Selenskyj und Putin drücken bei Rüstung aufs Tempo
Gerade zu Herbstbeginn sei es jedoch wichtig, eine effiziente Flugabwehr zu haben, sagte Selenskyj mit Blick auf die systematischen russischen Angriffe gegen die Energie- und Wärmeversorgung. Er wandte sich einmal mehr gegen ein Einfrieren des Konflikts. Die Ukraine und ganz Europa bräuchten langfristig Sicherheit. Das sei nur durch einen gerechten Frieden zu erreichen.
Zur Lage an der Front äußerte er sich nicht detailliert. Gleich zu Beginn lobte er den Drohnenangriff auf ein Munitionsdepot bei der nordwestrussischen Kleinstadt Toropez.
In der Nacht zuvor war es durch einen ukrainischen Drohnenangriff Medienberichten zufolge zu einer Serie von Explosionen in dem Depot gekommen. Wegen des auf die nahegelegene Stadt Toropez übergreifenden Feuers mussten die Bewohner in Sicherheit gebracht werden. Es gab Behördenangaben zufolge mehrere Verletzte.
Die Kämpfe in der westrussischen Region Kursk, wo Moskauer Truppen versuchten, die ukrainische Gegenoffensive zu kontern, verlaufen seinen Angaben zufolge nach dem Plan Kiews. Unabhängigen Militärbeobachtern zufolge konnten die Ukrainer die russischen Angriffe tatsächlich vorerst stoppen. Unklar hingegen ist, ob der darauffolgende ukrainische Vorstoß zur Einschließung russischer Truppenteile erfolgreich war.
Den von russischen Truppen bedrängten Verteidigern der Städte Pokrowsk, Torezk und Kurachowe im ostukrainischen Gebiet Donezk versprach er baldige Verstärkung. Seiner Darstellung nach sind inzwischen neue Brigaden aufgebaut, allerdings noch nicht vollständig mit Waffen ausgerüstet.
Der Generalstab in Kiew wiederum kennzeichnete in seinem abendlichen Lagebericht die Kämpfe speziell zwischen Pokrowsk und Kurachowe als schwer. Mehr als die Hälfte der über 150 russischen Angriffsversuche des Tages hätten in dem Frontabschnitt stattgefunden. Mehrere dieser Attacken liefen noch, hieß es.
Derweil hat Kremlchef Putin eine Videokonferenz mit ranghohen Militärs und Beamten aus der Rüstungswirtschaft abgehalten. Darin begründete er auch die jüngst befohlene Anhebung der Truppenstärke. Dies sei für die neuen Wehrbezirke notwendig, sagte er. Für die dort entstehenden Truppenteile würden gut an Waffen ausgebildete neue Soldaten gebraucht. "Eben zur Lösung dieser Aufgabe wurde vor Tagen das Dekret über die Festlegung der Truppenstärke der Streitkräfte veröffentlicht", so Putin.
Am Montag hatte Putin per Dekret befohlen, die Streitkräfte auf etwa 2,4 Millionen Mann aufzustocken, darunter 1,5 Millionen Soldaten - seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 wurde die Sollstärke des Militärs damit zum dritten Mal erhöht.
Die Schaffung neuer Wehrbezirke für die Regionen Leningrad - für das Umland von St. Petersburg wird in Russland immer noch der sowjetische Name Leningrad verwendet - und Moskau hatte der Kreml Ende 2023 verkündet. Damit einher geht der Aufbau neuer Militärstützpunkte und Truppenteile. Die Notwendigkeit der Wehrbezirke hatte der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow damals unter anderem mit dem NATO-Beitritt von Schweden und Finnland begründet. Auf den Auslöser dieser Vorgänge, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, ging Gerassimow nicht ein.
In der Videokonferenz forderte Putin Aufrüstung und Militarisierung weiter zu forcieren. In Zukunft werde die russische Armee neue moderne Waffen nicht mehr stückweise, sondern in Serie bekommen, kündigte er an. In den Waffenschmieden und Raketenlabors sollten auch die Erkenntnisse aus dem Krieg genutzt werden, sagte der Kremlchef, der am Donnerstag eine Waffenfabrik in St. Petersburg besuchen will.
Zusammenfassung
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt auf schnellere Lieferungen zur Stärkung der Flugabwehr und betont die Notwendigkeit einer effizienten Abwehr zu Herbstbeginn aufgrund russischer Angriffe auf die Energieversorgung.
- Russlands Präsident Wladimir Putin verteidigt die Anhebung der Truppenstärke auf etwa 2,4 Millionen Mann und kündigt an, dass die russische Armee in Zukunft moderne Waffen in Serie erhalten wird.
- Ein ukrainischer Drohnenangriff auf ein Munitionsdepot bei Toropez führte zu Explosionen und mehreren Verletzten, während die Kämpfe in der Region Kursk nach Plan Kiews verlaufen.