Causa Pilnacek: Kommission sieht Einflussnahme
Eine vom Justizministerium eingerichtete Untersuchungskommission hat politische Interventionen in der Amtszeit des verstorbenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnacek bestätigt.
Man habe in allen angeführten Punkten eine "positive", weil zutreffende Befundung abgegeben, sagte Kommissionsleiter Martin Kreutner bei der Präsentation des Berichts am Montag.
Die Kommission forderte als eine Konsequenz die Einrichtung einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft.
"Fehlende Distanz"
Pilnacek hatte bei einer heimlich aufgenommenen Runde mit Bekannten im Wirtshaus über Versuche der ÖVP berichtet, Ermittlungen zu beeinflussen.
"Das österreichische Justizsystem ist ein prinzipiell sehr gutes", stellte Kreutner nun der "Befundung" voran. Aber es habe sich nach Ansicht der Kommission gezeigt, dass es eine "Zweiklassenjustiz" gebe. Fehlende Distanz zur Politik sowie zu Medien wurde ebenfalls konstatiert, ebenso ein zum Teil stark frustrierender Instanzenzug.
Pro und Contra: Die Pilnacek-Files
"Nahebeziehungen", "Seilschaften", "politische Anbiederung"
Als konkrete Beispiel für Grenzüberschreitungen nannte der ehemalige Präsident des bayrischen Verfassungsgerichtshofs, Peter Küspert, etwa ein Treffen Pilnaceks mit dem Justizsprecher einer Partei, gegen deren "hochrangige Regierungsmitglieder" in einer Inseraten-Causa ermittelt worden war. Gespräche Pilnacek habe es auch mit Beschuldigten in der CASAG-Affäre gegeben. Aber auch Justizbedienstete seien in Verfahren gegen sie selbst laufend informiert worden.
Ein "weiteres Phänomen" sei die "Neigung in geschlossenen Organisationen, Mitglieder der eigenen Gruppe zu begünstigen", so Küspert. Das betreffe etwa Amtsgeheimnisse, den Datenschutz und Befangenheitsregelungen. Weiters ortet der Bericht "Nahebeziehungen", "Seilschaften" sowie "politische Anbiederung" sowie eine "pseudoamikale Struktur". Vertrauliche Information - etwa zu Hausdurchsuchungen - werde an politische Repräsentanten etwa über Messenger-Dienste weitergegeben.
Die Kommission ortete zudem einen "Verantwortungsnebel" im Umfeld staatsanwaltschaftlicher Verfahren. Vorwürfe in den eigenen Reihen würden ebenfalls nicht entsprechend aufgearbeitet. Schließlich wurde auch offen Kritik daran geübt, dass es "parteipolitische Bestrebungen" zur Schwächung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegeben habe.
"Zeitnahe" Veröffentlichung
Der Originalbericht umfasst 230 Seiten, Untersuchungszeitraum war von 1. Jänner 2010 bis 14. Dezember 2023. Sechs Monate lang hatte die Kommission, die im Dezember des vergangenen Jahres eingesetzt worden war, ermittelt. Am Sonntag wurde der Bericht an das Justizministerium übermittelt. Dieser wird aber nicht sofort, sondern "zeitnah" komplett veröffentlicht. Das Ministerium habe als Medieneigentümer noch um ein paar Tage Zeit ersucht, um die Veröffentlichung medienrechtlich abzuklären, so Kreutner.
Causa Pilnacek: WKStA aktiviert
Laptop mit Interna
Wesentlicher Teil der Untersuchungen der Kommission war der Laptop Pilnaceks. Dieser hat offenbar auch Akten aus der Zeit nach dessen Suspendierung enthalten. Auf dem Laptop sollen sich auch viele Verschlussakten finden. Zudem sind interne Kommunikation aus der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sowie Korrespondenzen mit ÖVP-nahen Personen festgehalten.
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"Die Kreutner-Kommission bestätigt, dass es Einflussnahmen auf juristische Prozesse gab", reagierte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) in einer Stellungnahme. "Zwar hat sich nach Ansicht der Kommission in meiner Amtszeit bereits viel verbessert, dennoch muss einiges getan werden, um die Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit der Justiz zu stärken", lautete ihr Resümee.
Niemand wisse nämlich, wie künftige Justizminister und -ministerinnen agieren werden. "Daher muss der nächste Schritt eine von der Politik wirklich unabhängige Generalstaatsanwaltschaft sein."
Zusammenfassung
- Eine Untersuchungskommission bestätigte politische Interventionen während der Amtszeit von Ex-Sektionschef Christian Pilnacek. Der Bericht umfasst 230 Seiten und deckt den Zeitraum vom 1. Jänner 2010 bis 14. Dezember 2023 ab.
- Wesentlicher Teil der Untersuchungen war Pilnaceks Laptop, der auch Akten nach seiner Suspendierung sowie interne Kommunikation der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) enthielt.
- Justizministerin Alma Zadić betonte, dass bereits Verbesserungen in ihrer Amtszeit erzielt wurden, forderte jedoch eine wirklich unabhängige Generalstaatsanwaltschaft, um die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken.