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Polen: Parlament stimmt für Reform des Verfassungsgerichts

Das Parlament in Polen hat ein Gesetz zur Reform des Verfassungsgerichtshofs verabschiedet. Parlamentspräsident Szymon Holownia appellierte nach der Abstimmung an Staatsoberhaupt Andrzej Duda, das Gesetz zu unterschreiben. "Das Parlament hat dem Präsidenten die Hand ausgestreckt, damit wir die Krise um das Verfassungsgericht gemeinsam lösen können."

Das Verfassungsgericht ist weiterhin von Richtern dominiert, die der nationalkonservativen PiS nahestehen. Die Vorsitzende Julia Przylebska ist eine enge Vertraute von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski. Die PiS-Regierung, die das Land von 2015 bis 2023 führte, hatte das Justizsystem umgebaut und damit nach Einschätzung von Experten die Gewaltenteilung eingeschränkt. Seit Dezember wird Polen von einer Mitte-Links-Koalition unter Donald Tusk regiert. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die umstrittenen Reformen rückgängig zu machen und die Rechtsstaatlichkeit wieder herzustellen.

Das neue Gesetz sieht vor, dass die Verfassungsrichter künftig nicht mehr von einer absoluten Mehrheit, sondern mit einer Dreifünftelmehrheit der Abgeordneten gewählt werden. Dabei muss bei der Abstimmung mindestens die Hälfte der Parlamentarier anwesend sein. Mit diesen Regelungen soll gewährleistet sein, dass auch die Opposition ein Mitbestimmungsrecht hat. Außerdem darf niemand Verfassungsrichter werden, wenn er in den vergangenen vier Jahren Mitglied der Regierung oder einer Partei war oder ein Amt als Abgeordneter, Senator oder EU-Parlamentarier bekleidet hat.

Damit das Gesetz Gültigkeit erhält, muss Präsident Duda es unterzeichnen. Duda stammt jedoch aus den Reihen der PiS. Es gilt als wahrscheinlich, dass er das Gesetz per Veto stoppen wird.

Erst im Mai hatte die EU ein Verfahren gegen Polen zum Schutz der europäischen Grundwerte eingestellt. Um ein Ende des sogenannten Artikel-7-Verfahrens gegen Polen möglich zu machen, hatte die Regierung von Tusk zuvor einen Reformplan für die Beseitigung von rechtsstaatlichen Defiziten präsentiert, die die PiS-Regierung hinterlassen hatte.

ribbon Zusammenfassung
  • Das polnische Parlament hat ein Gesetz zur Reform des Verfassungsgerichts verabschiedet, das eine Dreifünftelmehrheit der Abgeordneten für die Wahl der Verfassungsrichter vorschreibt.
  • Parlamentspräsident Szymon Holownia appellierte an Präsident Andrzej Duda, das Gesetz zu unterzeichnen, obwohl Duda aus den Reihen der PiS stammt und ein Veto wahrscheinlich ist.
  • Niemand darf Verfassungsrichter werden, wenn er in den letzten vier Jahren Mitglied der Regierung oder einer Partei war oder ein Amt als Abgeordneter, Senator oder EU-Parlamentarier bekleidete.