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Wien-Wahl

Landeschef vs. Chefverhandler: Turbulenzen in Wiener ÖVP

Heute, 11:13 · Lesedauer 3 min

Deutlich länger als zunächst gedacht diskutierte die Wiener ÖVP am Montagabend über die Nachfolge von Karl Mahrer als Landesparteichef. Eine erste Kampfabstimmung verlief unentschieden, am Ende setzte sich Markus Figl durch - mit Michael Ludwig verhandeln wird allerdings ein anderer.

Es sind Zustände, wie man sie sonst eher von der Bundes-SPÖ kennt: Über Medienstatements richteten sich die unterschiedlichen Lager innerhalb der Wiener ÖVP am Montag aus, wer die Nachfolge ihres erfolglosen Spitzenkandidaten Karl Mahrer als Landesparteichef übernehmen soll.

Dass dieser gehen muss, war bereits am Vormittag durchgesickert. Im gleichen Atemzug sahen ÖVP-Quellen Markus Figl, bislang Bezirksvorsteher im ersten Bezirk, als Nachfolger gesetzt.

Ein "Affront" wie es wenig später von den Unterstützern von Daniel Resch hieß, seines Zeichens Bezirksvorsteher von Döbling. Dieser war nämlich als Gegenkandidat um Mahrers Nachfolge alles andere als vom Tisch, wie zunächst der "Kurier" berichtet hatte. 

Dass Markus Figl als fixer Nachfolger an Medien weitergegeben wurde, sei ein "Spin, um den eigenen Kandidaten durchzuboxen", so die Stimmen aus der ÖVP. "Frei nach dem Motto: Wenn es in der Zeitung steht, kann man nicht mehr dagegen stimmen."

Resch will Vizebürgermeister werden

Das tat im ersten Anlauf jedoch immerhin die Hälfte der Stimmberechtigten in der Sitzung des Parteigremiums der Volkspartei. Erst nach langen Diskussionen gab es schließlich 21 Ja- und drei Nein-Stimmen - dank eines Kompromisses. Nicht Figl, sondern sein Gegenkandidat Daniel Resch wird die Sondierungsverhandlungen mit Michael Ludwigs SPÖ federführend übernehmen.

Figl wird das Sondierungsteam zwar dem Beschluss zufolge anführen, wie der "Standard" berichtet. Das Zepter dürfte allerdings Resch in der Hand haben, dem die bessere Gesprächsbasis mit Michael Ludwig nachgesagt wird.

Sollte die ÖVP tatsächlich als Koalitionspartner auserkoren werden, würde Resch den Posten eines Stadtrats beziehungsweise des Vizebürgermeisters übernehmen. Das teilte ein Parteisprecher im Anschluss an das Medienstatement mit. Diese Vorgangsweise sei so vereinbart worden, hieß es.

Daniel Resch hatte den Posten den Döblinger Bezirksvorstehers 2018 übernommen. Während Figl Wunschkandidat Karl Mahrers war, galt der 41-Jährige aus dem 19. Bezirk als Favorit von Wirtschaftskammerchef Walter Ruck. Auch dieser sitzt im Sondierungsteam.

Video: Karl Mahrer tritt zurück

Resch: Volkspartei "sehr geschlossen"

"Es waren intensive Stunden, wir haben sie gut genutzt", erklärte Resch zur Dauer des Präsidiums bis nach neun Uhr abends. Man habe bereits inhaltliche Punkte für die Verhandlungen durchbesprochen: "Ich kann ihnen versprechen, die Volkspartei ist sehr geschlossen und entschlossen, positiv in diese Sondierungsgespräche zu starten."

Freilich scheint eine Regierungsbeteiligung ohnehin in weiter Ferne, die SPÖ dürfte eine Koalition mit den NEOS oder den Grünen favorisieren. Beide hatten die Volkspartei letztlich überholt. 

Die ÖVP musste am Sonntag mit minus 10,7 Prozentpunkten einen Rekord-Verlust verkraften. Sie verlor in allen Bezirken deutlich, jeweils zwischen 7,5 und 13,6 Prozentpunkten. 

In nur einem Bezirk kam die Volkspartei auf mehr als 20 Prozent: In der Inneren Stadt, wo Markus Figl bislang Bezirksvorsteher war. Dort erreichte man immerhin 22,1 Prozent, wobei es auch hier ein kräftiges Minus von 11,8 Prozentpunkten setzte.

Zusammenfassung
  • Markus Figl wurde nach intensiven Diskussionen und einer unentschiedenen ersten Abstimmung als neuer Landesparteichef der Wiener ÖVP gewählt. Er erhielt 21 Ja- und 3 Nein-Stimmen.
  • Die ÖVP erlitt bei der letzten Wahl einen Rekord-Verlust von 10,7 Prozentpunkten und verlor in allen Bezirken, wobei die Verluste zwischen 7,5 und 13,6 Prozentpunkten lagen.
  • Während Figl zum Landesgeschäftsführer gekürt wurde, wird ein anderer die Sondierungsverhandlungen mit der SPÖ federführend übernehmen: der parteiinterne Gegenkandidat Daniel Resch.