Schwarz-Blau in NÖ: Das steht im Koalitionspakt
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihr künftiger Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) haben am Freitag ihr schwarz-blaues Arbeitsübereinkommen präsentiert. Die Zusammenarbeit hat wegen der Corona- und Migrationslinie der Landes-FPÖ einige Kritik ausgelöst. Mikl-Leitner sprach am Freitag von einer "tragfähigen Brücke", Landbauer sah im Koalitionspapier eine "starke freiheitliche Handschrift". Was steht nun im schwarz-blauen Programm?
In der Einleitung betont Schwarz-Blau, dass man den Menschen mit Maßnahmen gegen "die fortgesetzte Teuerung" helfen wolle. Die Hilfe soll über die Maßnahmen des Bundes hinausgehen. Man verspricht auch, man werde "die Menschen im Land wieder zusammenführen". Und: Man sei sich bewusst, "dass es auch die Politik selbst war, die zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen hat", heißt es im Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ.
Corona-Fonds für angebliche Impfschäden
Das bisherige und künftige Corona-Management ist daher auch das erste Kapitel im Koalitionspapier. Kein Zufall: Landbauer sagte in der Pressekonferenz am Freitag, dieser Bereich sei für ihn in den Verhandlungen zentral gewesen.
Ein paar Punkte des neuen Corona-Kurses in Niederösterreich: Das Land stoppt die Werbung für die Corona-Impfung. Es richtet einen Fonds in der Höhe von 30 Millionen Euro ein, der die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen evaluiert und finanziell "für den Ausgleich von negativen Auswirkungen" sorgen soll, wie es heißt. (Damit sollen auch Menschen mit "Impf-Beeinträchtigungen" medizinisch betreut werden, wovon es laut Gesundheitsministerium aber nur sehr wenige gibt.) Außerdem will man Strafgelder, die wegen einer Verletzung von Corona-Beschränkungen bezahlt worden sind und sich als verfassungswidrig herausstellten, rückerstatten.
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Für Zuwanderer "möglichst unattraktiv"
Im Kapitel Integration kündigt Schwarz-Blau an, Staatsbürgerschaften "nur sehr restriktiv zu vergeben" und Anträge "genau zu prüfen". Generell soll Niederösterreich für Zuwanderer "möglichst unattraktiv" werden, wie es im Abkommen heißt. (Im Kapitel Wissenschaft will man hingegen, dass Forschungseinrichtungen zu einem "Anziehungspunkt für exzellente Wissenschaftler aus aller Welt werden" - für manche Beobachter ein Widerspruch.)
Asylquartiere, die im schwarz-blauen Pakt als "Belastung" bezeichnet werden, soll es möglichst wenige geben. Für Asylwerber wird geprüft, "ob in der Grundversorgung sämtliche Geldleistungen durch Sachleistungen ersetzt werden können".
"Um die Zahl der ausländischen Sozialhilfebezieher zu reduzieren, werden Integrationsverpflichtungen in das NÖ Sozialhilfe-Ausführungsgesetz aufgenommen", kündigt man außerdem an. Die Wohnbauförderung soll künftig an Deutschkenntnisse geknüpft werden. Hier orientiert man sich an Oberösterreich, wo schon seit 2015 eine schwarz-blaue Koalition regiert.
Sprachregeln im Schulhof
Im Schulwesen will Niederösterreich behinderten Kindern automatisch ein 11. und 12. Schuljahr ermöglichen. Die Inanspruchnahme wird freiwillig sein.
In Schulpausen will man die Verwendung der deutschen Sprache "fördern", wie es heißt. Dies will man durch die Hausordnungen der Schulen forcieren.
Die Kinderbetreuungsoffensive werde "fortgesetzt", wie es die Koalition formuliert. Sie verspricht, mehr Elementarpädagoginnen und Kindergartenbetreuerinnen einzustellen. Das Tageseltern-Angebot soll attraktiver werden. Man wolle aber auch die "Kinderbetreuung im Familienverband" finanziell aufwerten - ein Plan, der dem freiheitlichen Familien- und Mutterbild entspricht. Im Koalitionspapier steht dazu: "Andererseits bedeutet Wahlfreiheit auch Wertschätzung und Anerkennung für all jene Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen möchten."
