Braathen-Rücktritt lässt Fragen offen, Kollegen unter Schock
Der Norweger ist allerdings erst 23 Jahre alt und der Entscheidung liegen auch Streitigkeiten mit dem Verband zugrunde. Ein Nationenwechsel wäre eine Möglichkeit zum Weitermachen. Wie dick der Schlussstrich unter die Skikarriere gezogen ist, bleibt offen.
Braathen, der eine brasilianische Mutter und einen norwegischen Vater hat, reiste noch am Freitag nach seiner Verkündung aus Sölden ab. "Lucas ist ein Athlet mit einer starken Meinung, er war sehr klar", sagte Norwegens Alpin-Sportdirektor Claus Ryste.
Bei Atomic hat man den Eindruck, als würde von norwegischer Seite der Zug drüberfahren. Die Firma indes hält sich neutral - die Unterstützung für Braathen aber aufrecht und würde, wie man hört, bei einem Verbandswechsel mitziehen.
Slalom-Kugelgewinner Braathen ist nicht der erste Ski-Star, der mit dem norwegischen Verband wegen Sponsorstreitigkeiten bricht. Die Richtlinien sind streng, die individuelle Entfaltungsmöglichkeit der Aktiven ist stark eingeschränkt.
Braathen machte ein unerlaubtes Modeshooting und wurde mit einer Geldstrafe belegt. Für die Aktion entschuldigte er sich, Annäherung an den Verband erfolgte aber keine mehr.
Das mag ein Mitgrund für die Entscheidung gewesen sein, aber es steckt möglicherweise weit mehr dahinter. Denn Braathen sprach auch darüber, dass er mit dem Tag, an dem er sein Ziel erreicht hatte und in den Weltcup gekommen war, seine Freiheit verloren hatte und infolge sein Glück schwinden sah.
Die Anteilnahme in den sozialen Medien war groß, reichte von Erstaunen bis Verständnis. "Wenn es wegen des Verbandes ist, würde ich dich heiraten und dann kannst du für Deutschland starten", schrieb der frühere deutsche Ski-Star Felix Neureuther.
"Immer bei dir", teilte Teamkollege und Jugendfreund Atle Lie McGrath mit. Der Südtiroler Christof Innerhofer meinte. "Oh nein, Bro. Wir brauchen deinen Samba auf den Pisten."
Manuel Feller erzählte, er habe zuerst gemeint, das sei Satire. "Dann waren es echt offizielle Medienberichte. Er wird seine guten Gründe haben." Wenn er auf seine Kariere zurückblicke, habe er auch solche Gedanken gehabt.
"Aber in schwierigen Phasen. Bei ihm wäre es eigentlich steil nach oben gegangen", so Feller. Aber vielleicht brauche er ja nur ein Jahr Auszeit und finde die Freude am Skisport wieder, mutmaßte Feller.
Am Ende der vergangenen Saison habe man - nach dem Finale in Andorra - die Slalomkugel in Barcelona gemeinsam gefeiert. "Er ist ein feiner Kerl und für jede Gaude zu haben. Ich gebe mehr Gas als er, aber er tanzt gerne", sagte der Tiroler.
Er hoffe Lucas nun im Zielraum mit einem Leiberl des norwegischen Feller-Fanclubs zu sehen. Braathen sei definitiv ein Typ, für den die Leute den Fernseher eingeschaltet haben. "Aber es werden schon Junge nachkommen, die auch bissl verrückte Köpfe sind."
Das sei sehr schade für ganzen Skisport, meinte auch Marco Schwarz. "Er war einfach gut. Ein Paradiesvogel, der aufgefallen ist. Er wird abgehen."
Stefan Brennsteiner glaubte an einen Scherz, als er vom Rücktritt hörte. "Es wäre extrem schade, wenn es richtig ernst ist und so bleibt, weil er nicht nur ein gewaltiger Skifahrer ist, sondern auch ein brutal lässiger und außergewöhnlicher Typ. Das bräuchte der Skisport schon sehr dringend."
Zusammenfassung
- Seine Teamkollegen stehen unter Schock, die Konkurrenten glaubten an einen Scherz und der Ausrüster spricht von einer "Katastrophe".
- Der überraschende Rücktritt von Skirennläufer Lucas Braathen erinnert an den plötzlichen Abgang von Dreifach-Olympiasieger Matthias Mayer im Dezember 2022 in Bormio.
- Der Norweger ist allerdings erst 23 Jahre alt und der Entscheidung liegen auch Streitigkeiten mit dem Verband zugrunde.
- Ein Nationenwechsel wäre eine Möglichkeit zum Weitermachen.
- Wie dick der Schlussstrich unter die Skikarriere gezogen ist, bleibt offen.