Eltern-Kind-Pass gibt es seit 50 Jahren
Hauptziel bei der Einführung des gelben Mutter-Kind-Büchleins 1974 war die Senkung der Säuglings- und Müttersterblichkeit. Dieses Ziel wurde schnell erreicht: Bereits fünf Jahre nach der Einführung sank die Säuglingssterblichkeit in Österreich um rund 40 Prozent, wie Steinhart betont. Dieser Trend setzte sich weiter fortgesetzt: 2008 lag die Säuglingssterblichkeit bei 3,7 Promille, heute bei 2,4 Promille.
Auch bei der Müttersterblichkeit brachte der Mutter-Kind-Pass "sensationelle" Erfolge, wie Thomas Fiedler, Obmann der Fachgruppe Frauenheilkunde, erklärte. Vor Einführung des Mutter-Kind-Passes seien 36 Frauen pro Jahr bei der Geburt gestorben, heute gebe es 2,3 Fälle pro Jahr. Erfolgreich sei das kostenlose Programm, weil es nahezu lückenlos angenommen werde, so Fiedler. Letzter Impuls sei das finanzielle Anreizsystem, denn die im Mutter-Kind-Pass vorgeschrieben Untersuchungen sind verpflichtend, um das Kinderbetreuungsgeld vollständig zu erhalten.
"Kaum ein anderes Land in Europa kann eine ähnliche gute Vorsorge für Mutter und Kind anbieten", meinte der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Edgar Wutscher. Österreich befinde sich damit im europäischen Spitzenfeld der Vorsorgemedizin.
Eine Lücke sehen die Ärzte in der Vorsorge aber nach dem fünften Lebensjahr, wo der Eltern-Kind-Pass endet. Ab 18 Jahren startet dann erst das reguläre Vorsorgeprogamm. "Gerade in der Zeit zwischen 5 und 18 Jahren passiert sehr viel", so der Obmann der Fachgruppe Kinderheilkunde, Bernhard Jochum. Durch regelmäßige Untersuchungen könnten etwa orthopädische Probleme, wie Skoliosen an der Wirbelsäule oder Fehlstellungen der Füße, frühzeitig erkannt werden. Sinnvoll wären aus Sicht der Ärztekammer angesichts des zunehmenden Problems Übergewicht auch Ernährungsberatungen im Kindesalter.
Verknüpfen könnte man die Untersuchungen mit der Überprüfung des Impfstatus, um bestehende Impflücken zu schließen, meinte Jochum, betonte zugleich aber, dass zusätzliche Untersuchungen angesichts der bestehenden Personalmangels in den Kinderarztpraxen schwer umzusetzen sei. Auch in Bezug auf zusätzliche Untersuchungen im Laufe der Schwangerschaft wie dem Organ-Screening verweist die Ärztekammer auf die Frage der Machbarkeit im Rahmen der bestehenden Kapazitäten und die Finanzierbarkeit.
Der Mutter-Kind-Pass wurde 1974 unter der damaligen Gesundheitsministerin Ingrid Leodolter eingeführt. Seit Jänner dieses Jahres ist der Eltern-Kind-Pass digitalisiert. Zugleich wird der Leistungsumfang bis 2025 um zusätzliche Angebote während der Schwangerschaft und für Neugeborene erweitert, gestartet wurde etwa bereits die derzeit freiwillige Elternberatung.
Zusammenfassung
- Seit 50 Jahren gibt es den Eltern-Kind-Pass in Österreich, der ursprünglich als Mutter-Kind-Pass eingeführt wurde, um die Säuglings- und Müttersterblichkeit zu senken.
- Die Säuglingssterblichkeit konnte durch den Pass innerhalb von fünf Jahren um 40% gesenkt werden und liegt heute bei nur 2,4 Promille.
- Trotz der Erfolge besteht eine Vorsorgelücke nach dem fünften Lebensjahr. Der Pass wurde digitalisiert und der Leistungsumfang wird bis 2025 erweitert.