APA/GEORG HOCHMUTH

Fall Benko: "Kurz-Fan" leitet Ermittlungen in Österreich

Während die italienische Staatsanwaltschaft in Italien bereits einen Haftbefehl gegen René Benko als "Anführer einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung" erlassen hat, wird in Österreich weiter ermittelt. An der SOKO Signa kommt deutliche Kritik von der Grünen-Abgeordneten Nina Tomaselli.

77 Beschuldigte, allein am Dienstag über 100 Hausdurchsuchungen, Beschuldigte im Hausarrest und ein Haftbefehl gegen René Benko selbst. Die Trentiner Staatsanwaltschaft macht ernst. 

Tiefe Einblicke in die Dunstkreise rund um René Benko und die Signa hat auch Nina Tomaselli (Die Grünen). Im vergangenen Cofag-U-Ausschuss wühlte sie sich durch unzählige Akten, befragte als Fraktionsvorsitzende auch Benko selbst.

Den Haftbefehl aus Italien findet sie "wenig überraschend", wie sie im PULS 24 Interview sagte. Dass allein die Größe und Brisanz der ganzen Pleiten nicht nur in Österreich Ermittlungen nach sich ziehen würde, sei zu erwarten gewesen. Gerade in der Region, etwa auch am Gardasee, verbrachte Benko viel Zeit und hat dort auch mehrere Projekte umgesetzt.

Was von den Vorwürfen hängen bleibt, ist unklar. Aber die Italiener werden das wohl nicht gemacht haben, "ohne, dass eine gute Beweislage vorliegt", so Tomaselli. 

Video: Nina Tomaselli im Interview

"Harter Tobak"

Der Haftbefehl fuße auf einem 98-Seiten-Dokument. Das ist "schon harter Tobak, was dort beschrieben wird", so Tomaselli. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Korruption, krimineller Vereinigung, Betrug und Verletzung des Amtsgeheimnisses in Trient, Bozen, Verona, Brescia, Mailand, Pavia und Rom. "Die italienischen Behörden haben sich auch wirklich etwas angetan", so die Politikerin. 

Auch in Österreich tut sich im Komplex Benko/Signa was. In den vergangenen Tagen sind neue Ermittlungen bekannt geworden. Die WKStA hat Ermittlungen gegen "René Benko und unbekannte Täter" eingeleitet, berichtete der "Standard" am Freitag. Die WKStA bestätigte das gegenüber der Zeitung.

Ermittlungen um Chalet N

Das Chalet N in Lech am Arlberg steht in deren Mittelpunkt. Die Beschuldigten hätten gegenüber der Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) vorgegeben, dass das Luxus-Chalet als Hotel betrieben werde. Dabei sei Benko aber "jahrelang sein bester Gast" gewesen, so Tomaselli. Immer wieder wurde es als versteckte Privatresidenz bezeichnet. 

Laut WKStA wurden damit die erforderlichen Förderrichtlinien nicht erfüllt und unberechtigterweise 1,2 Millionen Euro ausbezahlt.

Tomaselli kritisiert "Kurz-Fan" in der SOKO Signa

Von den Ermittlungen in Österreich würde sich Tomaselli aber "etwas mehr Geschwindigkeit" erhoffen. Mit der Leitung der SOKO Signa, der eigens eingesetzten Einheit, ist sie nicht einverstanden. "Ich sehe es dennoch kritisch, dass gerade an der Spitze dieser Polizeieinheit ein Sebastian-Kurz-Fan und ÖVP-Mitglied steht".

Medienberichten zufolge war der Niederösterreicher im Nationalratswahlkampf 2019 äußerst engagierter Funktionär für die Kurz-ÖVP. Auf mehreren Bildern ist er in türkiser Jacke beim Flyer-Verteilen zu sehen. 

Vor allem aufgrund der Nähe von Benko und Kurz in der Vergangenheit ist das deshalb Auslöser für Kritik. Im Innenministerium sah man aber schon nach der Einsetzung der SOKO "keinen Zweifel an der Unbefangenheit" des Ermittlers. 

Er vertrete die SOKO nach außen und sei für die Abstimmung mit der WKStA verantwortlich, das sei aber von der "operativen Leitung" zu unterscheiden, so das Innenministerium zum "Kurier". 

Video: Haftbefehl gegen Benko

Benkos Anwalt zeigte sich am Mittwoch in einer Stellungnahme unterdessen zuversichtlich, die Vorwürfe widerlegen zu können. "Unser Mandant wird die ihm erst jetzt bekannt gewordenen Vorwürfe sorgfältig prüfen und ist zuversichtlich, dass sie sich ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen. Allerdings fällt schon bei der ersten Durchsicht der Vorwürfe auf, dass rund 90 Prozent der Sachverhalte, zu denen die italienische Justiz ermittelt, keinen wie auch immer gearteten Bezug zu Signa, geschweige denn zu René Benko haben", teilte er der APA mit.

ribbon Zusammenfassung
  • Während die italienische Staatsanwaltschaft in Italien bereits einen Haftbefehl gegen René Benko als "Anführer einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung" erlassen hat, wird in Österreich weiter ermittelt.
  • An der SOKO Signa kommt deutliche Kritik von der Grünen-Abgeordneten Nina Tomaselli.
  • Sie erhofft sich "etwas mehr Geschwindigkeit".
  •  "Ich sehe es dennoch kritisch, dass gerade an der Spitze dieser Polizeieinheit ein Sebastian-Kurz-Fan und ÖVP-Mitglied steht", sagte sie weiter.