Lokalaugenschein in Butscha: Massengräber, Wracks, zerstörte Dörfer
"Sie wurden mit zusammengebundenen Händen mit Genickschüssen getötet." Diese und andere Schilderungen von Grausamkeiten bekam Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Samstagnachmittag zu hören, als er die Satellitenstadt Butscha im Umfeld von Kiew besuchte. Dort waren nach dem Abzug der russischen Truppen mehr als 300 Tote gefunden worden. Es dürfte sich um Zivilisten handeln, die mutmaßlich russischen Kriegsverbrechen zum Opfer gefallen waren. Moskau bestreitet die Vorwürfe.
Auch PULS 24 Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner besuchte Butscha zusammen mit dem Kanzler. Seine Eindrücke aus dem in weiten Teilen zerstörten Vorort: "Das ist wie eine Apokalypse", schildert er.
PULS 24 Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner berichtet aus Butscha
Am Rande eines jüngst ausgehobenen Massengrabs erzählten Vertreter der lokalen Behörden, dass die russische Seite behaupte, die Taten seien von Ukrainern begangen worden, um sie den Russen in die Schuhe zu schieben.
Es gebe aber unter anderem Videos, die beweisen würden, dass die Menschen schon vor dem Abzug der russischen Truppen ermordet worden seien, betonten sie. Zudem würden die Forensiker aufzeigen, mit welcher Munition die Taten begangen worden seien.
Ukraine: Ein Rundgang durch die zerstörten Straßen von Butscha
Ganze Dörfer dem Erdboden gleich gemacht
Man habe auch Familien gefunden, die in ihren Autos getötet und dann gleich neben der Fahrbahn verscharrt worden seien, wurde dem Bundeskanzler von den örtlichen Behörden berichtet. Zudem seien ganze Dörfer in der Umgebung dem Erdboden gleich gemacht und auch Wohnhäuser in der Umgebung schwer beschädigt worden.
Der Kanzler zündete in einer ukrainisch-orthodoxen Kirche Kerzen zum Gedenken der Opfer an. Die Verantwortlichen für diese Taten würden zur Verantwortung gezogen, wenn die Kriegsereignisse einmal aufgearbeitet würden, erklärte Nehammer.
Bereits zuvor hatte der Bundeskanzler nach einen Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen versprochen. "Die Mühlen der internationalen Gerichtsbarkeit mahlen langsam, aber beständig".
Nahe Butscha konnte sich der Kanzler, der am Abend in Kiew noch mit Bürgermeister Vitali Klitschko zusammentraf, auch an anderer Stelle von den Grausamkeiten des Kriegs ein Bild machen. Auf einer Dorfstraße lagen die Wracks russischer Panzer. Sie waren von verteidigenden ukrainischen Streitkräften in die Luft gesprengt worden. Auch einige umliegende Häuser wurden bei der Detonation zerstört.
Zusammenfassung
- Bei seinem Solidaritätsbesuch in der Ukraine besuchte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) auch den Kiewer Vorort Butscha, wo mit Abzug der russischen Truppen Beweise für Kriegsverbrechen entdeckt wurde.