Schrom tritt nach Chat-Affäre als ORF-Chefredakteur zurück
Schrom soll seinem Generaldirektor am Mittwoch seinen Rücktritt angeboten haben, Roland Weißmann nahm ihn an, wie der ORF mitteilt. Seine Agenden übernimmt zumindest vorerst weiter die stellvertretende Chefredakteurin Eva Karabeg.
Schrom: Chats werfen falsches Bild auf mich und Redaktion"
Gegenüber den "Salzburger Nachrichten" erklärte Schrom: "Die öffentliche Diskussion über die bekannten Chats hat für große Unruhe gesorgt und wirft ein falsches Bild auf mich und die großartige Arbeit der ORF-Redaktion." Um diese unabhängige Arbeit weiter zu garantieren, habe er Weißmann gebeten, ihn von seiner Funktion zu entbinden. Schrom: "Dieser Schritt tut mir persönlich weh, aber ich muss ihn setzen, um die Unabhängigkeit der Berichterstattung weiter sicherzustellen." Und: Es sei ihm eine Ehre gewesen, diese Redaktion über vier Jahre geleitet zu haben.
"Persönliche Konsequenz"
Laut Weißmann trage Schrom damit "die persönliche Konsequenz aus den veröffentlichten Chats". Bisher sei dessen Amtsführung "untadelig" gewesen, aber "die kompromisslose Glaubwürdigkeit unserer Journalistinnen und Journalisten" würde den Rücktritt unausweichlich erscheinen lassen. "Ich zolle Matthias Schrom Respekt für seine Entscheidung, weil er damit beweist, dass ihm das Interesse der Redaktion wichtiger ist als seine Funktion, und danke ihm für die hervorragenden Leistungen der ORF-TV-Information unter seiner Führung."
Misstrauensvotum der Redaktion drohte
Schrom wurden publik gewordene Chats aus dem Jahr 2019 mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zum Verhängnis. Er tauschte sich damals als ORF 2-Chefredakteur mit dem Politiker zur inhaltlichen Ausrichtung der ORF-Berichterstattung und Personalwünschen der FPÖ aus. Mit seinem Rückzug kommt er wohl einem Misstrauensvotum der Redaktion zuvor. Denn für Donnerstag ist eine Redaktionsversammlung in dieser Causa geplant, wo auch eine Vertrauensabstimmung diskutiert werden sollte. "Viele Kolleginnen und Kollegen sind fuchsteufelswild, weil sie hier in eine Sache hineingezogen werden, mit der sie absolut nichts zu tun haben", sagte ORF-Redakteursratschef Dieter Bornemann. Auch setzte Weißmann den ORF-Ethikrat auf die Causa an.
Die Entscheidung Schroms nehme man "mit Respekt zur Kenntnis", so Bornemann. Die geplante Redaktionsversammlung finde dennoch statt. Es gebe genug Gesprächsbedarf. Auf eine Vertrauensabstimmung über Schrom verzichte man aber, sagte Bornemann. Der Vorsitzende des ORF-Redakteursrats geht davon aus, dass der Job als ORF-TV-News-Chefredakteur ausgeschrieben wird und eine Abstimmung über Schroms Nachfolger stattfindet.
In der Aussendung stellte der ORF fest, dass Schrom in seiner Funktion als TV-News-Chefredakteur "mit einer Sonderzahl an nationalen und internationalen Krisen und Ereignissen konfrontiert" gewesen sei. Im Rahmen von diversen Berichterstattungs-Schwerpunkten hätten sich auch Journalisten bewährt, die Schrom ergänzend zum "ZiB"-Team holte und förderte - etwa Tobias Pötzelsberger, Margit Laufer, Martin Thür und Simone Stribl.
"Die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger"
Schroms Rücktritt bewirkten nun Chats mit Strache. Dem Ex-FPÖ-Chef missfiel 2019 ein "ZiB 24"-Bericht, der sich um eine von Strache veranstalteten Antisemitismuskonferenz und Aussagen des Schriftstellers Doron Rabinovici über die FPÖ gedreht haben dürfte. Schrom reagierte auf die Beschwerde von Strache mit Zustimmung: "Das ist natürlich unmöglich." Zur inhaltlichen Ausrichtung der ORF-Sender schrieb er: "Es ist schon bei uns genug zu tun und jeden Tag mühsam, aber langsam wird's, und die, die glauben, die SPÖ retten zu müssen, werden weniger." Der ORF 1-Redaktion unterstellte er eine linke Gesinnung. Die ORF-Redakteure fühlten sich daraufhin "vernadert".
Schrom räumte bereits vor Tagen ein, dass der in einem Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) enthaltene Chat-Verlauf "zugegebenermaßen keine glückliche Außenwirkung" habe. Die Unterhaltung habe jedoch vor dem Hintergrund massiver Angriffe durch die FPÖ auf den ORF stattgefunden. "Die Aufrechterhaltung einer Gesprächsbasis zu einer Regierungspartei, die dem ORF nicht nur kritisch, sondern ablehnend gegenüberstand, war wichtig - vor allem, da Personalwünschen nie Rechnung getragen wurde", so Schrom.
Zusammenfassung
- Matthias Schrom legt seine Funktion als ORF-News-TV-Chefredakteur mit sofortiger Wirkung zurück, wie der ORF laut Aussendung berichtet.
- Seine Agenden übernimmt zumindest vorerst weiter die stellvertretende Chefredakteurin Eva Karabeg.
- Laut ORF Generaldirektor Weißmann trage Schrom damit "die persönliche Konsequenz aus den veröffentlichten Chats", auch wenn sein Verhalten bisher "untadelig" gewesen sei.