Beim Thema Pflege folgt die neue Koalition dem Prinzip "Daheim vor stationär". Mikl-Leitner kündigte auch "Pflege-Schecks" an. Außerdem verspricht man ein Modell zur Anstellung von Auszubildenden in der Pflege. Damit soll die Ausbildung attraktiver gemacht werden, und Pflegekräfte sollen "zu einer längeren Tätigkeit in Niederösterreich motiviert" werden.
Verteidigung des Verbrennungsmotors
Im Verkehr setzt Schwarz-Blau keine großen Akzente für den Klimaschutz oder den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Vielmehr hält man am Individualverkehr per Auto fest. "Das in der EU ab dem Jahr 2035 geplante Zulassungsverbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren wird abgelehnt", heißt es im schwarz-blauen Arbeitspapier.
Mikl-Leitner und Landbauer halten außerdem "an allen im Bundesstraßengesetz verankerten Projekten in Niederösterreich" fest: S1 inklusive Lobautunnels, S8 und S34. Auch will man den Ausbau hochrangiger Straßen im nördlichen Niederösterreich vorantreiben.
Erst danach finden sich auch Bekenntnisse zum Schienenverkehr: So wolle man die Franz-Josefs-Bahn "durch einen selektiven zweigleisigen Ausbau zwecks Taktverdichtung" attraktiver machen. Auch die Garnituren und die Haltestellen sollen schöner werden. Die Schnell- und Regionalzüge will man durch ein eigenes Paket attraktivieren.
Versprechen an jüdische Gemeinde
Im Kapitel Kultur wird die Verantwortung für die jüdische Community in Niederösterreich betont. Man wolle das jüdische Kulturerbe bewusstmachen, stärken und fördern. Jüdisches Leben in Niederösterreich stehe dabei ebenso im Fokus wie die Bekämpfung des Antisemitismus und das Gedenken an den Holocaust. Schwarz-Blau verspricht den Erhalt und die Erneuerung von Synagogen und jüdischen Friedhöfen. Auch die ehemaligen KZ-Außenlager im Bundesland, wie das Besucherzentrum in Melk und die "Serbenhalle" in Wiener Neustadt, wolle man sichtbar machen.
Die Bekenntnisse sind wohl auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, von Mikl-Leitner am Mittwoch im "Standard" einen Abbruch der Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ gefordert hatte. Der Spitzenvertreter der jüdischen Gemeinde in Wien warnte durch Schwarz-Blau im flächenmäßig größten Bundesland vor einem "Schaden für ganz Österreich".
Aus für "hausgemachte" Stimmzettel
Eine Neuerung kündigt die Koalition für Gemeinderatswahlen an. Denn bisher durften Parteien in Niederösterreich nichtamtliche Stimmzettel unters Wahlvolk bringen. Auf selbstgedruckten Stimmzetteln waren Partei und Name bereits ausgefüllt - die Wählerinnen und Wähler mussten das Blatt nur noch einwerfen. Damit wird Schluss gemacht. Künftig werde es nur noch amtliche Stimmzettel geben, auf denen die Kandidaten namentlich angeführt sind und angekreuzt werden müssen.
Nur regionale Speisen förderungswürdig
Auch vor den Restauranttellern macht der Ausländerkurs der FPÖ in Niederösterreich übrigens nicht Halt. Im Kapitel Tourismus & Gastronomie wird angekündigt: "Um die Wirtshauskultur auch in Zeiten der Teuerung aufrecht zu erhalten, wird eine Wirtshaus-Prämie erarbeitet. Voraussetzung ist, dass der neue Wirt ein traditionelles und regionales Speiseangebot aufweist." Döner und Falafel sind demnach in Niederösterreich künftig wohl nicht förderungswürdig.
Der Koalitionspakt von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich im Original
Zusammenfassung
- Das Bündnis zwischen ÖVP und FPÖ bringt einen Werbe-Stopp für Corona-Impfungen, ein Bekenntnis zum Straßenbau und zum Verbrennungsmotor sowie eine restriktive Vergabe von Staatsbürgerschaften.
- Die FPÖ-Handschrift findet sich in Niederösterreich bis hinab zu den Karten der Gasthäuser, denn eine "Wirtshaus-Prämie" werde es nur für "ein regionales Speiseangebot" geben.