Syrien: Jihadisten-Vorstoß bei Hama vorerst aufgehalten
Die islamistischen Aufständischen seien von den Randgebieten der strategisch wichtigen Stadt Hama zurückgedrängt worden, teilten beide Konfliktparteien mit. "Wir wurden durch schweres feindliches Bombardement aus der Luft zum Rückzug gezwungen", erklärte einer der Islamisten-Kommandanten, Abu al-Qaqaa.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien berichtete von schweren Kämpfen rund fünf Kilometer nordöstlich der Stadtgrenze von Hama.
Eine Einnahme Hamas würde der Druck auf den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad deutlich weiter erhöhen. Assad erhöhte angesichts der vorrückenden islamistischen Kämpfer den Sold für Berufssoldaten um 50 Prozent. Der Präsident erließ dazu am Mittwoch ein Dekret, wie die staatliche Nachrichtenagentur SANA berichtete. Demnach gilt die Erhöhung ausschließlich für aktive Soldaten, nicht für Reservisten oder Veteranen.
Angesichts des zuletzt schnellen Vormarschs der Aufständischen erwägt der mit Assad verbündete Iran nach eigenen Angaben die Entsendung von Truppen, falls darum gebeten wird.
Irakische Kämpfer und iranische Militärberater in Syrien
Vom Iran unterstützte irakische Kämpfer seien inzwischen zur Unterstützung Assads nach Syrien verlegt worden, verlautete aus Rebellen- und Armeekreisen. Diese hätten dabei geholfen, die Frontlinien der syrischen Armee bei Hama zu verstärken, wo sich das Militär nach dem Verlust von Aleppo neu formiert habe. Zuvor hatten syrische Staatsmedien über eintreffende Verstärkung berichtet.
Angesichts der Offensive der islamistischen Aufständischen hat der Iran einen berüchtigten General und weitere Militärberater nach Syrien geschickt, um der Regierung in Damaskus zu helfen. Die Delegation unter Führung von General Javad Ghafari, eines Syrien-Kenners, soll nun die Gegenoffensive der Regierungstruppen rund um Hama unterstützen, wie die arabischsprachige Abteilung des iranischen Rundfunks, Al-Alam, meldete. Ghafari wurde durch seine Rolle bei der Rückeroberung Aleppos im Jahr 2016 als "Schlächter von Aleppo" bekannt, wie das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) berichtete.
Bereits mehr als 570 Menschen gestorben
Mitte vergangener Woche hatte eine Allianz von Aufständischen unter der Führung der Islamistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) eine Offensive im Nordwesten Syriens begonnen und am Wochenende die Kontrolle über Aleppo übernommen, die zweitgrößte Stadt des Landes. Die Frontlinie hat sich nun rund 130 Kilometer südlich um die Stadt Hama verschoben.
Laut der Beobachtungsstelle mit Sitz in London, die mit einem Netz aus Informanten vor Ort das Kriegsgeschehen verfolgt, kamen bei den jüngsten Gefechten inzwischen mehr als 570 Menschen ums Leben, unter ihnen auch knapp 100 Zivilisten.
Der Überraschungsangriff der islamistischen Gruppe HTS war der schwerste seit Jahren im syrischen Bürgerkrieg, in dem die Fronten seit 2020 weitgehend eingefroren waren. In dem seit 2011 andauernden Krieg wurden Hunderttausende Menschen getötet und viele Millionen vertrieben. Die meisten größeren Kämpfe wurden vor Jahren eingestellt, nachdem der Iran und Russland Assad geholfen hatten, die Kontrolle über den größten Teil des Landes und alle größeren Städte zurückzugewinnen. Assad hat die Massenproteste in seinem Land, die in einen Bürgerkrieg mündeten, vom Militär brutal niederschlagen lassen. UNO-Experten sprechen von Kriegsverbrechen.
Zusammenfassung
- Massive Luftangriffe in der Nacht auf Mittwoch haben den Rebellen-Vormarsch auf die viertgrößte Stadt Syriens vorerst gestoppt.
- Die islamistischen Aufständischen seien von den Randgebieten der strategisch wichtigen Stadt Hama zurückgedrängt worden, teilten beide Konfliktparteien mit.
- Eine Einnahme Hamas würde der Druck auf den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad deutlich weiter erhöhen.
- Angesichts des zuletzt schnellen Vormarschs der Aufständischen erwägt der mit Assad verbündete Iran nach eigenen Angaben die Entsendung von Truppen, falls darum gebeten wird.