Wohnbeihilfe nur bei Deutschkenntnissen? Was NÖ will
Die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich will in der Sozialpolitik neue Hürden für Ausländer errichten, auch bei Geldern aus der Wohnbauförderung. ÖVP und FPÖ möchten laut ihrem gemeinsamen Regierungsprogramm die "Wohnbauförderung an Kenntnisse eines Mindestniveaus der deutschen Sprache" knüpfen. Konkret dürfte es weniger ums Bauen, sondern um die Wohnbeihilfe gehen. Vorbild dafür sei das "Modell Oberösterreich", heißt es im Koalitionspapier.
Was genau beinhaltet die Gesetzeslage in Oberösterreich, wo seit 2015 ebenfalls ein schwarz-blaues Bündnis auf Landesebene regiert?
Geregelt ist die Wohnbeihilfe in Oberösterreich im Wohnbauförderungsgesetz. Hinzu kommt mittlerweile eine sogenannte Wohnbauförderung-Deutschkenntnis-Verordnung. Zuständig für Wohnbau ist Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ).
- Grundsätzlich gilt die Nachweis-Pflicht der Deutschkenntnisse, um Wohnbeihilfe gestattet zu bekommen, nur für Nicht-EU-Bürger. Österreichische Staatsbürger müssen dies nicht tun, auch EU-Bürger sind ausgenommen.
- Notwendig sind Deutschkenntnisse auf Sprachniveau A2.
Neben den Deutschkenntnissen hat Schwarz-Blau in Oberösterreich noch weitere Hürden für Nicht-EU-Ausländer auf dem Weg zur Wohnbeihilfe vorgesehen:
- Man muss fünf Jahre ohne Unterbrechung in Österreich seinen Hauptwohnsitz haben.
- Man muss innerhalb der vergangenen fünf Jahre 54 Monate Erwerbsarbeit in Österreich geleistet haben (oder insgesamt in seinem Leben 240 Monate).
Starke Auswirkungen
Diese Auflagen für Drittstaatsangehörige - Mindestaufenthaltsdauer von fünf Jahren, 54 Monate Erwerbsarbeit in den letzten fünf Jahren sowie Deutschkenntnisse auf A2-Niveau - gelten in Oberösterreich seit 2018. Das hatte massive Auswirkungen auf die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Wohnbeihilfe aus Ländern außerhalb der EU. "Mit der Einführung des Nachweises von Deutschkenntnissen sank dieser Anteil im Jahr 2019 um mehr als 60 Prozent", schreibt der Landesrechnungshof (LRH) Oberösterreich in einem Prüfbericht vom November 2022. Eine Grafik des LRH zeigt, dass der Anteil von Nicht-EU-Ausländern unter den gesamten Beziehern (27.647), der im Jahr 2018 noch 6,26 Prozent betrug, im Jahr 2019 auf 3,26 Prozent fiel. Im Jahr 2019 stieg er wieder leicht auf 4,49 Prozent und im Jahr 2021 auf 4,94 Prozent.
Rechnungshof-Kritik
Eine der Empfehlungen des Landesrechnungshofs lautete: "Bei der Bemessung der Sozialhilfe zählt die Wohnbeihilfe als Einkommensbestandteil. Der LRH verweist auf die aus seiner Sicht entstehenden Ungleichbehandlungen vergleichbarer sozialer Situationen. Er regt an, zu überprüfen, ob die Wirkungen dieser gesetzlichen Regelungen tatsächlich beabsichtigt sind oder gegebenenfalls abgemildert werden können."
In der Arbeiterkammer Oberösterreich sieht man das Kriterium "Deutsch für Wohnbeihilfe" kritisch. "Deutschkenntnisse zahlen keine Miete. Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen sich beim Deutschlernen schwertun. Oft gibt's auch keine Chance, es im Job zu lernen, weil dort keine Zeit dafür ist oder nur sehr wenig mit deutschsprachigen Kolleginnen und Kollegen kommuniziert wird", sagt Sozialpolitik-Expertin Dagmar Andree zu PULS 24. Genau diese Menschen müssen dann auf den "nicht geförderten, besonders teuren Privatwohnungsmarkt ausweichen, die Mietkosten werden damit existenzbedrohlich“, warnt Andree.
SPÖ: Viele wohnen enger und schlechter
Bereits seit 2014 ist die Vergabe von Sozialwohnungen, also geförderten Wohnungen, in Oberösterreich an den Nachweis von Deutschkenntnissen und an andere Auflagen wie die Aufenthaltsdauer geknüpft. "Gerade für Menschen aus anderen Ländern, die kein hohes Einstiegsgehalt haben, wäre es gut, diesen leistbaren Wohnraum nutzen zu können. Es wäre vor allem auch integrativer, weil sie sich sonst privaten Wohnraum suchen und dort oft schon viele andere Menschen mit Migrationshintergrund leben", sagt der oberösterreichische SPÖ-Wohnbausprecher Peter Binder zu PULS 24.
Binder betont, dass die Förderung der Deutschkenntnisse natürlich sehr wichtig für die Integration sei. Die von Haimbuchner eingeführten Deutsch-Erfordernisse und weitere Zusatz-Auflagen hätten aber negative soziale Folgen, kritisiert er: "Das führt dazu, dass Menschen in schlechtere Wohnungen ziehen. Das kann auch dazu führen, dass sie kränker werden oder Wohnungen miteinander teilen müssen. Wenn die Wohnungen keinen Balkon haben, halten sich Menschen mit Migrationshintergrund daher öfter im öffentlichen Raum auf. Haimbuchner schürt damit Ressentiments, die er angeblich bekämpfen möchte."
Zusammenfassung
- Die schwarz-blaue Koalition in St. Pölten plant offenbar, die Wohnbeihilfe an Deutschkenntnisse zu knüpfen.
- Als Vorbild soll Oberösterreich dienen, wo ebenfalls ÖVP und FPÖ regieren.
- Dort ist der Anteil von Bezieherinnen und Beziehern aus Nicht-EU-Ländern bereits massiv gesunken.
- Die SPÖ warnt vor sozialen Folgen, viele Menschen würden enger und schlechter wohnen müssen.