Raab tauscht sich zur Integration in Kanada aus
Kanada hat schon früh auf qualifizierte Zuwanderung gesetzt. In den späten 1960er-Jahren reagierte man auf den damals grassierenden Fachkräfte-Mangel und führte ein ausgeklügeltes Punktesystem ein, das in Grundzügen bis heute Gültigkeit hat. Sprachkenntnisse werden darin ebenso berücksichtigt wie berufliche Qualifikationen, Alter, Bindung an den Staat Kanada (etwa durch Verwandte) und zuletzt auch verstärkt Job-Zusagen.
In den vergangenen Jahren kamen teils über 400.000 Menschen in das Land. In näherer Zukunft plant man, diesen qualifizierten Zuzug auf eine halbe Million Menschen pro Jahr zu steigern. Das ist nicht wenig in einem Staat mit gut 38 Millionen Einwohnern. Im Ausland geborene Personen machen etwa ein Fünftel der Bevölkerung aus. Setzte man bis in die 1960er-Jahre hinein vor allem auf Zuzug aus Europa, haben in den vergangenen Jahrzehnten Asiaten etwa aus China und Indien stark an Bedeutung bei der Zuwanderung gewonnen. Hat man ein Dauervisum, kann schon nach drei Jahren die Staatsbürgerschaft beantragt werden.
Auch wenn es durchaus Kritik daran gibt, dass selbst in Kanada so mancher Zuwanderer unter der eigenen Qualifikation arbeitet, gilt das Land speziell in Europa als Vorbild. Raab ist bei weitem nicht die erste EU-Politikerin, die sich Erfahrungen der Kanadier für das eigene Land zu Nutze machen will. So waren erst im heurigen Frühling die deutsche Innenministerin Nancy Faeser und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) in Ottawa, um sich Ideen für ein modernes Einwanderungsmodell zu holen.
In Österreich gibt es ja bereits eine Rot-Weiß-Rot-Karte, die gar nicht so unähnlich wie das kanadische Modell aufgebaut ist, aber bis heute trotz einiger Lockerungen bei den Zugangsvoraussetzungen unter den Erwartungen geblieben ist. Worum es Raab angesichts ihrer Funktion primär geht, ist, wie die Integration der großen Zahl an Zuwanderer gelingt.
Dazu wird sie in Ottawa unter anderem die Ottawa Community Immigrant Services Organization und die Ottawa Local Immigration Partnership besuchen. Bei einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Marc Miller, dem zuständigen Minister für Einwanderung, Flüchtlinge und Staatsbürgerschaft, wird sich Raab über die kanadischen Modelle zur Integration von qualifizierten Zuwandererinnen und Zuwanderern austauschen. In Toronto ist dann etwa noch ein Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der NGO COSTI Immigrant Services vorgesehen.
Bei all diesen Begegnungen will die Ministerin eigenen Angaben zu Folge vor Ort ein umfassendes Bild des "Vorzeigelandes" gewinnen und Impulse für die Integrationsarbeit in Österreich mitnehmen. Hierzulande brauche es jedenfalls die richtige Form von Migration: "Nicht unser Sozialsystem, sondern unser Arbeitsmarkt muss der Magnet für Zuwanderung sein." Der österreichische Arbeitsmarkt biete mit vielen offenen Stellen auch ein enormes Potenzial, besonders in der Pflege- und Betreuungsarbeit sowie in den Gesundheitsberufen und der IT. Man stehe hier aber auch im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe und brauche daher auch die besten Konzepte, wenn es um die Anwerbung und Integration dieser Menschen gehe, so Raab im Vorfeld der Montag startenden Reise.
Zusammenfassung
- Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) sucht Inspiration in Kanada.
- Das nordamerikanische Land gilt als Musterstaat in Sachen qualifizierter Zuwanderung.
- Raab will während der dreitägigen Reise bei Gesprächen mit Behörden und Hilfsorganisationen eruieren, wie die Integration der eingereisten Arbeitskräfte gelingt und auch für Österreich die entsprechenden Schlüsse ableiten.
- In den vergangenen Jahren kamen teils über 400.000 Menschen in das Land.