Mangott zur Ukraine-Strategie: Putin-Freund Medwedtschuk als "Marionettenpräsident" möglich

Russland kommt bei Einmarsch in der Ukraine bisher weniger schnell voran als erwartet. Ein Häuserkampf, so Osteuropa-Experte Gerhard Mangott, würde einen hohen Blutzoll fordern. Er geht stattdessen von der Einnahme strategischer Punkte und einer geplanten Marionettenregierung aus. Russland habe aber erst ein Drittel, der zur Verfügung stehenden Truppen in die Ukraine geschickt.

Das politische Zentrum in Kiew einzunehmen, erklärt Gerhard Mangott im PULS 24 Interview, sei für Russland "eine politische Notwendigkeit". Allerdings komme Russland laut Militärexperten weniger schnell voran als erwartet. "Es ist für die russische militärische Seite bis jetzt kein wirklicher Erfolg." 

Erst ein Drittel der russischen Truppen eingesetzt

Russland habe allerdings laut Informationen Mangotts erst ein Drittel der an der Grenze aufmarschierten Truppen eingesetzt und weder in Kiew noch in anderen Landesteilen seine volle militärische Stärke gezeigt. Die Situation könne sich also schnell verändern. "Es wird noch einen starken Truppenvorstoß geben, die Bombardierung aus der Luft wird zunehmen."

Putin-Freund als "Marionettenpräsident"

Mangott geht davon aus, dass Russland strategische Positionen wie das Regierungsviertel in Kiew besetzen will, um einen Häuserkampf zu vermeiden. Denn der würde einen hohen Blutzoll fordern. Er könne sich auch vorstellen, dass etwa der Oppositionelle Wiktor Medwedtschuk,  "ein guter, langjähriger Freund von Wladimir Putin" als Marionettenpräsident eingesetzt werden soll. 

Dem Vordringen der russischen Streitkräfte begegnete die Ukraine, indem die Bevölkerung mobilisiert wurde. "Das macht sie aber auch zum Ziel der russischen Angriffe", erklärt der Politikwissenschaftler. Wenn Zivilisten bewaffnet und verhaftet werden, "müssten sie als Kriegsgefangene betrachtet werden." 

EU-Beitritt "nicht hilfreich"

Angesichts des russischen Angriffskrieges hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Aufnahme seines Landes in die EU gefordert. Dadurch entstehe moralischer Druck. "Man kann diesen moralischen Appell verstehen", so Mangott, "eine Erweiterung der EU um die Ukraine wäre sicherlich nicht hilfreich" für die EU. 

Sieg Russlands trotz "Blutzoll"

Die Ukraine fordert auch - teilweise bereits zugesagte - Waffenlieferungen aus dem Ausland, "um den Blutzoll für die russische Seite möglichst zu erhöhen". In der Ukraine ist man zu Widerstand entschlossen. Einige Experten raten zwar zur Kapitulation, weil diese unblutiger wäre, doch diese Argumente würden in der Ukraine nicht "verfangen". Militärexperten gehen wegen der personellen und militärisch qualitativen Überlegenheit Russlands aber trotzdem davon aus, dass Russland gewinnen wird. 

Von der NATO könne sich die Ukraine keine Unterstützung durch Soldaten erwarten. Das sei schon in den vergangenen Tagen angekündigt worden, "das wird sich nicht ändern", so Mangott. 

"Denazifizierung": "Absurde" Aussage

Auch Gesprächen mit Russland gibt der Experte keine große Chance. Denn Putin könne nach der Aufforderung an die ukrainische Armee, sie solle gegen die Neonazi-Regierung putschen, "nicht mehr als legitimer Gesprächspartner angesehen werden". Die Aussagen seien "absurd", würden aber zeigen, dass der Sturz der Regierung "ein zentrales Ziel der russischen Seite" sei. 

ribbon Zusammenfassung
  • Russland kommt bei Einmarsch in der Ukraine bisher weniger schnell voran als erwartet. Ein Häuserkampf, so Osteuropa-Experte Gerhard Mangott, würde einen hohen Blutzoll fordern.
  • Er geht stattdessen von der Einnahme strategischer Punkte und einer geplanten Marionettenregierung aus.
  • Er könne sich auch vorstellen, dass etwa der Oppositionelle Wiktor Medwedtschuk,  "ein guter, langjähriger Freund von Wladimir Putin" als Marionettenpräsident eingesetzt werden soll. 
  • Dem Vordringen der russischen Streitkräfte begegnete die Ukraine, indem die Bevölkerung mobilisiert wurde. "Das macht sie aber auch zum Ziel der russischen Angriffe", erklärt der Politikwissenschaftler.
  • Auch Gesprächen mit Russland gibt der Experte keine große Chance. Denn Putin könne nach der Aufforderung an die ukrainische Armee, sie solle gegen die Neonazi-Regierung putschen, "nicht mehr als legitimer Gesprächspartner angesehen werden".
  • Die Aussagen seien "absurd", würden aber zeigen, dass der Sturz der Regierung "ein zentrales Ziel der russischen Seite" sei.