Ende eines Prozesses aber natürlich das i-Tüpfelchen sein.

Während des Grunddurchgangs sagten Sie, das wäre "die schwierigste Saison" Ihrer Profikarriere. Mittlerweile ist es fix, dass die Play-offs 2024 ohne die Capitals stattfinden werden. Konnten Sie das Ganze schon etwas verarbeiten?

Es war sicher die mental anstrengendste Saison meiner Karriere. Für das Leben habe ich aber viel gelernt. Man muss sich mental vorbereiten, wenn es langfristig nicht gut läuft. Nichtsdestotrotz ist es für den Verein untragbar, nicht in den Play-offs zu sein. Jetzt ist es aber vorbei, da hilft Jammern auch nichts mehr.

Zur Person: Nikolaus "Niki" Hartl

  • 32 Jahre alt
  • geboren in Zell am See, Salzburg
  • Eishockey-Profi seit 2011
  • Position: Rechter Flügel
  • ICE-Meister mit den Capitals (2017)

Gab es einen bestimmten Zeitpunkt, in dem Ihnen bewusst wurde, dass dieses Jahr ein besonders schwieriges werden könnte?

Ich hätte das so nicht vorhersagen können. Die Saison ist so lang. Man denke nur an Bozen: Die waren zu Beginn auch nicht am gewünschten Tabellenplatz - und stehen jetzt im fixen Play-off. Man muss seinen Weg finden, jeder muss seine Rolle erfüllen. Auf dem kann man aufbauen. Bei uns sind so viele Sachen passiert: Spielertransfers, Trainerwechsel, auch andere Rückschläge. Aus den ganzen Dingen lernt man, hoffe ich. Es kann nur nach vorne gehen.

Ihre persönliche Saison war von vielen Veränderungen geprägt. Von der ersten bis zur vierten Linie wurden Sie so gut wie überall eingesetzt. Wie geht man mit solchen Umständen um?

Ohne arrogant wirken zu wollen: Ich weiß, dass ich sowohl in der ersten als auch der vierten Linie spielen kann. Das bringt einen großen Mehrwert für die Mannschaft. Wenn du über einen längeren Zeitraum aber nicht mit denselben Mitspielern in einer Linie bist, kommst du in keinen Rhythmus. Vor zwei Jahren habe ich noch 20 Tore erzielt, in dieser Saison spielte ich viel mit den Jungen. Das wollte der Trainer so von mir und war auch vollkommen okay. Für mich persönlich war es trotzdem sehr schwierig.

Galerie: Niki Hartl (spusu Vienna Capitals)

Auch ein Headcoach-Wechsel kam dazu. Hat Christian Dolezal in Wien eine Zukunft?

Ich glaube, sowohl der Christian als auch [Assistenz-Coach] Fabian Scholz und [Torhüter-Coach] Bernhard Starkbaum haben einen sehr passablen Job gemacht. Plötzlich Headcoach zu werden, das war sicher ein Sprung ins kalte Wasser. Nichtsdestotrotz hat er dem Verein sehr geholfen. Wenn man nicht gut genug aufgestellt ist, kann auch der beste Trainer der Welt nichts ändern. Den Coaches kann man überhaupt keinen Vorwurf machen.

Mehr lesen: Christian Dolezal: Der Feuerwehrmann in Wien

Also lag es an der Qualität des Kaders?

Durch die vielen Verletzten hatten wir plötzlich sehr viele junge Spieler, die große Verantwortung tragen mussten. Spielst du dann gegen Mannschaften wie Bozen, Salzburg oder Klagenfurt - nur mit Kampf über 60 Minuten kannst du gegen so viele ältere Spieler nicht gewinnen. Ich möchte nicht sagen, dass unsere Spieler keine Qualität hatten. Es fehlte einfach die Erfahrung. Für die Jungen war es sicher gut, so viel Eiszeit zu bekommen, die nötige Kaderdichte war aber einfach nicht vorhanden.

Passend zur Kaderbildung: Michael Raffl forderte zuletzt im "win2day Hockey O'Clock"-Podcast mit Martin Pfanner, dass man in der ICE-Liga die Zahl an "Ausländer reduzieren" sollte. Wie stehen Sie dazu?

Das Thema ist schon so lange präsent, dazu kann ich eigentlich gar nichts mehr sagen. Ich bin jetzt seit über zehn Jahren in dieser Liga und habe auch in Deutschland gespielt. Da hätte schon viel früher ein Umbruch stattfinden müssen. Wenn du gut bist, wirst du immer einen Verein finden. Die Frage ist nur, wie viel Sinn es macht, den Spielermarkt mit billigen Ausländern zu überschwemmen. Ob das für eine langfristige Entwicklung sinnvoll ist, bezweifle ich. Das müssen aber die Verantwortlichen der Liga entscheiden.

Niki Hartl: Saison 2023/24

  • 45 Spiele
  • 15 Scorer-Punkte (5 Tore, 10 Assists)
  • Plus/Minus: -17
  • 12 Strafminuten

Ebenfalls ein viel diskutiertes Thema: die Halsschutzpflicht. Schon kurz nach dem tragischen Tod von Adam Johnson stellten die Capitals all ihren Spielern einen Schutz zur Verfügung. Eine ligaweite Pflicht gibt es - im Vergleich etwa zu Deutschland - aber noch immer nicht. Was halten Sie davon?

Ich trage den Schutz, finde das super und lehre das so auch meinen Kindern. Schutz ist wichtig, in jeder Hinsicht. Der Sport ist nun mal gefährlich, deswegen finde ich das top, wenn man das einführt. Ich habe schon so viele Verletzungen gehabt. Wenn ich besser geschützt gewesen wäre, vielleicht hätte man die ein oder andere Verletzung verhindern können.

Anstatt die letzten Vorbereitungen für die Play-offs zu treffen, steht am Freitag gegen Villach das letzte Saisonspiel an. Mit welchem Gefühl gehen Sie in die Partie?

Es ist schon komisch für uns. Ich kenne das Gefühl gar nicht, nicht in den Play-offs zu sein. Trotzdem gehe ich in dieses Spiel wie in jedes andere. Es ist wichtig, dass wir den Fans nochmal eine gute Show bieten. Also werden wir alles geben, um das Spiel zu gewinnen.

Mitarbeit: Simon Kazianka

Die win2day ICE Hockey League im gratis Livestream: puls24.at und JOYN übertragen am Freitag, den 23. Februar, live ab 19.05 Uhr das Spiel zwischen den spusu Vienna Capitals und dem EC iDM Wärmepumpen VSV.

ribbon Zusammenfassung
  • Die spusu Vienna Capitals verpassen nach einer turbulenten Saison erstmals seit 2004 die Play-offs in der ICE Hockey League.
  • Capitals-Stürmer Niki Hartl beschreibt im PULS 24-Interview die Saison als die "mental anstrengendste" seiner Karriere, sieht jedoch Lern-Chancen als Herausforderung.
  • Trotz der Schwierigkeiten betont Hartl, dass Headcoach Christian Dolezal unter den gegebenen Umständen gute Arbeit geleistet haben.
  • Die Mannschaft litt unter einem Mangel an Erfahrung, da viele junge Spieler aufgrund von Verletzungen und Transfers große Verantwortung übernehmen mussten.
  • Hartl unterstützt die Einführung einer Halsschutzpflicht in der ICE Hockey League und kritisiert die hohe Anzahl an ausländischen Spielern.