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Unruhen in Kasachstan halten an

Nach schweren Unruhen ist die Lage im zentralasiatischen Kasachstan am Wochenende unübersichtlich geblieben. Landesweit seien mittlerweile mehr als 4.400 Menschen festgenommen worden, berichtete das Staatsfernsehen am Samstag unter Berufung auf das Innenministerium der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik. Der wegen der Unruhen entlassene Chef des Inlandsgeheimdienstes, Karim Massimow, wurde wegen des Verdachts des Hochverrats festgenommen.

Er sei mit anderen ranghohen Beamten in Gewahrsam genommen worden, teilte der Sicherheitsausschuss am Samstag mit. Weitere Details wurden nicht genannt. Massimow gilt als Vertrauter des früheren Präsidenten Nursultan Nasarbajew, der seit der Unabhängigkeit bis 2019 Kasachstan autoritär regiert hatte. Massimow war zweimal Ministerpräsident und unter Nasarbajew auch Chef der Präsidialverwaltung.

Der seit 2019 amtierende Präsident des zentralasiatischen Landes, Kassym-Schomart Tokajew, ist von Nasarbajew abgerückt. Er hat am Freitag den Sicherheitskräften Schießbefehl erteilt, sollte es zu weiteren Unruhen kommen. Zudem rief er die von Russland geführte Militärallianz OVKS zu Hilfe, die Soldaten in das Mitgliedsland entsandte.

Tokajew beriet in einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin über die Eindämmung der Unruhen. Die Lage habe sich wieder beruhigt, teilte Tokajews Büro am Samstag mit. Allerdings seien die "Terroristen weiter aktiv". Deshalb werde weiter entschieden vorgegangen.

Tokajew habe Putin für das Eingreifen der von Russland geführten Militärallianz gedankt, erklärte das russische Präsidialamt. Putin unterstütze Tokajews Idee, in den kommenden Tagen in einer Videokonferenz der Verbündeten die weiteren Maßnahmen zu beraten, durch die die Ordnung in Kasachstan wiederhergestellt werden solle.

Der Organisation des Vertrages für kollektive Sicherheit (OVKS) gehören neben Russland und Kasachstan auch Belarus, Armenien, Kirgisistan und Tadschikistan an. Nach Angaben der Organisation dieser sechs früheren Sowjetrepubliken waren auf Wunsch Tokajews am Donnerstag Friedenssoldaten nach Kasachstan gebracht worden. Sie sollten die kasachischen Sicherheitskräfte unterstützen

Neue offizielle Informationen über Todesopfer gab es am Samstag zunächst nicht. Zuvor hatten die Behörden von insgesamt mehr als 40 Getöteten gesprochen - darunter auch Sicherheitskräfte. Tokajew hatte Polizei und Armee am Freitag befohlen, "ohne Vorwarnung" auf Demonstranten zu schießen, die er als "Terroristen" und "Banditen" bezeichnete. Befürchtet wurde, dass es viele zivile Todesopfer geben könnte - insbesondere in der von den Ausschreitungen schwer erschütterten Millionenstadt Almaty im Südosten Kasachstans.

Weil die Behörden das Internet in Almaty abgeschaltet haben und die Mobilfunkverbindung ständig zusammenbricht, war es weiterhin kaum möglich, gesicherte Informationen von dort zu bekommen. Fotos zeigen, wie bewaffnete Sicherheitskräfte Demonstranten abführten. Auf Videos in sozialen Netzwerken, die angeblich aus Almaty stammen sollen, sind Schussgeräusche zu hören. Der sogenannte Anti-Terror-Einsatz dauere an, berichtete der Staatssender Khabar 24.

Aussagen von Kasachstans Kinderrechts-Beauftragter Aruschan Sain zufolge soll in Almaty ein 11 Jahre alter Bub während eines Spaziergangs mit seinen Eltern von einem Schuss getroffen und getötet worden sein. Wer geschossen haben soll, ging daraus nicht hervor.

Kasachstan, das an Russland und China grenzt, erlebt seit Tagen die schwersten Ausschreitungen seit Jahren. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen schlug in vielerorts friedliche, aber teils auch gewaltsame Proteste gegen die Staatsführung um.

Angesichts der angespannten Lage in Kasachstan ziehen die USA nicht dringend benötigtes Personal aus ihrem Generalkonsulat in Almaty ab. Aussagen von US-Außenminister Antony Blinken sorgten für einen Schlagabtausch mit Russland. Blinken stellte die Entsendung von russischen Soldaten nach Kasachstan infrage. "Manchmal ist es sehr schwer, Russen wieder aus dem Haus zu bekommen, wenn sie erst mal drin sind", sagte Blinken am Freitag. Das hätte die jüngste Geschichte gezeigt.

Russland warf ihm am Samstag vor, sich über die tragischen Ereignisse in Kasachstan lustig zu machen. "Wenn Antony Blinken Geschichtsstunden so sehr mag, sollte er folgendes berücksichtigen: Wenn Amerikaner in deinem Haus sind, wird es schwer am Leben zu bleiben und nicht ausgeraubt oder vergewaltigt zu werden", schrieb das russische Außenministerium auf seinem Telegram-Kanal. "Das hat uns nicht nur die jüngste Geschichte gelehrt, sondern alle 300 Jahre des Staates Amerika."

Österreich plant derzeit keinen Abzug von diplomatischem Personal. Die Situation werde aber sehr genau beobachtet, so eine Sprecherin des Außenministeriums am Samstag auf APA-Anfrage. Das Außenministerium steh in "laufendem Kontakt" mit den im Land befindlichen Österreicherinnen und Österreichern. Derzeit wisse man von "wenigen Dutzend", die sich in Kasachstan aufhalten. Es gehe ihnen gut, hieß es. Zuvor war bereits eine Reisewarnung erlassen worden.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach schweren Unruhen ist die Lage im zentralasiatischen Kasachstan am Wochenende unübersichtlich geblieben.
  • Der seit 2019 amtierende Präsident des zentralasiatischen Landes, Kassym-Schomart Tokajew, ist von Nasarbajew abgerückt.
  • Tokajew beriet in einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin über die Eindämmung der Unruhen.
  • Blinken stellte die Entsendung von russischen Soldaten nach Kasachstan infrage.