Südkorea legt Protest bei Moskau wegen Nordkorea-Vertrag ein
Zwei Tage nach dem Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Nordkorea zitierte Südkoreas Außenministerium am Freitag den russischen Botschafter in Seoul, Georgi Sinowiew, herbei. Vize-Außenminister Kim Hong-kyun habe die Position der Regierung übermittelt, wonach sie in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft entschieden gegen jedes Verhalten vorgehen wolle, das die Menschen in Südkorea bedrohe, teilte das Ministerium mit. Nordkorea entwickle seit Jahrzehnten illegal Atomwaffen und Raketen und drohe damit, diese gegen Südkorea zu verwenden.
Jede Kooperation, die Nordkorea direkt oder indirekt helfe, seine militärischen Fähigkeiten zu erweitern, stelle eine Verletzung von Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats gegen Pjöngjang dar, wurde Kim zitiert. Der Vize-Außenminister warnte demnach auch vor negativen Folgen für das russisch-südkoreanische Verhältnis. "Russland sollte verantwortungsvoll handeln."
Versuche, Russland einzuschüchtern, seien inakzeptabel, schriebt der russische Botschafter in Seoul, Georgi Sinowiew, auf X, nachdem er herbeizitiert worden war. Der Botschafter habe gesagt, "die Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea ist gegen kein Drittland gerichtet".
Südkorea hatte bereits am Donnerstag das Abkommen Russlands mit Nordkorea über eine umfassende strategische Partnerschaft, das beide Seiten in Pjöngjang unterzeichnet hatten, verurteilt. Der Vertrag sieht auch einen gegenseitigen Beistand im Kriegsfall vor. Der Vertrag hat aus Sicht Südkoreas das Ziel, auch die militärische Zusammenarbeit zu stärken. Südkoreas Nationaler Sicherheitsberater Chang Ho-jin hatte angedeutet, dass sein Land die bisherige Ablehnung einer Waffenlieferung an die Ukraine ablegen könne. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beteiligt sich Südkorea an den Finanzsanktionen gegen Moskau. Es exportiert aber keine Kriegswaffen an Kiew. Putin hatte Südkorea im Fall von Waffenlieferungen an die Ukraine mit schweren Konsequenzen gedroht.
Die südkoreanische Armee feuerte unterdessen mindestens zum dritten Mal in diesem Monat Warnschüsse auf nordkoreanische Soldaten ab, die die Grenze überschritten hatten, wie die Militärführung in Seoul am Freitag mitteilte. Die nordkoreanischen Soldaten hätten die militärische Demarkationslinie in der Mitte der entmilitarisierten Zone überschritten und sich nach den Warnschüssen wieder zurückgezogen. Erst am Dienstag hatte das südkoreanische Militär Warnschüsse abgefeuert, nachdem Dutzende nordkoreanischer Soldaten die Demarkationslinie überschritten haben sollen.
Zwar ist es seit dem Ende des Korea-Kriegs von 1950 bis 1953 gelegentlich zu militärischen Zusammenstößen zwischen beiden Seiten gekommen. Die jüngsten Vorfälle stellen aber einen ungewöhnlichen Anstieg der militärischen Aktivitäten in der Nähe der Demarkationslinie dar.
Nordkorea äußerte sich zu dem neuen Vorfall nicht. Die einflussreiche Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un, Kim Yo-jong, verurteilte aber erneut südkoreanische Aktivisten, die am Donnerstagabend wieder Propaganda-Ballons in Richtung Norden schickten. Diese Ballons mit Flugblättern mit Kritik an Machthaber Kim, Dollar-Scheinen sowie USB-Sticks mit populären K-Pop-Videos und Fernsehfilmen hatten eine Propaganda-Schlacht an der Grenze ausgelöst. Nordkorea schickte als Reaktion Ballons mit Müll in den Süden, was dort einige Sachschäden verursachte. Seoul nahm daraufhin an der Grenze die Beschallung mit Nachrichten- und Musiksendungen über riesige Lautsprecher in Richtung Norden wieder auf.
Südkorea hatte diese Lautsprecher-Beschallung ausgesetzt, als es 2018 mit dem Norden ein Abkommen zur Entspannung der Beziehungen schloss. Doch inzwischen wurde der Pakt längst faktisch auf Eis gelegt, nachdem Nordkorea sein Atom- und Raketenprogramm vorangetrieben und Südkorea zum "Feind Nummer eins" erklärt hatte. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Mittwoch bei seinem Besuch in Nordkorea mit Machthaber Kim den neuen Bündnispakt geschmiedet, der auch den gegenseitigen Beistand im Falle eines militärischen Angriffs durch einen Drittstaat vorsieht.
Zusammenfassung
- Südkorea hat bei Russland Protest gegen das neue Partnerschaftsabkommen mit Nordkorea eingelegt und fordert den Stopp der militärischen Zusammenarbeit. Der russische Botschafter in Seoul wurde herbeizitiert, um die Bedenken Südkoreas zu hören.
- Das Abkommen zwischen Russland und Nordkorea umfasst auch gegenseitigen Beistand im Kriegsfall. Südkorea droht mit negativen Folgen für das bilaterale Verhältnis und könnte die bisherige Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine überdenken.
- Die Spannungen an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea haben sich verschärft. Südkorea hat mindestens zum dritten Mal in diesem Monat Warnschüsse auf nordkoreanische Soldaten abgefeuert, die die Demarkationslinie überschritten hatten.