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Volksbegehren haben seit Reform 2018 geringere Erfolgsquote

Seit Volksbegehren digital unterstützt werden können, hat sich deren Nutzung verändert: Während es nun deutlich mehr von ihnen gibt, sind sie im Schnitt weniger erfolgreich, wie aus einer Analyse des Parlaments hervorgeht. Von 1964 bis 2017 gab es 39 Volksbegehren, 90 Prozent übersprangen die Hürde für eine Behandlung im Parlament. 2018 wurde die Möglichkeit der Unterstützung mittels ID-Austria eingeführt. Seither gab es 67 Volksbegehren, nur 69 Prozent waren erfolgreich.

Damit ihr Anliegen im Nationalrat behandelt wird, braucht eine Initiative mindestens 100.000 Unterschriften oder die Unterstützung von je einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Bundesländer. Mit 54 Prozent wird die Mehrheit der Unterschriften und Unterstützungserklärungen laut Parlament nun online abgegeben. Früher mussten Unterstützer eines Volksbegehrens noch persönlich im Eintragungslokal der eigenen Gemeinde erscheinen.

Mit der Reform hat sich die Erfolgsquote von Volksbegehren reduziert. Seit 2018 übersprangen 46 die Hürde für eine Eingang in den Nationalrat, das sind knapp 69 Prozent. In die Top Ten der erfolgreichsten Initiativen schaffte es seither nur das von der Ärztekammer und der Krebshilfe lancierte "Don't smoke"-Volksbegehren. Es landete mit 881.692 Unterstützungserklärungen und Unterschriften auf Platz sechs. Von 1964 bis 2017 waren hingegen 35 Initiativen und damit etwa 90 Prozent erfolgreich.

Auch die Auseinandersetzung mit Volksbegehren im Nationalrat ist nun weniger intensiv. Vor 2018 wurden diese oft mehrmals in einem Ausschuss beraten, häufig folgten Entschließungsanträge, in sechs Fällen sogar eigene Ausschüsse für die Vorberatung eines Volksbegehrens. Nur 12 der 35 Initiativen in diesem Zeitraum wurden bloß einmal im Ausschuss und Plenum beraten, seit 2018 war das bei einer Mehrheit von 36 der 46 Volksbegehren der Fall. Entschließungsanträge gab es seither zu sechs Volksbegehren, besondere Ausschüsse zur Vorberatung keine.

Mit Volksbegehren lässt sich auch Geld verdienen - 13.686 Euro kann man pro erfolgreichem Volksbegehren aufgrund der fünffachen Kostenrückerstattung der Gebühren erhalten. Immer häufiger bringen laut Parlament einzelne Gruppen von Initiatoren und Initiatorinnen Volksbegehren zu gleichen oder ähnlichen Themen ein. Zuvor gingen sie primär von Gewerkschaften, Parteien oder zivilgesellschaftlichen Akteuren aus. Auch kommt es nun vor, dass Initiatoren zwei Volksbegehren mit gegensätzlichen Standpunkten einbringen - etwa "Smoke - JA" und "Smoke - NEIN" aus dem Jahr 2020. Die politische Diskussion um eine Änderung der Kostenrückerstattung ist bisher allerdings im Sand verlaufen.

ribbon Zusammenfassung
  • Seit der Reform 2018 sind Volksbegehren trotz steigender Anzahl weniger erfolgreich: Von 67 Initiativen schafften es nur 69 Prozent in den Nationalrat, verglichen mit 90 Prozent der 39 Volksbegehren von 1964 bis 2017.
  • Die digitale Unterstützung hat den Prozess verändert, wobei 54 Prozent der Unterschriften nun online abgegeben werden. Dennoch ist die Auseinandersetzung im Nationalrat weniger intensiv geworden, mit deutlich weniger Ausschussberatungen seit 2018.
  • Finanzielle Anreize durch die Kostenrückerstattung von 13.686 Euro pro erfolgreichem Volksbegehren fördern die Einreichung von Initiativen, oft zu ähnlichen Themen, was die politische Debatte beeinflusst.