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Serbische Protest-Radler in Wien erwartet

Heute, 09:52 · Lesedauer 4 min

Die mit einer Radtour nach Straßburg gegen die serbische Regierung protestierenden serbischen Studentinnen und Studenten werden am heutigen Montag in Wien erwartet. Vertreter der serbischen Diaspora wollen der Gruppe am Abend am Maria-Theresien-Platz einen begeisterten Empfang bereiten. "Sie haben uns gesagt, dass wir viele Menschen erwarten dürfen, wahrscheinlich mehrere tausend", teilte eine Sprecherin der Gruppe der APA am Montagnachmittag von Bratislava aus mit.

"Bisher läuft alles nach Plan. Das einzige Problem war, dass wir keine Polizeieskorte in Ungarn hatten, aber das hat uns nicht gestört", so die Sprecherin. Die Gruppe hatte am frühen Nachmittag in der slowakischen Hauptstadt einen Zwischenstopp eingelegt, wo sie von der dortigen serbischen Community empfangen wurde. Von dort waren noch etwa 70 Kilometer bis nach Wien zurückzulegen. Gestartet waren die mehreren Dutzend Radlerinnen und Radler in der Früh im ungarischen Györ.

"Idemo v Beeeeeč (Wir fahren nach Wiiiiieeen)", jubelte einer der Radfahrer namens Marko in einem auf Instagram veröffentlichten Video, das bei einem Zwischenstopp in Ungarn aufgenommen worden sein dürfte. Laut den Aktivisten von "Blokada Beč" soll den Radlern auf dem Platz zwischen Kunsthistorischem und Naturhistorischem Museum buchstäblich der rote Teppich ausgerollt werden. Teilnehmer wurden aufgerufen, keine pyrotechnischen Gegenstände oder Feuer einzusetzen. "Beim Empfang erlaubte Gegenstände sind Pfeifen, Transparente, Fahnen und Lampen", hieß es in einem Instagram-Post. Das Eintreffen der Radler wurde gegen 19.30 Uhr erwartet, um zwei Stunden später als ursprünglich geplant.

Die Veranstalter erwarten 1.000 Personen bei der Kundgebung, teilte eine Sprecherin der Wiener Polizei der APA auf Anfrage mit. Die Polizei werde mit ausreichend Kräften im Einsatz sein, um einen geregelten Veranstaltungsablauf sowie Ruhe und Ordnung zu gewährleisten. Auch Maßnahmen zur Verkehrsregelung würden bei Bedarf gesetzt. Die Veranstalter hätten die Polizei von der geplanten Route der Radler informiert.

Die aus 80 Studentinnen und Studenten aller staatlichen Universitäten Serbiens bestehende Gruppe war am Donnerstag in Novi Sad losgeradelt, um bei den europäischen Institutionen in Straßburg - dem Europarat und dem Europäischen Parlament - auf die politische Krise im größten Land des Westbalkan aufmerksam zu machen.

"Unsere Straßen, früher Orte der Hoffnung und Begegnungen, sind Schauplätze der Angst und Ungerechtigkeit geworden. Unsere Freunde und Kollegen werden festgenommen, weil sie die Wahrheit gesagt haben, Institutionen sind zum Werkzeug der Repression geworden", teilten Studenten auf ihrem Internetportal mit, wo ihre Radtour live zu verfolgen ist.

Vier Übernachtungen in Österreich geplant

In Straßburg wollen die Radler am kommenden Dienstag ankommen. Das "Radrennen um die Gerechtigkeit" findet in 13 Tagesetappen mit jeweils rund 100 Kilometern statt. Die Gruppe wird bis Freitagvormittag in Österreich sein, wobei Übernachtungen in Wien, Emmersdorf, Linz und Salzburg geplant sind.

Bei ihrem Zwischenstopp in der ungarischen Hauptstadt Budapest äußerten sich die Radler positiv über den bisherigen Verlauf der Tour. Man sei schneller unterwegs als die in der Planung vorgesehene Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h, sagte einer der Studenten namens Matija laut der Zeitung Vreme. "Mir persönlich geht es wirklich super. Ich habe keine Schmerzen, vor allem nicht in den Beinen", sagte er. Der Gruppe hatte er sich eher kurzfristig angeschlossen. So musste er sich ein Rad ausleihen, um an der Tour teilnehmen zu können.

Ankunft in Wien mit längster Tagesetappe in den Beinen

Laut Tourplan werden am Montag 144 Kilometer gefahren, was die längste Tagesetappe ist. Am morgigen Dienstag stehen nur 88 Kilometer auf dem Programm, mit dem Etappenziel in Emmersdorf bei Melk. Am Mittwoch sind es 100 Kilometer bis Linz, am Donnerstag 128 Kilometer bis Salzburg.

Auslöser der Proteste war der Einsturz des Bahnhofvordachs in Novi Sad am 1. November, bei dem 16 Menschen ums Leben gekommen waren. Bereits im November wurde gegen 13 Verantwortliche Anklage erhoben, doch hat die Justiz diese noch nicht bestätigt. Zwei Minister sind wegen des vermutlich durch Korruption verursachten Unglücks zurückgetreten. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichte die Protestbewegung Mitte März durch eine Großkundgebung in Belgrad, die aber abrupt endete. Teilnehmer erhoben daraufhin Vorwürfe gegen die Behörden, eine verbotene Schallkanone eingesetzt zu haben.

I N T E R N E T: Live-Tracking der Tour unter https://www.strava.com/beacon/qBV9Wr66ywF

Zusammenfassung
  • Serbische Studenten protestieren mit einer Radtour von Novi Sad nach Straßburg gegen die serbische Regierung und werden am Montagabend in Wien erwartet, wo sie von der serbischen Diaspora empfangen werden sollen.
  • Die Gruppe, bestehend aus 80 Studenten, legte am Montag die längste Tagesetappe von 144 Kilometern zurück und wird bis Freitag in Österreich bleiben, mit geplanten Übernachtungen in Wien, Emmersdorf, Linz und Salzburg.
  • Der Protest wurde durch den Einsturz eines Bahnhofvordachs in Novi Sad mit 16 Todesopfern ausgelöst, und die Polizei in Wien erwartet etwa 1.000 Teilnehmer bei der geplanten Veranstaltung.